Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].
Und auf die Illuminaten. Auf dein Wohl, Chef!«
Plötzlich ergriff Jaq eine
Bierflasche und trank, um seine Sinne zu betäuben. Er trank aus der Flasche mit
Dschinn.
Als der Alkohol seine Wirkung
tat, saß Jaq auf seinem Stuhl im schwarz verhängten Speisezimmer und schwankte
leicht hin und her. Lauerte in der Nähe noch geheimnisvolle Energie? Warum
verschwamm die falsche Meh'lindi vor seinen Augen, wenn er sie ansah?
Schwankend erhob er sich und sagte unverblümt: »Komm mit in mein Zimmer.« Als
er ging, nahm er den amputierten Finger an sich.
Welches Ritual er mit Rakel
vollzog, war nur Geheimen Inquisitoren bekannt, die während ihrer Erforschung des
Bösen die Tiefen der Perversion durch Bevollmächtigte ergründet hatten.
Als beide später zurückkehrten,
war Rakel bleich und zitterte. Jaq war fiebrig und schwitzte. Inzwischen war Grimm
am Tisch eingeschlafen und schnarchte, den Kopf umgeben von leeren Flaschen und
Gläsern. Lex saß mit dem gewachsten Oberschenkelknochen vor ihm, als wäre es
tatsächlich der Überrest einer Hundemahlzeit.
Er polierte den Knochen mit
äußerster Sorgfalt.
»Lust oder Veränderung?«,
fragte Jaq die Luft. Er hob den amputierten Finger in die Höhe, nun ohne Ring
und Datenchip.
Der Finger war steif und
lederig geworden.
»Seht einen Finger des Ruhms!
Ein Licht für meine falsche Meh'lindi-Diebin, deren Körper willig ist, obwohl ihre
Seele sich mir entzieht! Vielleicht werde ich ein Magus, ohne Zuflucht zu
Slaanesh oder Tzeentch zu nehmen ...« Lex polierte grimmig seinen Knochen. Nach
einer Weile sagte er: »Wenn du den Verstand verlierst, mein Inquisitor, wird es
vielleicht trotz meines Gelübdes notwendig sein, dass ich dich töte.« Jaq
wischte eine leere Flasche Dschinn vom Tisch. Sie zersplitterte auf dem
schwarzen Schieferboden, doch selbst dieser Lärm konnte Grimm nicht wecken.
»Mich zu töten«, sagte Jaq,
»könnte rechtschaffen sein, doch würde es alle Hoffnung zunichte machen.«
»Vielleicht würde es das.
Gebrauche diesen Leichenfinger, wie es dir gefällt. Meine eigenen Finger
verehren dieses Gebein.« Rakel lauschte wie betäubt.
8
GERICHTSHOF
Jaq fühlte sich beschmutzt und
psychotisch, als er mit Lex und Grimm zwischen Sätteln und Zaumzeug in demselben
Lagerhaus unweit vom Gerichtsgebäude wartete. Die rückwärtige Tür war durch
einen Holzbalken verstärkt worden, doch Lex hatte ihn mit Leichtigkeit aufgebrochen.
Umgeworfene Regale hatte man wieder aufgerichtet und Reinheitsquasten daran
gebunden, die das Trio ignorierte. Nachdem alle Pilger Sabulorb verlassen
hatten, lag die Seitengasse menschenleer, übersät vom üblichen Unrat und
angekohlten Hundeknochen, die von Ratten benagt waren. Hier im Lagerhaus war der
Treffpunkt, den sie mit Rakel vereinbart hatten — die jetzt das Gerichtsgebäude
durchstreifte.
Grimm hatte beobachtet, wie
Rakel ihr Unternehmen durch den Einstieg in einen Kanalschacht begonnen hatte,
der Zugang zu einem trockenen Kanalisationsrohr gewährte. Dieses war während
der langwierigen Bauarbeiten angelegt worden, ohne später Verwendung zu finden.
Nun war sie allein unter
Hunderten von Dienern, Angestellten, Detektiven, Arbitratoren,
Vollstreckungsbeamten und Richtern.
Schmutz haftete an Jaqs Seele.
Die Befleckung des Verrats an sich selbst, an dem frommen Marinehauptmann, vor
allem am Gedenken Meh'lindis, an Ihm auf Erden.
Aber war seine Seele unter dem
Überzug psionischen Abschaums nicht immer noch rein und dem Licht zugewandt?
Musste er nicht durch die Umwandlung von Abscheulichkeit zu einer wirksamen
Alchimie gelangen? Solche Empfindungen und Schlimmeres musste er ertragen, ohne
Lex zu provozieren, dass er ihn hinrichtete.
Ein altes Lied im kreolischen
Dialekt einer Welt, die zu reinigen Jaq einst geholfen hatte, ging ihm durch den
Kopf: »Nein, mein treuer Johann, zwei Damen zu bewundern ist verboten!« Es
konnte nicht eine vorgebliche und eine echte Meh'lindi geben. Würde die
Umarmung der vorgeblichen Meh'lindi nicht einer rituellen Anrufung der wahren
Meh'lindi gleichkommen — oder sie aussperren? Solches Sinnieren endete meist in
Psychosen.
Aber Psychosen konnten das
Instrument der Erleuchtung sein.
»Was summst du da, Chef?«,
fragte Grimm.
»Nichts, Abhumaner!«
»Ha, dann trügen mich meine
Ohren. Sag, während wir warten, könnte ich eine der kürzeren Balladen meines
Volkes vortragen.«
»Wenn Rakel so lang braucht«,
erwiderte Jaq verdrießlich, »ist sie entweder gefangen oder
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