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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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Lachen oberhand, und sie sah den Jungen, den sie von früher kannte. »Ein Balkon in Rio!« Er stand auf. »Danke, Frau Cargill. Den Balkon in Rio werde ich immer im Hinterkopf behalten.« »Warte, Karsten. Wir fliegen kurz vor Weihnachten nach Südafrika. Soll ich mich einmal umhorchen? Ich habe noch ein paar Freunde dort.« Sie kühlte ihr leuchtendes Gesicht mit dem kalten Wasserglas. »So jemanden wie dich brauchen die dort bestimmt.« »Isst man da Schlangen?«
    »Nein«, lachte sie, »nicht für gewöhnlich. Aber es gibt dort Termiten.«
    »Und Balkons vermutlich.« »Die auch.«
    »Dann werd ich mich vorsehen müssen.« Er wippte auf seinen Zehenspitzen, grinste mit jungenhaftem Charme. »Es wäre toll, wenn Sie sich umhorchen könnten, danke, Frau Cargill.« Er lehnte sich vor und küsste ihre Wange.
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    Versonnen lächelnd schüttete sie zwei Löffel Zucker auf ihren Obstsalat.
    Irgendwie war es heller geworden, der graue Dezembertag durch ein Strahlen vergoldet. Über ihr rauschte der Regen, der Hirn-mel war dunkel und schwer, aber irgendwie war es heller. »Hallo, Karsten, wo kommst du denn her?« Julia glitt an ihm vorbei auf die Sitzbank. Sie warf ihren Trenchcoat über die Lehne. Ein schwarzer Gürtel mit Goldschnalle war der einzige Schmuck, den sie zu einem schwarzen Rollkragenpullover und zu einer engen, schwarzen Hose trug.
    Mit zehn Fingern ordnete sie gekonnt ihre dichten goldbraunen Haare, sah zu Karsten. »Was ist los? Hat jemand im Lotto gewonnen? Ihr strahlt ja so.
    Worüber habt ihr geredet?« Karstens Augen blitzten. »Über die Balkons von Rio!« Julias Mundwinkel kräuselten sich. »Sieh dich vor, meine Mutter steckt an. Sie tendiert dazu, die Gegebenheiten des Lebens zu ignorieren und ganz unvernünftige Dinge zu tun. Sie sieht nur erwachsen aus, sie ist höchstens zwölf und glaubt noch, dass das Leben wunderbar ist.«
    »Und du glaubst das nicht?«
    »Das zu glauben führt manchmal zu Fehleinschätzungen der Tatsachen, und das kann sich unter Umständen zu einer Katastrophe aus-wachsen.«
    »Was Julia meint, Karsten, ist, dass unsere Entscheidung, nach unseren Erfahrungen wieder nach Südafrika zu fliegen, in ihren Augen in höchstem Maße unvernünftig ist.« Julia fuhr hoch. »Liebe Mutter, du weißt, dass es so ist!«
    Henrietta rührte mit gesenkten Lidern in ihrem Espresso. Dann sah sie ihre Tochter an. »Meine Zukunft wird kürzer«, begann sie und dachte an den Knoten am Hals und dass es noch einmal gut gegangen war, »wenn ich sterbe, will ich mich nicht in den letzten Sekunden meines Lebens fragen müssen, warum habe ich dieses und jenes nicht getan, warum habe ich immer nur davon geträumt!« Sie legte «ire auf Julias widerstrebende Hand. »Mein Liebes, es gibt kaum et-Was, das ich dir für dein Leben mehr wünsche als eine Portion Unvernunft.«
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    »Erzählen Sie ihr die Geschichte mit dem Balkon in Rio, Frau Car-gill. Dann wird sie verstehen.« Sein Lächeln jetzt war nur für Julia bestimmt. »Wie lange bist du in Hamburg, Julia? Hast du heute Abend Zeit? Und morgen und übermorgen vielleicht auch? Ich rufe dich heute an. Bis dann!« Er verabschiedete sich mit einem übermütigen Winken.
    »Arroganter Affe«, murmelte Julia und sah ihm nach, bis er in der Menge untertauchte. Henrietta lächelte in sich hinein.
    !
    Abends stand sie in der Küche und schnitt Fleischstücke für ein deftiges Chili con Garne. lan rumorte auf dem Dachboden. »Was hast du morgen vor? Kann ich ordentlich Knoblauch hineingeben?«, rief sie aus der Küchentür nach oben. Sie drehte den Küchenfernseher, der gerade Nachrichten brachte, leiser.
    »Außer dir muss mich morgen niemand riechen«, kam es dumpf von oben herunter.
    »Weißt du, wo wir meine Tauchsachen verstaut haben? Ich bin sicher, dass Jan sie ausgeliehen und mal wieder nicht zurückgebracht hat!«
    Bevor sie antworten konnte, schnitt ihr ein hoher, pfeifender Ton die Worte ab. Irritiert schaltete sie den Fernseher aus. Eine Maschine? Ein Tier? Sie horchte angestrengt. Wieder kam dieser Ton, schmerzte in ihren Ohren.
    »Was war das?« lan polterte die Treppen herunter und kam aufgeregt in die Küche gestürmt. »Ist etwas passiert? Hast du dich verletzt?«
    Sie öffnete die Terrassentür. Die Nachduft war klar wie schwarzes Eis, das Wohnzimmerlicht floss gelb über das trockengefrorene Gras, Schnee lag nur noch in schattigen Mulden. »Nein, es kommt von draußen, schalt bitte das Gartenlicht an.« Taghell lag der Garten vor ihr.

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