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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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kann Gott weiß was für einen hohen Luftdruck aushalten. Ich bin allerdings nie dahintergekommen, warum man davon ausgeht, daß jemand, dem die Augen geplatzt sind, wissen will, wieviel Uhr es ist.«
    Beim Sprechen machte er einen Schritt nach vorn und zog die Uhr vom Handgelenk. Als er sie aufs Bett warf, sah er, wie der Blick des Mannes ihren Flug verfolgte, warf das dicke Duschtuch über die Waffe, drehte sich mit dem trügerischen Tempo eines erbosten Bären zur Seite und traf den jungen Mann mit einer Faust wie ein Dampfhammer hinter dem Ohr. Der Schuß ging los.
    Er zog sich an. Ein nächtlicher Schuß galt in New York eindeutig nicht als Aufforderung für den Zimmerservice, er nahm also den Hörer ab, nachdem er sein Hemd zugeknöpft hatte, und wählte die Rezeption.
    »Zimmer 709«, sagte er. »Können Sie mir einen Sicherheitsbeamten nach oben schicken? Ach ja, und wenn Sie schon mal dabei sind, dann informieren Sie doch bitte auch das Zimmermädchen, daß ich ein frisches Badetuch brauche.«

Zwei
    »Ich bin Doktor … laß mich dich untersuchen.«
    »Brauch keine Untersuchung. Laßt’s nur gehen.«
    W arnen Ihre Kollegen Sie nie vor dem Rauchen?« fragte Peter Pascoe, als sich Dr. Pottle eine weitere Zigarette an dem Stummel zwischen seinen Lippen anzündete.
    »Ich gebe ihnen zur Antwort, daß ich mich aus ihren Köpfen raushalte, wenn sie sich aus meiner Lunge raushalten.«
    Pottle war der Chef der psychiatrischen Abteilung im Zentralkrankenhaus. Pascoe wandte sich Dalziels Skepsis zum Trotz seit Jahren an ihn, wenn er für einen Fall einen Gutachter brauchte. Das war auch der Grund, warum er heute hier war, beruhigte er sich und hätte die Beruhigung überzeugender gefunden, wenn der Fall, den er Pottle vorlegen wollte, nicht ausgerechnet der Mord auf Mickledore Hall gewesen wäre. Nachdem Dalziel abgereist war, hatte er sich geschworen, und er hatte es ernst gemeint, daß er sich nun aus den Ermittlungen raushalten würde. Nachdem die anfängliche Euphorie, Dalziel losgeworden zu sein, abgeklungen war, stellte er fest, daß er seltsamerweise nicht in der Lage war, seine Freiheit zu nutzen und die Kripo etwas mehr nach seinen Vorstellungen zu formen. Ellie war noch immer bei ihrer Mutter. Ihre Telefongespräche setzten sich zu gleichen Teilen aus den Sorgen zusammen, die Ellie sich um ihre Mutter machte, und den Schmähreden, mit denen sie die Ärztin ihrer Mutter bedachte, und Pascoe fühlte sich außerstande, den stillschweigenden Waffenstillstand über ihren persönlichen Kampf zu brechen. Er war zum Zentralkrankenhaus gekommen, um Sicherheitsfragen zu erörtern, nachdem man einen mehrfach vorbestraften Sexualtäter erwischt hatte, wie er sich in einer Toilette in der Nähe der Kinderstation verstecken wollte. Als Pascoe fertig war, verschob er seine Rückkehr ins Büro und ging statt dessen spontan zu Pottle. Und als der Arzt sagte: »Ja, ich habe erstaunlicherweise einen Augenblick Zeit. Was kann ich für Sie tun?«, war ihm nichts anderes als der Mickledore-Fall in den Sinn gekommen.
    Schließlich kam ihr Gespräch zu einem Ende. Er konnte nur noch gehen. Statt dessen hörte er sich die Bemerkung über das Rauchen machen.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Geht mich nichts an.«
    »Das ist okay. Nett, daß sich jemand Gedanken um meine Gesundheit macht. Und Sie, Peter? Wieder ganz genesen?«
    Pascoe fiel auf, daß Pottle ihn beim Vornamen nannte. Sie waren nicht unbedingt Freunde. Vielleicht ging das gar nicht bei zwei Männern, die aufgrund ihrer Berufe immer automatisch auf der Hut waren. Aber sie hatten ein Stadium erreicht, wo sie einander liebevollen Respekt zollten. Pascoe versuchte sich an Pottles Vornamen zu erinnern.
    »Ja, es geht mir gut. Ich bin seit ein paar Tagen allein. Ellie und Rosie sind weggefahren. Es ist wegen ihrer Mutter. Mein Schwiegervater ist krank, Alzheimer, vielleicht habe ich es einmal erwähnt. Er ist jetzt in einem Heim, aber die Belastung für meine Schwiegermutter …« Er erklärte zuviel. Er versuchte einen beiläufigen Abgang. »Wenn Sie also gut spülen und bügeln können – ich kann Hilfe gebrauchen.«
    »Ich würde Ihnen gern nach Kräften helfen, Peter«, sagte Pottle ruhig. »Was wollen Sie genau?«
    Vielleicht hat der Zigarettenrauch ja doch eine Funktion, dachte Pascoe. Er schafft eine Art Barriere, hinter der das zerknitterte Gesicht mit dem großen Einstein-Schnauzer auf Beichtstuhldistanz rückt.
    Er holte tief Luft, atmete eine satte Portion

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