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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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geworden. Sie las es in seinem Gesicht. Er brauchte nichts zu sagen, sie wusste, was passiert war. »Lebt sie noch?« kr nickte, wischte sich die Augen, senkte dann seinen Kopf. ^Jvornm!«, rief sie, sprang in ihr Auto und hielt ihm die Tür auf. *aie ist im Garten, auf ihrem Hügel«, sagte William, als sie vor Lui-ses Haus hielten. Sie rannten durch das Haus mit den schönen alten 149
    Möbeln, hinaus in den weiten Garten, zu dem kleinen Hügel. Dort fand sie Luise auf ihrem Lieblingsplatz, Gott sei Dank nicht verletzt oder in einem unwürdigen Zustand. Sie lag in ihrem Liegestuhl unter dem Sonnenschirm, den William über ihr aufgespannt hatte. Hen-rietta fiel auf die Knie, nahm die alte Hand und legte ihr Gesicht hinein.
    »Du brauchst nicht zu weinen, mein Kind«, flüsterte Luise, und sie konnte hören, wie schwer ihr das Sprechen fiel, »es ist nun genug. Ich bin müde, ich möchte jetzt schlafen.«
    Henrietta konnte nicht sprechen. Tränen überschwemmten ihre Augen, verstopften ihr die Kehle. Sie küsste die Hand mit der weichen, faltigen Haut, den rauen Innenflächen. Alles, was sie herausbrachte, war »danke, danke«.
    Sie begruben sie auf ihrem Hügel, ihren Blick für ewig auf die fernen, blauen Kuppen ihres geliebten Zululands gerichtet, dorthin, wo schon ihr Mann seine endgültige Ruhe gefunden hatte. Der Verkaufserlös vom Großteil ihres Landes sicherte die Zukunft von William und seiner Familie, ihren Hügel vermachte sie der Gemeinde mit der Auflage, das Gelände in seinem naturbelassenen Zustand zu erhalten und für alle Menschen zugänglich zu machen. Schon immer war Luises Grundstück ein Refugium für viele Tiere gewesen, seltene Vögel brüteten im Schutz des Dickichts, und wenn die Dämmerung aufzog, erfüllte ihr Konzert weithin hörbar den Abend.
    Luise war lebensnah genug gewesen, einen als aggressiv und furchtlos geltenden Anwalt als Vermögensverwalter einzusetzen, der den Immobilienhaien, die diese fette Beute begehrlich umkreisten und mit dicken Scheckbüchern vor der Nase der Gemeindeherren herumwedelten, mit Erfolg auf die Finger klopfte. Es wurde zur Tagesroutine der Cargills, die morgens mit der Sonne aufstanden und nach einem Strandlauf im Meer schwammen, durch den Park zurück zu ihrem Haus zu gehen. Baumkronen wölbten sich über dem Pfad, tauchten alles in ein grün schimmerndes Aquarium-licht, Lianen schlangen sich um Stämme und Äste, die kleinen wei-
    ßen Sternenblüten der Num-Num-Büsche verströmten intensiven Tasiningeruch, es raschelte, wisperte, fiepte. Der Weg hatte den Namen Mambapfad im Volksmund, und mehr als einmal erhaschten sie eine Bewegung in den Blättern, die nicht vom Wind verursacht worden war, gewahrten, dass der Ast vor ihnen Augen hatte.
    Julia und Jan aber erbten ihr Leben, das Luise in ihrer gestochen klaren Sütterlinschrift in mehr als dreißig Schulheften aufgeschrieben hatte, ein Heft für jedes Jahr, das letzte trug die Jahreszahl 1972. Henrietta bekam ihre Möbel und ihre Bücher, und das komplizierte die Sache, denn 1978 konnten sie ihre Möbel nicht einfach einpacken und verschiffen. Nichts, was besonderen Wert besaß, konnte man unbehelligt aus dem Land bringen.
    »Das sind Antiquitäten«, sagte Tita, »die kriegst du nicht aus dem Land.«
    Sie behielt Recht.
    Ihrer alten Freundin und lans Cousine, Diamanta »Glitzy« Daniels, verheiratete Kinnaird, hatten die Grenzbeamten kurzerhand einfach den Familienschmuck abgenommen, als sie mit ihrem Mann Frank das Land verließ, um nach Australien überzusiedeln. Offiziell waren sie natürlich, wie so viele, nur auf Urlaubsreise gewesen. »Sie wollen die Klunker für mich aufbewahren, bis ich zurückkehre«, schrieb sie empört aus Brisbane, »soll ich denn nackt herumlaufen?«
    lan fand den Ausweg. »Wir werden einfach eine Ausfuhrgenehmigung für die Möbel beantragen, bevor jemand merkt, dass wir abhauen!« Gleich nach ihrer Ankunft 1972 hatten sie eine kleine Im-und Exportfirma gegründet, die bestens florierte, und so gab es kein Problem, eine Ausfuhrgenehmigung für Möbel zu bekommen. Morgens also die Ausfuhrgenehmigung beantragen, danach Pockenimpfung, Wiedereinreisevisum in den Pass stempeln lassen, Geld abheben, Betrag im Pass eintragen lassen. Gleichzeitig mussten die Möbel gepackt und das Haus geräumt werden. Sie bekam Atembeschwerden, als sie diesen Plan aufstellte, denn diese ganze Aktion musste an einem einzigen Tag über die Bühne gehen und bedurfte ei-150
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