Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Plan für den Notfall ausgedacht.
    Vielleicht hatte die erfreuliche Atmosphäre des ersten Tages ja Hoffnungen in ihm geweckt, daß doch noch alles gutgehen würde. Irgendwann, wahrscheinlich bevor alle ins Bett gingen, gelang es ihm, Pam unter vier Augen zu sprechen und ihr die Neuigkeit beizubringen.
    Ich bezweifele, daß ihre spontane Reaktion ermutigend war. Doch alle Hoffnung löste sich in nichts auf, als er am nächsten Tag eine Nachricht von ihr erhielt. Wir kennen nur die wenigen Worte, die nach ihrem Tod gefunden wurden, aber Superintendent Tallantires Rekonstruktion wird vermutlich dem Wortlaut ziemlich nahekommen.
    Mick, ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, und es geht nicht – Ich kann es nicht aushalten – Lieber zerstöre ich alles – Wenn du keinen Rückzieher machst, werde ich dafür sorgen, daß George MacFee alles über uns erfährt – und über deine Schulden – glaub mir – ich tu es wirklich – laß uns noch einmal miteinander reden – ich flehe dich an –
    Ihr Benehmen während des Tages wurde immer exzentrischer. Mickledore erkannte, daß keine Zeit zu verlieren war. Außerdem erkannte er, daß Pam ihm einen sehr nützlichen Abschiedsbrief in die Hände gespielt hatte, wenn er ihn ein wenig bearbeitete.
    Und dann beging er seinen einzigen Fehler, ganz nach der besten Tradition des goldenen Zeitalters. Es ist schwer verständlich, warum sich ein Mann, der verzweifelt eine Frau loswerden will, die ihm bei seinen Plänen dazwischenfunkt, einer anderen ausliefert. Vielleicht ließ er sich von der Überzeugung leiten, die ja auch durch Cissys Aussage bestätigt wurde, daß das Kindermädchen mehr gegen seine Affäre mit Pam als gegen seine Heirat mit einer ungeliebten schottischen Erbin hatte.
    Aus welchen Gründen auch immer bat er sie um Hilfe, wobei er nicht voraussah, daß die Realität der Bluttat und das Ertrinken der kleinen Emily Westropp sie so mitnehmen würden, daß sie in den Händen eines rücksichtslosen, entschlossenen Mannes wie Walter Tallantire weich wie Butter werden würde.
    »Was nun?« sagte der Mann mit dem harten Gesicht. »Ab ins Präsidium mit den beiden?«
    Tallantire erwiderte lächelnd: »Noch nicht. Er liebt es, einen auf wirklich rückständig zu machen, also laß uns die Dinge richtig und im alten Stil vollenden. Sag Sir Ralph und seinen Gästen, daß ich sie in einer halben Stunde in der Bibliothek sprechen möchte.«
    Und so kam es dann auch. Wegen Tallantires starker Abneigung gegenüber Mickledore und seinem Sinn für beißende Ironie sollte der letzte Mord des Goldenen Zeitalters auch wie im Goldenen Zeitalter üblich enden, indem alle Verdächtigen sich für die endgültige Aufklärung des Falles in der Bibliothek versammelten.
    Ein langwieriges Aufdröseln gab es eigentlich gar nicht. O ja, ich war auch zugegen. Bei so langer Vorankündigung war es mir ein leichtes gewesen, Wendy zu holen und ein Versteck in den modrigen Falten der Samtvorhänge vor dem großen Erker zu finden.
    Tallantire kam direkt zur Sache. Er sprach mit dem Gewicht und der Sicherheit eines Mannes, der jeden Zweifel ausgeräumt hat.
    »Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß der Tod Mrs. Westropps weder durch einen Unfall noch durch Selbstvernichtung herbeigeführt wurde. Ich bin überzeugt, daß sie ermordet wurde.«
    Ich hörte, wie alle nach Luft schnappten. Ich konnte den Schock fühlen. Ich glaube, es war Partridge, der sagte: »Aber die Kammer war von innen abgeschlossen!«
    »Das glaube ich nicht. Es ist zwar richtig, daß der Schlüssel auf der Innenseite steckte, aber er war nicht so tief ins Schloß geschoben, daß er gestört hätte, wenn ein Schlüssel von außen gedreht worden wäre.«
    »Aber er ließ sich nicht drehen«, hörte ich meinen Vater sagen. »Ich habe es doch selbst versucht. Das Schlüsselloch war blockiert, bis wir den Schlüssel auf der Innenseite losegerüttelt hatten.«
    »Auch das glaube ich nicht«, wiederholte Tallantire. »Ich habe versucht, von außen einen Schlüssel zu drehen, wenn innen ein Schlüssel richtig im Loch steckte, und Sie haben recht, Sir, der Schlüssel ließ sich nicht drehen. Andererseits habe ich mich mit aller Wucht eine Viertelstunde lang gegen die Tür geworfen, und es ist mir nicht gelungen, den inneren Schlüssel zu lockern. Schlußfolgerung? Ich glaube, daß der innere Schlüssel nie richtig im Loch steckte.«
    »Aber verdammt, wie erklären Sie dann, daß wir den Schlüssel nicht drehen

Weitere Kostenlose Bücher