Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
Vom Netzwerk:
du doch endgültig allein.« lan bemerkte mal wieder das Offensichtliche. Beryl nahm wieder einen tiefen Schluck. »Dann erb ich sein ganzes Geld und kriege seine Militärpension und kann mir in London ein wunderbares Haus kaufen. Dann hab ich alles, was ich brauche, und vor allen Dingen bin ich Afrika los. Ich kann dir nicht sagen, wie satt ich es hier habe, die Hitze, die Viecher, die Schwarzen, unsere versoffenen Freunde - die Langweile, dieses öde, leere Leben. Gott, wie ich das hasse!« Die letzten Worte ertranken im Cognac.
    : Jan schoss herein.
    »Papi, hast du die Schlange gesehen?« lan fuhr alarmiert hoch. »Welche Schlange? Wo ist Julia?« Jan rannte ihm voraus, zerrte ihn ins Wohnzimmer und zeigte auf eine Wand. Über die gesamte Breite der Wand, die ungefähr sechs Meter maß, hing eine getrocknete Pythonhaut. Sie konnte noch nicht alt sein, denn ihre Farben waren noch frisch. Das Rückenband schillerte in allen Tönungen von heller Kastanie bis zu zartem Graubraun. Unregelmäßige, große Flecken in sattem rauchigem Schwarzbraun erinnerten an die Fellzeichnung eines Leoparden.
    51
    Darüber geworfen wie ein zartes Netz, lag das Rhombenmuster der Schuppen.
    »Die haben wir in unserem Innenhof gefunden, wo sie den Vorgänger von Herkules verdaute«, erklärte Beryl und rülpste, während sie ihr Glas wieder auffüllte.
    »Ich bin bald gestorben vor Schreck. Edward hat sie abgestochen. Mein Held.«
    Freudloses Auflachen und ein tiefer Schluck Cognac.
    lan suchte Henriettas Blick und machte ihr mit einer Geste deutlich, dass er zu gehen wünschte, und zwar umgehend. Sie verabschiedeten sich rasch, ehe Beryl, die jammernd in den Kissen lehnte, Gründe finden konnte, sie aufzuhalten.
    Auf dem Weg nach draußen hopste Jan aufgeregt vor ihnen her. »Mann, hast du das Vieh gesehen!«, kreischte er. »Sogar Papi hätte in die reingepasst, und Papi ist riesig! Oh, Mann, ist Afrika toll!« Als sie ins Auto stiegen, entdeckten sie Dorothy, die sich vorsichtig dem Haus näherte. Breit lächelnd wurden sie von ihr begrüßt. »Aii, Sanibona, Master, Madam - es ist gut, Sie zu sehen. Und die Babys, hau, Madam, wie groß sie sind und wie hübsch!« lan nahm ihre Hand, drehte sie im Kreis. »Dorothy - du siehst gut aus, welch eine stattliche Frau du bist! Ich wette, alle Männer sind hinter dir her.«
    Dorothy lachte, kicherte, wand sich, bedachte lan mit einem koketten Augenaufschlag. »Es ist immer noch Joseph, der mein Bett teilt, und er ist sehr stark.« Und dann erfuhren sie, wie viele Kinder dazugekommen waren, wer gestorben war in der weit verzweigten Verwandtschaft. »Dulcie ist jetzt erwachsen, sehr gutes Mädchen, sauber und fleißig. Und ehrlich«, fügte sie im Nachhinein hinzu. »Sucht einen Job.« Kalkulierender Blick unter halbgeschlossenen Lidern hervor.
    Henrietta erinnerte sich an Dulcie als ein spindeldürres, kleines Ding, an der alles zu schmal und zu lang war, der Hals, die Arme und Beine. In fadenscheinige Baumwollkleidchen gekleidet, hockte sie stundenlang im Straßenstaub unter einem Schattenbaum und sang mit brüchiger Stimme afrikanische Kinderlieder. Versuchte sie, mit 52
    ihr zu sprechen oder ihr ein paar Süßigkeiten zuzustecken, stob sie aufgeschreckt davon, ihre aufgerissenen Augen in dem mageren Gesichtchen wie die einer verängstigten Gazelle. »Sie scheint nicht ganz richtig im Kopf zu sein«, bemerkte sie damals zu lan, »außerdem hustet sie immer, ich befürchte, sie hat Tuberkulose. Wir dürfen Jan und Julia nicht in ihre Nähe lassen.«
    Irgendwann war sie dann nicht mehr da, und Henrietta vergaß sie.
    Jetzt nickte sie. »Ich suche ein Hausmädchen, ich seh sie mir einmal an. Kann sie Englisch?«
    Dorothys Blick schweifte ab. »Yebo, ja«, bestätigte sie eifrig, »jede Menge.
    Ich schick Dulcie morgen vorbei.« Dann wurde sie ernst. »Messer weg? Madam noch lebendig?« fragte sie lakonisch. Als lan das bestätigte, grinste sie erfreut und watschelte fröhlich pfeifend zu ihrer Arbeitgeberin ins Haus.
    Das Donga-Haus konnte mit der Python nicht mithalten. Es war während des nächtlichen Wolkenbruchs nicht überflutet worden und sah aus wie ein ganz normales Haus. Sie kehrten um und fuhren nach Hause. Als sie in der Einfahrt hielten und aussteigen wollten, hob lan plötzlich warnend die Hand. »Die Tür ist angelehnt«, bemerkte er in einem Ton, der sie sofort in Alarm versetzte.
    »Sei vorsichtig«, flüsterte sie nervös, als er langsam, die Umgebung mit Blicken abtastend, auf

Weitere Kostenlose Bücher