Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)

Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)

Titel: Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller
Vom Netzwerk:
auf einem Stapel Bierkisten neben der Treppe thronte, als säße sie auf einem Sessel in der Lobby eines Fünf-Sterne-Hotels. Sie trug Jeans und einen Kaschmirpullover, der farblich auf ihre Handschuhe und den Seidenschal abgestimmt war. Eine stabile Gehhilfe mit vier Gummifüßen lag über ihren Knien. Wie eine Sphinx ruhte neben ihr ein mächtiger Malamut, den der Kommissar eher vor einem Schlitten in Alaska als in einer Dorfschänke mitten in der Altmark erwartet hätte. Herrin und Hund sahen den Kommissar gelassen an, beide aus eisblauen Augen von exakt derselben Farbe.
    Als könnte sie Seegers Gedanken lesen, sagte die alte Dame plötzlich: »Niemand hat ihn angerührt.« Ihr Blick wanderte zum tropfenden Hahn im Spundloch des Fasses. »Wir haben nicht einmal den Hahn zugedreht. Wäre ohnehin zu spät gewesen. Bornwasser war schon tot.«
    »Sie haben den Toten gefunden, Frau Gerstenknecht?«, fragte Seeger freundlich und zückte sein Notizbuch.
    Die alte Dame schüttelte den Kopf. »Das war Severin. Mein Stiefsohn, Severin Lüttmann.«
    Sie hob ihre vierfüßige Gehhilfe und stieß sie gegen die Wade des Mannes auf der Treppe, der noch immer versuchte, sich an den Gaffern vorbeizudrängen. »Severin, komm her. Und Sie auch, Melitta!«
    Christabel Gerstenknecht machte eine ungeduldige Handbewegung, und ihr Stiefsohn und die Frau in seiner Begleitung kamen die Stufen wieder herunter. Christian Hartung wollte sie aufhalten, aber ein Blick Seegers stoppte ihn.
    Selbst im Halbdunkel des Kellers wirkte Severin Lüttmann kreidebleich. Er vermied es angestrengt, der Leiche zu nahe zu kommen oder in ihre Richtung zu blicken.
    »Severin, berichte!«, befahl die alte Dame in einem Ton, der jeden Widerspruch ausschloss. »Aber der Reihe nach. Und verständlich.« Sie begann, ihre langen Handschuhe sorgfältig und konzentriert glattzuziehen, bis sie zu den Ellbogen reichten.
    Feinstes Ziegenleder, dachte Seeger, handgenäht. Die sitzen wie eine zweite Haut – aber wieso trägt sie die im Haus? Als Schutz vor Druckstellen durch die Gehhilfe?
    »Ich kam runter, die Kellertreppe, meine ich.« Severin Lüttmann stellte sich neben die alte Dame. Er sprach mehr zu ihr als zu Seeger. »Und da lag er. Harry Bornwasser, meine ich. Ich dachte noch, wo will der denn den Kuckuck hinkleben? Unter das Fass? Aber dann habe ich gesehen, dass der Kuckuck schon neben dem Zapfhahn klebte und dass der Bornwasser ein bisschen zu ruhig dalag. Und da bin ich ganz schnell wieder nach oben und …«
    »Wir waren mit Gerichtsvollzieher Bornwasser in der Schankstube verabredet«, fiel Christabel Gerstenknecht ihrem Stiefsohn ins Wort. »Wir wollten ihm ins Gewissen reden. Für den Fall, dass er sich nicht verhandlungsbereit zeigte, wollten wir die Fässer auslösen.«
    Seeger zog die Augenbrauen hoch, und wieder beantwortete Christabel seine Frage, bevor er sie stellen konnte.
    »Ganz richtig«, sagte sie. »Wir wollten die Schulden des Wirts bezahlen.«
    Seeger wusste, dass er sein »Wieso das denn?« nicht aussprechen musste, tat es aber, um sich das Zepter nicht völlig aus der Hand nehmen zu lassen.
    »Ich bin schuld an seiner misslichen Lage«, sagte Christabel, und Seeger registrierte den Stolz in ihrer Stimme. Ehe er auf ihre Auskunft reagieren konnte, kam Christian Hartung die Kellertreppe herunter. Er hatte es endlich geschafft, die Tür zu schließen und die Neugierigen auszusperren.
    Breitbeinig und mit vor der Brust verschränkten Armen baute er sich vor der alten Dame auf, blitzte sie aus schmalen Augen an und schnarrte: »Ach ja? Sie sind schuld? Und wieso das?«
    Christabel Gerstenknecht zuckte nicht mit der Wimper, als sie eisig erwiderte: »Wenn der Kuchen redet, haben die Krümel Pause, junger Mann.« Sie wandte sich der Frau zu, die hinter Severin Lüttmann stand. »Melitta, helfen Sie mir hoch. Ich möchte gehen.«
    Sowohl die Angesprochene als auch Severin Lüttmann bemühten sich sofort um Christabel. Auch Seeger und Hartung machten instinktiv einen Schritt auf sie zu. Weiter kamen sie nicht, denn der Hund sprang auf und fixierte sie so drohend, dass die Beamten zu Salzsäulen erstarrten.
    »Unayok. Ruhig«, sagte die alte Dame leise.
    Das Tier setzte sich wieder, blieb aber aufmerksam.
    Phantastisch abgerichtet, dachte Seeger beeindruckt, und das gilt nicht nur für den Hund. Die menschlichen Satelliten der Lady wissen genau, was ihnen blüht, wenn sie ohne Erlaubnis ihre Umlaufbahn verlassen. Wie hat sie das geschafft? Und

Weitere Kostenlose Bücher