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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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und hier gilt eine andere Hausordnung.«
    »Ich bin so still wie ein Mäuschen, Sie merken kaum, daß ich hier bin«, versprach Dalziel.
     
    Die Skyline von Manhattan stand wie ein dramatischer Fries vor dem Abendhimmel, als Dalziels Taxi den East River überquerte, doch der Dicke war nicht in der Lage, den Anblick zu würdigen. Seit Mad Jack Dutot ihm seine zweiläufige Kanone in die Eier gedrückt hatte und er sich für rechts oder links entscheiden sollte, hatte er sich nicht mehr so gefürchtet.
    Als das Taxi ihn vor seinem Hotel in der Seventh Avenue absetzte, zählte Dalziel das Fahrgeld bis auf den letzten Cent ab. Der Fahrer sah ihn erwartungsvoll an.
    »Soll ich Ihnen ein Trinkgeld geben?« fragte Dalziel.
    Der Mann schürzte die Lippen mit einem Ausdruck, der zwar Zustimmung ausdrückte, aber nicht um ein Almosen bettelte.
    »Ich gebe Ihnen statt dessen lieber einen heißen Tip. Kaufen Sie sich ein Flugzeug und lassen Sie die Leute mit dem Fallschirm abspringen. Dann leben Sie länger und Ihre Kunden ebenfalls.«
    Er ging ins Hotel, gefolgt von dem Aufschrei: »Leck mich doch, du alter Fettsack!«
    Das Hotel war nicht großartig, aber es war auch keine Absteige. In der Heimat war es früh am Morgen. Er stellte den Koffer auf sein Zimmer und ging zur Cafeteria in der ersten Etage, wo er sich ein herzhaftes Abendessen aus Hamburgern und Pommes frites zu Gemüte führte. Als er wieder in seinem Zimmer ankam, war es nach amerikanischer Zeit noch zu früh, um zu Bett zu gehen, aber sein Körper war da ganz anderer Meinung, und so entschloß er sich zu einem Kompromiß, zog die Schuhe aus, leerte seinen zollfreien Scotch und streckte sich auf dem Bett aus.
    Als er vier Stunden später erwachte, hatte er von Mad Jack Dutot und der Schrotflinte geträumt. Der Traum war zwar schlimm, aber kein Alptraum gewesen. Ein wahrer Alptraum war damals die Wirklichkeit gewesen, bis Wally Tallantire ins Zimmer gekommen war und Dutot hoch und heilig versicherte, daß er zwar einen der beiden Läufe dazu verwenden könne, um Dalziels Familienjuwelen im Zimmer zu verteilen, daß der andere Lauf dann jedoch geradewegs in Mad Jacks eigenem Arsch landen würde.
    Dutot, der trotz seines Spitznamens ein durchaus vernünftiger junger Mann war, wenn man die Bereiche Bankraub und Fußballclub Sheffield Wednesday ausklammerte, erwiderte: »Verdammte Scheiße. Ist eh nicht geladen« und richtete die Waffe zum Beweis auf den eigenen Fuß.
    Im Schutz von Detonation, Rauch, Zer- und Verteilung des Fußes und des lauten Aufschreis konnte Dalziel den Raum verlassen und sich säubern. Als er Tallantire danken wollte, sagte dieser: »Ein kleiner Rat, Junge. Wenn du das nächste Mal den Helden spielen willst, zieh vorher Plastikhosen an oder einen braunen Anzug.«
    Dalziel rollte sich vom Bett, zog sich aus, ging ins Badezimmer und blieb so lange unter der kochendheißen Dusche, bis die britische Zeit, sowohl Vergangenheit als auch Gegenwart, aus seinem System gespült war. Auf dem Weg in sein Zimmer trocknete er sich den Schritt energisch mit dem Handtuch ab und hatte endlich das Gefühl, hundertprozentig in New York zu sein – da erhielt er sogleich die Bestätigung in Gestalt eines blassen jungen Mannes, der seinen Koffer durchsuchte.
    Sofern das möglich war, machte der junge Mann ein noch entsetzteres Gesicht als Dalziel, doch das war nur ein geringer Trost, denn er zog sofort eine kleine Handfeuerwaffe aus dem Hosenbund und schrie: »Stehenbleiben!«
    »Aber sicher doch, Junge«, sagte Dalziel besänftigend. »Seh ich so aus, als würde ich dir das Leben schwermachen?«
    Er meinte es ganz ehrlich. Durch die Lektüre der britischen Boulevardblätter hatte er gelernt, daß es in New York von drogenabhängigen, halb wahnsinnigen Straßenräubern mit Junk-guns, die beim ersten Furz losgingen, nur so wimmelte. Plötzlich überwältigte ihn tiefe Sehnsucht nach Mad Jack Dutot.
    Er warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Acht Stunden in diesem verdammten Land, und er hatte bereits Scherereien mit einer Kunstschmugglerin, einem mordlustigen Taxifahrer und einem nervösen Hoteldieb gehabt. Er konnte nur in
Vorsicht Kamera!
geraten sein. Falls das stimmte, hatte der Dieb allerdings Probleme mit seinem Text.
    Es war wohl an der Zeit, ihm auf die Sprünge zu helfen. Sonst kam der junge Mann mit den Sprachproblemen womöglich auf die Idee, daß Pistolen lauter als Worte sprechen.
    »Wollen Sie denn nicht meine Uhr haben? Es ist eine gute, sie

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