Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].
Suchenden. Einige rannten zum Oratorium.
Konnten die Eindringlinge
Flügel gehabt haben? Jemand starrte aufwärts in den Rauch. Etwas war im
Begriff, durch eine Entlüftungsöffnung zu verschwinden.
Warme, rauchige Luft stieg Lex
ins Gesicht, als er Rakel heraufzog. Er inhalierte fettige Verbrennungsgase.
Dann zwängte sich Grimm durch
die Öffnung und zog d as
Seil hoch, an dem ein großer Knochen hin und her schaukelte. Bald darauf
folgten Schüsse. Mehrere Projektile zischten durch die Entlüftungsöffnung
himmelwärts.
Andere explodierten im Umkreis
der Öffnung und versprühten Mauerbrocken der Gewölbekuppel. Ehrfürchtig knotete
Lex den Knochen los.
Sie ließen das Seil zurück, da
es nun keinen Sinn mehr hatte, Hinweise auf die Methode ihres Eindringens zu
beseitigen.
Mochten wütende Diakone das
Dutzend Entlüftungsöffnungen mit Eisengittern sichern. Sie eilten über die
Dächer davon, um auf Umwegen abzusteigen.
Jaq hörte Schüsse, schwach und
gedämpft. Bewaffnete Männer liefen aus dem Portal. Sie gaben einander Zeichen,
die Seiten des Tempelkomplexes zu umstellen.
Er zielte mit der Laserpistole
aus der Deckung der zerbrochenen Verkaufsstände. Mit einem stummen Bittgebet um
Vergebung, weil diese Leute die loyalen Diener des Gott-Imperators waren,
feuerte Jaq präzise. Eine bescheidene Energieentladung brachte ein Ziel zu
Fall, obwohl der Mann noch zuckte und sich wand.
Jaq feuerte wieder, und ein
weiterer Mann fiel.
Ein
Hochgeschwindigkeitsgeschoss fetzte in seiner Nähe in die Bretter und
verspritzte Splitter. Jaq zog sich zurück. Geduckt lief er durch die Dunkelheit
davon. Diakone und Kirchendiener würden eine Weile damit beschäftigt sein, auf
die Bretterhaufen zu schießen.
Ein paar Stunden später waren
sie wieder in der Villa.
Lex saß auf dem schwarzen
Schieferboden und hatte den Oberschenkelknochen auf dem Schoß. Es war ein
uraltes Gebein, grau und voller kleiner Vertiefungen. Seine Finger fuhren über
die Oberfläche, als wäre es ein Musikinstrument, das seine Saiten eingebüßt
hatte. Bevor er mit dem Gravieren anfangen konnte, würde er den Knochen mit
feinem Sandpapier glätten und dann in heißes Paraffin tauchen, um seine Poren
zu verschließen und dadurch zu verhindern, dass die Farbe des Entwurfs auslief.
Einstweilen liebkoste er den
geheiligten Knochen mit tiefer innerer Freude und Befriedigung. War es nicht möglich,
dass er vor Äonen einem Ordensbruder der Imperial Fists gehört hatte?
Wahrscheinlich nicht; es gab viele
Orden. Aber das machte nichts.
»Ich bin dir zu Dank verpflichtet«,
sagte er der falschen Meh'lindi.
»Und ich dir«, sagte sie, »dass
du das Seil so rasch hochgezogen hast.«
»Ha«, machte Grimm verächtlich.
»Drei von uns waren nötig, um einen Knochen zu stehlen und überhaupt kein Gold.
Außerdem setzten wir den Tempel in Brand.« Er hob die dicken Schultern.
»Vielleicht war es nicht
verkehrt; man brennt auch einen Schornstein aus, um ihn zu reinigen.« Die
Flammen waren nur oberflächlich gewesen. Das rußige Fett und Wachs musste sich
selbst verzehrt haben oder mit Schaum erstickt worden sein. Die Gewölbe der
Kuppeln konnten kaum darunter gelitten haben, denn wäre der Occidens-Tempel
abgebrannt, würde der Nachthimmel im Westen leuchten.
Die Tempelbediensteten würden
das leere Reliquiar gefunden haben und vermuten, dass die Täter religiöse, sektiererische
Gründe gehabt hatten. Wer kam in Frage? Loyalisten des Oriens-Tempels? Schwer
vorstellbar, wer diese Leute sein könnten — nicht nach einer
Symbiontenverseuchung, gründlicher Säuberung und so vielen Jahrzehnten. Ging der
Diebeszug also auf Anstiftung des Austral-Tempels zurück? Dorthin mochte der
Finger des Verdachts weisen — und eine bittere und unnötige religiöse Fehde
provozieren.
War Rakel hinreichend erprobt?
Zwar hatte der Raub zumindest teilweise mit einem Fiasko geendet, aber mu tige Unternehmungen scheiterten
oft an dummen Zufällen oder unvorhergesehenen Kleinigkeiten. Immerhin waren
alle vier Teilnehmer wohlauf, in Sicherheit und unerkannt geblieben.
»Morgen«, sagte Jaq zu Rakel,
»wirst du zu diesen Gebrüdern Shuturban gehen und ihnen einen Rubin bringen,
der kostbarer ist als Gold, ein Rubin aus unserem Buchdeckel. Sag diesen
Shuturbans, dass du ihn beim Reliquiar gefunden hättest. Sag ihnen, das Gold
sei lediglich vergoldetes Kupfer gewesen. Für den Rubin müssen sie alle
Einzelheiten über das Gerichtsgebäude liefern, insbesondere über die
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