Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].
gekostet hatte, wäre der
Inquisitor fähig, es zu verstehen? Würde Jaq begreifen, wie unverhältnismäßig diese
Lüge Grimms frühere gut gemeinte Falschheit im Falle Carnelians aufwog? Vielleicht
würde Lex, der sich selbst aus der Gemeinschaft seiner Kampfgefährten
exkommuniziert hatte, eher in der Lage sein, mit ihm zu fühlen? Als Grimm und
Rakel aus der Höhle kamen, schien die Morgensonne bereits wärmend durch den
Frühdunst. Rakel blickte umher. Sie atmete tief ein, als ob dies der erste
Augenblick einer neuen und erhabenen Phase in ihrem Leben wäre — ein
Augenblick, wie sie ihn wohl nie wieder erleben würde und dessen Gedächtnis ihr
ein kostbarer Trost sein musste.
Für Grimm gab
es keinen Trost.
Asche und
Kummer.
Ach, dachte Grimm,
als sie zurückgingen, wahrscheinlich
werde ich doch bald umkommen. Wahrscheinlich besser so. Lass mir den Kopf
wegblasen. Kein Denken mehr, keine Gefühle.
Er ließ sich
nichts anmerken, aber das Herz tat ihm weh.
15
SCHNITTER
A ls Grimm und
Rakel zum Lager zurückkehrten, war Jaq aufgewacht. Er schenkte dem kleinen Mann
außer einem schnellen Blick kaum Beachtung. Er und Lex sprachen über das andere
Tor, das irgendwo auf dieser Welt existieren musste. Die Karte auf Jaqs Linse
zeigte nur, dass es einen weiteren Zugang zum Wegenetz geben musste, aber
nicht, in welche Richtung sie gehen mussten und wie weit er entfernt war.
Bedächtig
wickelte Lex die rote Schärpe vom Kopf und entblößte die Reste seines Auges. Was
er enthüllte, machte Rakel schaudern.
Grimm schien
es zu widerstreben, die Verletzung zu betrachten, die sein Messer zugefügt hatte.
Er ließ seinen Blick in andere Richtungen gehen.
»Scheint eine
recht angenehme Welt zu sein«, murmelte er untröstlich. »Abgesehen von dem
einen oder dem anderen Fleischfresser. Bäume und Bäche und eine freundliche
Sonne. Ich wette, in Wirklichkeit ist es hier überhaupt nicht nett! Das ist es
nie. Ich wünschte, ich wäre in diesem Erdbeben mit meiner Grizzle umgekommen.«
Er raffte sich auf.
»Soll es
wieder das Messer sein?«
»Ich sehe
keinen anderen Weg«, sagte Lex.
»Keinen
anderen Weg: Das sollte unser Motto sein. Aber völlig blind würdest du uns
nicht mehr von Nutzen sein. Wir müssten dich herumführen und uns auf dein Gehör
verlassen.«
»Vielleicht«,
sagte Rakel hoffnungsvoll, »sollten wir diese Welt erst etwas besser
kennenlernen, bevor wir zu drastischen Mitteln greifen? Es scheint hier so
freundlich zu sein. Es muss Leute geben, Leute, die wissen könnten, wo dieses
andere Tor ist. Vielleicht halten sie es für etwas anderes, als es in
Wirklichkeit ist. Vielleicht meiden sie es oder verehren es.« Grimm musterte
sie kritisch.
»Du würdest
gern trödeln, was? Ferien machen.«
»Wir haben die
Juwelen«, sagte sie eifrig.
»Wir können Information
kaufen.«
»Es ist nicht
gesagt, dass es Leute gibt«, widersprach Jaq.
»Vielleicht
leben hier keine Menschen.« Grimm befeuchtete sich die Lippen. »Oder es gibt verrückte
grünhäufige Orks, die uns gern versklaven würden. Würde es dir Spaß machen, eine
Sklavin zu sein? «
»Bin ich jetzt
keine?«, versetzte sie.
»Ich warte«,
sagte Lex ungeduldig.
Seufzend zog
Grimm sein Messer. Er spuckte auf die Klinge, als wollte er sie auf diese Weise
reinigen. »Das ist genau die Art von geschickter Chirurgie, für die Orks eine
besondere Vorliebe haben!«
»Ich weiß
nichts von solchen Kreaturen«, protestierte Rakel.
»Nun, dann tun
wir gut daran, schnellstens von dieser Welt zu verschwinden, bevor du
Gelegenheit erhältst, sie kennenzulernen! «
»Du sagst das
nur, um mich unter Druck zu setzen. Es gibt keinen Beweis.«
»Ha, die Bäume
sind grün. Warum sollten die Bewohner nicht auch grün sein?« Er schnupperte die
Luft.
»Riecht
allerdings nicht verseucht«, räumte er ein. »Eine richtige Orkwelt sollte stark
verseucht sein.«
» Du scheinst in
übler Stimmung zu sein«, bemerkte Jaq zu dem kleinen Mann. »Ich denke, ich
sollte das Messer halten.«
Ȇble
Stimmung?«, echote Grimm. »Woher willst du das wissen? Natürlich nicht!« Er
grinste. »Ich mache mir bloß Mut, Lex zu foltern, das ist alles.« Nachdem er
einen Meineid geschworen hatte, durfte er dessen Wirkung auf Rakel nicht
dadurch untergraben, dass er sich seiner elenden Gemütsverfassung hingab, sonst
hätte dieser betrügerische Eid keinem Zweck gedient.
Während Lex
wie vor einem Altar niederkniete, setzte Grimm die Messerspitze gegen das Auge
und
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