Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].

Grauen
Wüste rissen warme Aufwinde den Staub in tanzenden Wirbeln hoch, die
geisterhaft über die öden Ebenen zogen.
    »Ach, mein Bruder! Mein lieber
Bruder!« Ja, diese seltsamen Artisten ... Mardal würde sie für ihren Patron im
Auge behalten; aber er würde nichts Unüberlegtes tun.
    »Offensichtlich«, sagte Jaq zu
seinen Gefährten, »suchen die Eldar-Harlekine nach dem gestohlenen Buch.« Rakel
sperrte über diese neue Enthüllung die Augen auf.
    »Das Buch enthält viele
unheilvolle Geheimnisse«, sagte er ihr.
    »Wir entwendeten es aus der
Schwarzen Bibliothek der Eldar im Wegenetz, das durch den Warp führt. Nur ein
Inquisitor konnte an einen solchen Ort vordringen. Dies ist alles verbotenes
Wissen — das du jetzt wissen musst.«
    »Wissen ist ein Fluch«, sagte
sie, »kein Segen.« Die Harlekine mussten ihre Kundschafter in kleine Gruppen
aufteilen, um so viele Welten wie möglich zu berühren.
    Bisweilen besuchten Gruppen von
Harlekinen harmlose Welten des Imperiums, um ihre Schauspiele mit Tanz und
Mimik aufzuführen. Ein Augenschmaus! Ein Rätsel für beinahe alle menschlichen
Zuschauer! Gewöhnlich bestand eine Truppe aus wenigstens hundert Eldar,
einschließlich der Kostümnäher, Maskenbildner und des Bedienungspersonals für
die Holoprojektoren.
    Sogar Alte und Kinder traten
dabei auf, während der Kern der kostümierten Schauspieler aus Kriegern bestand.
Wenn nur drei Schauspieler Sabulorb besuchten, bedeutete dies, dass viele
ähnliche Besuche von anderen Harlekinen gemacht wurden, um so viele Welten wie
möglich aufzusuchen. Oft geschah dies mit großem Risiko.
    Hier auf Sabulorb gaben sich
die Harlekine als exotisch maskierte Stammesangehörige aus. Die lokalen Richter
wussten nichts von der astropathischen Meldung. Auch auf anderen Welten konnten
die Eldar als Menschen von ätherischer Anmut durchgehen; als Besucher aus einer
luxuriösen imperialen Paradieswelt, wo die Bevölkerung nichts von Rachitis oder
Kröpfen oder Hautkrankheiten wusste. Manchmal enthüllten die Eldar sogar kühn
ihre Identität als Außerirdische, ausgestattet mit reichen Mitteln, wie sie es
angeblich auf Lekkerbek getan hatten. Auf vielen anderen Welten wie Karesh mussten
sie ihr Leben riskieren und verloren es mitunter sogar, Opfer erbarmungsloser
Richter oder fanatischer Prediger oder fremdenfeindlicher Menschenmengen.
    Alles, um das Buch
wiederzugewinnen! Das Trio der Außerirdischen war aus der Richtung von Bara
Bandobast gekommen, nicht vom Raumhafen Shandabars.
    Jaq war jetzt überzeugt, dass
es tatsächlich ein Tor zum Wegenetz gab und nicht allzu weit entfernt. Jaq, Lex
und Grimm begannen Pläne zu schmieden, in denen Mardal Shuturban und seine
Leute eine Rolle spielen sollten.
    Jaqs Gruppe verfügte jetzt über
drei großkalibrige kurze Boltgewehre mit vollen Magazinen und außerdem über Laserpistolen.
Dennoch wäre es voreilig gewesen, ohne fremde Hilfe gegen drei außerirdische
Krieger-Troubadoure vorzugehen, insbesondere wenn einer von ihnen ein
Todesjoker war. Todesjoker waren Spezialisten für schwere Waffen. Allerdings
konnte dieser in seinem Gepäck schwerlich einen Granatwerfer oder eine Plasmakanone
nach Shandabar geschleppt haben. Wenn die Harlekine mit bewaffneten Jetbikes
durch das Wegenetz nach Sabulorb gekommen waren, mussten sie diese
Flugmaschinen weit draußen in der Wüste verborgen haben, bevor sie sich der
Karawane angeschlossen hatten.
    Ein Grund zur Besorgnis war,
dass die Eldar psionisch weitaus feinfühliger waren als Menschen. Die
Bevölkerung Shandabars erzeugte ein mentales Babylon, einen brodelnden Schlamm
aus Emotionen und halb geformten Bildern. Zweifellos sahen die Harlekine ihre
Aufgabe darin, diesen übelriechenden Morast nach brauchbaren Hinweisen zu sieben.
    Was konnte als ungewöhnlich aus
dem allgemeinen Gedankenbrei herausragen? Aufruhr bei einem Tempel. Priester
und Diakone vom Occidens-Tempel versuchten in Erfahrung zu bringen, ob der
Austral-Tempel für den Diebstahl eines Reliquienknochens verantwortlich war ...
    Die geheimnisvolle Ermordung
eines Richters ...
    Eine grausige Manifestation
Slaaneshs im Haus der Ekstase, eingebrannt in die Gehirne der Überlebenden: Das
sollte die Aufmerksamkeit jedes Harlekins erregen ...
    Vorausgesetzt, die sensitiven
Eldar waren imstande, solche Stecknadeln im Heuhaufen zu finden.
    Mardal Shuturban strahlte
wahrscheinlich noch immer intensives Entsetzen über die Ereignisse im Haus der
Ekstase aus. Sein Entsetzen mochte mit