Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].
Schnee gehüllten Bergs, der eine Kappe
aus vulkanischer Asche trug. Er befingerte einen Metallstab, um dessen Ende ein
bläuliches Energiefeld flackerte.
Das war seine Energiepeitsche,
mit der er einen renitenten Angeklagten züchtigen und notfalls bewusstlos
schlagen konnte, ohne sich ihm zu nähern. Bei maximaler Einstellung ließ sich
damit eine Wand durchschlagen.
Als der mutmaßliche Arbitrator
eintrat, lächelte der Richter seinem im Helmvisier gespiegelten Ebenbild zu.
»Ah, Kastor, Sie finden mich
noch hier ...« Dieser Richter musste einen Arbitrator dieses Namens in seinen Amtsräumen
erwartet haben. Rakel neigte respektvoll den behelmten Kopf.
»Sie sind pünktlich, Kastor.
Also beeilen Sie sich, Drork«, sagte der Richter zu dem Beamten. Er schwenkte
seinen Metallstab.
»Sicherlich kann der
Datenträger nicht falsch eingeordnet worden sein!«
»Ganz bestimmt nicht von mir,
Euer Ehren«, erwiderte der ausgezehrte Drork, »da er nach meiner Erinnerung während
meiner gesamten Dienstzeit niemals angefordert worden ist. Vielleicht hat ihn
mein Vorgänger falsch abgelegt.« Offenbar gab es eine gewisse Zwanglosigkeit und
beiderseitiges Einverständnis zwischen diesem Beamten und dem Richter.
»Fremdsprachendatenträger für
einen Hypnohelm«, erläuterte der Richter, zum falschen Arbitrator gewandt.
»Übrigens ist es mir schließlich
doch gelungen, Ihre Beförderung zum Vollstreckungsbeamten des Gerichts durchzusetzen,
mein lieber Kastor.« Rakel verbeugte sich ehrerbietig. Wenn der Richter nur nicht
eine verbale Antwort verlangte. Wenn sie nur nach diesem Sprachdatenträger fragen
könnte! Das Energiefeld des Metallstabs verblasste zu Unsichtbarkeit. Der
Richter kratzte sich mit dem Ende des Stabs am Kropf.
»Ich weiß Ihre Zurückhaltung zu
schätzen, Kastor. Ich möchte, dass Sie eine kleine Einsatzgruppe bilden. Drei weitere
Arbitratoren und Sie sollten genügen. Gestern empfing unser Astropath eine
Nachricht, die bisher nur mir bekannt geworden ist. Mehrere bizarr gekleidete Außerirdische
landeten auf Lekkerbek und gaben sich als wandernde Schaustellertruppe aus.
Angehörige der Eldar-Spezies. Solche Clowns sind auch auf Nero Neun erschienen,
ebenso auf Karesh — dort ohne ein offensichtliches Transportmittel.
Wahrscheinlich versteckten sie ihr Schiff irgendwo in der Wildnis. Auf Karesh
kam es zu einem Zusammenstoß, der zum Tod von zweien der drei Außerirdischen
führte. Der dritte verschwand. Falls hier auf Sabulorb ähnliche Besucher
auftauchen, wünsche ich, dass Sie und Ihre Einsatzgruppe bereit sind, diese
Eldar festzunehmen und in ihrer eigenen Sprache zu vernehmen ...«
»Ah!«, rief Drork. »Hier ist
er.« Der Beamte pflückte die münzengroße Datenscheibe von der ragenden
Plastikseite.
»Nehmen Sie das und machen Sie
guten Gebrauch davon, Kastor.« Rakel neigte gehorsam den Kopf, nahm den
Datenträger entgegen und brachte ihn in ihrer gestohlenen Uniform unter.
Wann würde der echte Kastor
eintreffen? Sie konnte nicht annehmen, dass er derselbe war, den sie getötet hatte.
Hatte der Inquisitor nicht gesagt, sie solle sich hier im Herzen des
Gerichtsgebäudes als Assassine und Diebin bewähren? Der Richter fuhr fort, sich
den riesigen Kropf mit der inaktiven Energiepeitsche zu kratzen. »Wenn uns das
Glück hold ist, werde ich unter meinen gelehrten Kollegen aufsteigen. Sagen
Sie, Kastor ...« Was sollte sie ihm sagen? Das war ein unmögliches Verlangen!
Sofort hob Rakel die Laserpistole und feuerte auf diesen hermelingeschmückten
Berg von einem Mann.
Noch als die Entladung den
Richter traf, aktivierte seine Hand den Stab. Blaue Energie wütete — und erlosch
prompt wieder. Der schwere Mann schlug dumpf am Boden auf, dass die Wände
erzitterten.
Ihr zweiter Schuss warf Drork
rücklings gegen das Buch mit den Datenträgern. Der Drehtisch setzte sich in Bewegung.
Zwei hohe Plastikseiten schlugen zusammen und umschlossen den sterbenden
Beamten.
»Euer Ehren!« Der Ruf kam aus
dem Korridor. Das musste der echte Kastor sein.
Sollte sie versuchen, auch ihn
zu erschießen? Geräusche mochten ihn gewarnt haben. Sie legte die Laserpistole
aus der Hand, zog den Fingerstumpf hervor und zündete ihn an.
Kastor befand sich noch
außerhalb des fruchtig duftenden Vorzimmers und hielt die Laserwaffe in der
Armbeuge. Als Rakel ungesehen vorbeieilte, musste er den Luftzug gefühlt haben.
Was konnte diese plötzliche Brise hervorgerufen haben?
»Euer Ehren?«, hörte sie ihn
wieder
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