Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
den Inhalt des Glases ohne zu zögern herunterkippte.
Zur Überraschung aller bedankte er sich aber lediglich bei Hilda.
»Hm«, flüsterte Hilda ihnen zu und grinste, »wenn das kein Beweis dafür ist, dass der Mann keinerlei Geschmack hat …«
Christabel kicherte und gab der Freundin einen spielerischen Klaps auf die Hand.
Einmal mehr bewunderte Pippa den Humor der beiden Damen, der ihnen immer wieder durch schwere Krisen half. Keine von ihnen war gewillt, sich kampflos Schocksituationen, Rückschlägen, drohender Depression oder Verbitterung zu ergeben. Stets zogen sie sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf und blickten nach vorne.
Ich habe bisher von keiner der beiden gehört, dass sie je mit ihrem Schicksal gehadert hätten, dachte Pippa. Entweder sind sie Meisterinnen der Verdrängung, oder sie beherrschen die Kunst, bereits im Übel die Quelle der Heilung zu erkennen.
»Christabel, wir sollten Melitta Wiek und Severin junior informieren«, sagte Pippa kurz entschlossen.
Die alte Dame blickte sie erstaunt an. »Wieso das?«
»Hollwegs Tod, die Polizei in der Manufaktur … Niemand weiß, was die nächsten Tage bringen. Das ist Grund genug, Severin mitzuteilen, was hier inzwischen passiert ist. Denken Sie nicht, Ihr Stiefsohn würde das von Ihnen erwarten? Und Melitta Wiek wird an Ihrer Seite sein wollen, um Sie zu unterstützen.«
»Ich habe doch Sie an meiner Seite«, erwiderte Christabel. »Sie sind mir Stütze genug. Die beiden haben sich ihren Urlaub verdient.«
»Auch wenn sich Severin in erster Linie für seine Hunde interessiert, ist er leitender Mitarbeiter von Lüttmanns Lütte Lüd . Und er wird hier jetzt gebraucht«, insistierte Pippa.
Nach einem Moment des Nachdenkens fragte Christabel: »Welcher Tag ist heute?«
»Ich weiß, die beiden sind erst seit sechs Tagen unterwegs, aber trotzdem …«
»Das Datum«, fiel die alte Dame ihr ins Wort.
»Dienstag, der 2. April.«
Christabel nickte. »Dann geben wir den beiden noch ein wenig Zeit und lassen sie, wo sie sind. Stattdessen überlegen wir, ob der Tod meines Betriebsleiters tatsächlich gestern eingetreten ist und damit ein sehr böser Aprilscherz war.«
»Böser Aprilscherz? Das klingt nach einer guten Schlagzeile!«
Unbemerkt hatte Sebastian Brusche die Ade-Bar betreten. Wie aus dem Boden gewachsen stand er am Tisch und sah neugierig von einer zur anderen.
Pippa wollte ihn gerade höflich bitten, woanders nach Neuigkeiten zu suchen, als Christabel sagte: »Sie kommen wie gerufen, Brusche. Wir können Unterstützung jeglicher Art gebrauchen. Diese Ereignisse erfordern eine Sonderausgabe des Ciconia Courier . Ein Journalist Ihres Kalibers ist dafür doch sicherlich bereit, auf seine Nachtruhe zu verzichten.«
Sebastian Brusche, der sich sichtlich darauf eingestellt hatte, verjagt zu werden, starrte Christabel verblüfft an. »Ich verstehe nicht. Sie wollen , dass ich berichte?«
Die alte Dame ignorierte souverän sein Erstaunen. »Hintergrundberichte, Statements aus sogenannten gut informierten Kreisen, Interviews, Pressemitteilungen der ermittelnden Behörde, ein chronologischer Ablauf der Ereignisse, die Vorgeschichte der Opfer, Meinungen von Unbeteiligten … muss ich Ihnen wirklich erklären, wie Sie in einem derartigen Fall vorzugehen haben?«
»Ich … ja … nein …«, stotterte Brusche und musterte Christabel misstrauisch, hin- und hergerissen zwischen seiner beruflichen Neugier und der langsam dämmernden Erkenntnis, dass er gerade instrumentalisiert wurde.
Christabel deutete auf Bartels. »Zufällig sitzt dort drüben jemand, der bestens informiert ist. Mit dem können Sie beginnen. Herr Bartels kann Ihnen alles über Maximilian Hollwegs Werdegang bei Lüttmanns Lütte Lüd erzählen.«
Sofort holte Brusche sein Diktiergerät aus der Manteltasche und setzte sich zu Bartels, der das Auftauchen interessierten Publikums dazu nutzte, die Frequenz seiner zwischenzeitlich verebbten Schluchzer wieder zu steigern.
»Grauenvoll, grauenvoll«, stieß Bartels unter Tränen hervor, »vor Ostern haben wir noch gemeinsam den Geburtstag von Frau Gerstenknecht geplant! Es sollte ein so schönes Fest werden. Und jetzt? Das ist einfach nicht fair!«
Die Blicke von Anett Wisswedel und Pippa trafen sich, und Pippa las in der Miene der jungen Frau ähnliche Gedanken wie ihre eigenen: Was war nicht fair? Dass über Christabels Geburtstagsfeier ein Schatten fiel oder dass Hollweg der Tote war und damit im Mittelpunkt des allgemeinen
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