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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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sie nickte, drückte er sie einmal kurz. Eine seltene Demonstration seiner Liebe.
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    Das letzte Kapitel
    rLs gibt Momente im Leben, da fragt man sich, wie um alles in der Welt man in die gegenwärtige Situation geraten ist, welcher innere Dämon einen bis dorthin getrieben hat. Es ist der Moment, wo die Gedanken wie gefangene Vögel im Kopf herumflattern, unfähig, einen Ausweg zu finden, wo die Beine aus Blei sind und das Herz verzagt.
    Dieses war so ein Moment. Nach dem langen Flug mit der überfüllten Lufthansamaschine aus Frankfurt stand Henrietta in der Menschenschlange vor der Passkontrolle im Jan-Smuts-Flughafen in Johannesburg. Sie stand dicht an lan gepresst, eingekeilt zwischen Menschen, die, müde von dem langen Nachtflug, gereizt ihr schweres Bordgepäck mit den Füßen vor sich her stießen, und fragte sich, wie es dazu gekommen war, dass sie jetzt hier stand und den Einwanderungsbeamten beobachtete, der in seiner Glaskabine eingehend den Pass eines ihrer Mitreisenden studierte. Es hatte ihr einen kleinen Schock versetzt, zu sehen, dass er schwarz war, wie auch die meisten seiner Kollegen.
    Sie konnte es kaum glauben. Auch die Sicherheitsoffiziere, die sie sehen konnte, waren schwarz. Schwarze Beamte in Südafrika. Deutlicher konnte der Wandel nicht illustriert werden.
    In der Nebenschlange wartete der vierschrötige Mann, der sich im Flugzeug mit seinen Sitznachbarn so lautstark über das neue Südafrika unterhalten hatte, dass Henrietta und lan, die zwei Reihen hinter ihm saßen, jedes Wort verstanden. Er sprach von Kaffern, schwarzen Bastarden und de Klerk, dem Landesverräter, während er ständig nach den Flugbegleitern klingelte, sein leeres Brandyglas zum Nachschenken hinhielt und sich zwischen den Drinks mit Erdnüssen voll stopfte. Seine Worte waren wie Splitter aus Eis in ihrem heißen Herzen.
    Auch jetzt, neben ihr in der Schlange, ließ sie seine grobe, alkoholschwere Stimme nicht los.
    »Inkompetent, dumm sind die«, höhnte er, »tun so, als ob sie lesen und schreiben können - wussten Sie«, fragte er in die Richtung von Henrietta,
    »dass die 'ne Gehirnschale haben, die viel dicker ist als unsere, und dass ihr Hirn dadurch viel kleiner ist?« Er lachte dröhnend. »Wenn die 'ne Fliege verschlucken, sind sie viel schlauer als vorher!« Er wippte fröhlich auf den Fußspitzen, schaute sich Beifall heischend um. Er hatte dicke Hängebacken und ein rotes Spitzmündchen, das nicht so recht zu dem Eindruck vom harten Mann passte, den der Safarihut mit dem Leopardenfellband und seine Jacke mit den militärischen Achselklappen erwecken sollten.
    »Dann würde ich an ihrer Stelle schleunigst nach der nächsten Fliege Ausschau halten und sie frühstücken! Vielleicht hilft's auch Ihnen.« lans Stimme war sanft und nicht sehr laut, aber die Umstehenden hatten ihn verstanden.
    Unterdrücktes Gelächter begleitete seine Worte. Der Mann hörte auf zu wippen, schnaubend beäugte er lan, und Henrietta wurde an ein bösartiges Rhinozeros erinnert. lan begegnete seiner Wut amüsiert lächelnd.
    Vor ihnen stand ein schwarzer Geschäftsmann, sehr konservativ im dunkelblauen Nadelstreifenanzug und schneeweißen Hemd. Er gluckste und lachte in sich hinein, wiederholte leise lans Worte, lachte wieder, sein ganzer Körper vibrierte vor Lachen. »Willst du Ärger, Mann?«, knurrte der Vierschrötige, machte einen Schritt auf lan zu, »komm her, und ich hau dich platt!« In die nach dieser Aufforderung entstandene Stille fiel ein Klatschen. Henrietta drehte sich um. Ein paar der Sicherheitsoffiziere näherten sich. Den Mann mit dem Safarihut im Visier ihrer kühlen Blicke, schlugen sie im Gleichtakt ihre Schlagstöcke in die Handflächen. Dieser senkte seinen bulligen Kopf. »Bleibt mir vom Leib, ihr ...
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    ihr ...« Das Klatschen wurde lauter, und er verschluckte das Wort, das ihm auf der Zunge zu liegen schien. Henrietta sah einen weißen Polizisten, einen Riesenkerl mit militärisch kurzen Haaren und einem schwarzen Oberlippenbärtchen heranschlendern. Der Mann mit dem Safarihut schien ihn auch entdeckt zu haben. »Officer!«, brüllte er triumphierend. »Scheuch diese Buschbabys hier wieder in den Busch, Mann! - Und der hier«, ein fleischiger Finger zeigte auf lan, »der hier hat mich beleidigt.«
    Der Polizist zog einen Notizblock hervor. »Name?«, bellte er. Hämisch grinsend wartete der Mann. »Name!« Der Polizist hatte sich vor ihm aufgebaut. Das Grinsen auf dem hamsterbäckigen Gesicht war

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