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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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sie genäht.
    »Oh«, er machte eine ausschweifende Handbewegung, »oh, gut, gut.« Er knetete seine Finger, vermied ihren Blick. Sie schwieg entschlossen. »Also, um ehrlich zu sein«, sprudelte er plötzlich los, »es geht ihnen nicht gut! Meine Mutter hat's auch im Rücken, und ich bin mit dem Studium fertig und kriege keine Anstellung. Wir brauchen das Geld, meine Schwester ist auch arbeitslos.« Der Espresso war sehr heiß. Sie trank ihn langsam. »Was machst du also?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Was soll ich schon machen? Renne zum Arbeitsamt, schreibe Bewerbungen. Passieren tut nichts, meine Zensuren sind nicht Spitze.«
    Karsten war groß und kräftig mit einem gut geschnittenen, offenen Gesicht. Ein charmanter Kerl, sportlich, immer zu Spaßen aufgelegt, so kannte sie ihn von früher. »Hast du schon mal über einen Auslandsaufenthalt nachgedacht?« »Sie meinen nach Amerika gehen oder so?«
    »Richtig, aber vielleicht eher in die Entwicklungsländer. Du kannst doch Englisch und Französisch. Ich bin sicher, als Maschinenbauer würde man sich nach dir die Finger lecken, in Afrika zum Beispiel oder Asien oder Südamerika.«
    »Aber dann verlier ich hier den Anschluss, und wer weiß, was dann mit meiner Rente wird.« »Karsten, du bist doch erst fünfundzwanzig oder so, du hast noch 166
    rund vierzig Jahre bis zur Rente!« Sie unterdrückte die impulsive Frage ob er sich schon einen Platz für sein Grab ausgewählt habe. Die Jugend war manchmal recht humorlos, außerdem sah der Junge ziemlich elend aus. »Afrika oder Asien, wenn dir das lieber ist, das ist doch aufregend. Allein für das Essen in Asien würde ich zu Fuß dorthin gehen.«
    »Ich hab gehört, dass die da Schlangen essen.« Seine hellblauen Augen lächelten nicht.
    Sie seufzte verstohlen und ergriff seine Hände. »Karsten, du bist jung und kerngesund, du hast eine Ausbildung, die Welt ist groß, das Leben ist ein Abenteuer. Hast du nie das Gefühl, dass hinter der nächsten Ecke irgendetwas Tolles auf dich wartet?« »Tolles? Nein, nein, wirklich nicht! Wo ich hinsehe, Arbeitslose, Krankheit und soziale Probleme. Außerdem will die Regierung das Arbeitslosengeld kürzen... und überall auf der Welt schlagen sie sich die Köpfe ein«, setzte er hinzu. »So siehst du die Welt?«
    »Ich nicht allein, viele meiner Freunde sehen sie so.« »Sei froh, dass es hier ein Arbeitslosengeld gibt, dass gekürzt werden kann.« Sie lehnte sich vor, ihre Augen sprühten. »Ihr tut mir Leid, Karsten. Ich glaube immer noch, dass hinter jeder Ecke eine wunderbare Überraschung auf mich warten könnte. Du könntest für eine Firma oder für die Entwicklungshilfe nach Afrika gehen, den Leuten dort helfen, vielleicht eine kleine Fabrik aufbauen. Palmöl, oder was immer sie brauchen, produzieren.« Sie redete sich in Begeisterung. »Vielleicht findest du einen Markt für die Produkte, dann fängst du ein weiteres Projekt an, vielleicht kaufst du von dem Erlös Nähmaschinen und richtest eine Schneiderei ein, die geht immer in solchen Ländern. Vielleicht kannst du einen Auftrag von einem europäischen Modehaus ergattern. Alles ist möglich! Ich garantiere dir, dass jede deutsche Firma, die hier einen Maschinenbauer sucht, dich mit Handkuss nehmen würde, wenn du so einen Unternehmungsgeist nachweisen kannst.« Ihre Wangen hatten sich gerötet, ihre Augen strahlten.
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    Er sah sie an. Ein Funke ihres Enthusiasmus entzündete ein unsicheres Lächeln auf seinen Zügen. »Meinen Sie?« »Du bist noch so jung, hast du keine Träume?
    Du musst doch Träume haben! Nimm einen, halte ihn fest, Karsten, und renne!«
    »Aber was ist im Alter?«
    Sie lachte. »Woher weißt du, ob du lange genug lebst, um alt zu werden? Stell dir vor, ein Balkon in Rio fällt dir auf den Kopf!« Sie fing seinen verständnislosen Blick auf. »Das ist zwischen lan und mir das Synonym für den Spruch, man weiß nie, was morgen passiert. Ein Bekannter von uns führte ein sehr abenteuerliches Leben. Er ist allein um die Welt gesegelt, durch den Urwald am Amazonas gekrochen, hat sich mit Grizzlys angelegt und zwischen Haien getaucht. Nie passierte ihm etwas. Dann buchte er ein paar Tage in einem Luxushotel in Rio. Am ersten Morgen trat er bei schönstem Sonnenschein vor die Tür, ein Balkon, dessen hölzerne Streben von Termiten zerfressen waren, löste sich und fiel ihm auf den Kopf. Man hat ihn dann vom Pflaster abkratzen müssen.«
    Karsten druckste, biss sich auf die Lippen, dann gewann das

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