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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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damit anfangen. Daraufhin holte seine Begleiterin einen Stadtplan aus der Tasche und zeichnete die Stelle ein.
    »Das Viertel heißt Upper West Side. Dort stehen Apartmentblocks. Sehr teure Gegend.«
    »Ich hatte nicht den Eindruck, daß Waggs nach Geld stank.«
    »Es ist nicht seines. Daves Kontakte vermuten, daß es von seinen Geldgebern kommt.«
    »Geldgebern?«
    »Ja. Waggs macht Geschäfte. Sie wissen schon, er ist einer von den Leuten, die immer mehr verkaufen, als sie in Wahrheit haben. Um die Sache mit Cissy Kohler ins Rollen zu bringen, hat er die Idee einer Finanzgruppe von der Westküste namens Hesperides verkauft. Sie haben in den vergangenen Jahren eine Menge ziemlich erfolgreicher Filme und Fernsehproduktionen auf den Markt gebracht. Alles sehr respektabel.«
    »Aber?«
    »Aber wenn man weiter zurückgeht, bis dahin, wo das Geld herkommt …« Sie zuckte mit den Schultern. »Bei sich zu Hause haben Sie wahrscheinlich ähnliche Verknüpfungen zwischen respektablem Großkapital und Gaunern.«
    »O ja. Wir nennen es Privatisierung. Was wollten Sie sagen?«
    »Daß es wohl nicht so einfach sein wird, an Waggs und die Frau heranzukommen. Erstens sind diese Apartmenthäuser mit Absicht so gebaut, daß unerwünschte Besucher draußen bleiben müssen. Zweitens wird Hesperides nicht unbedingt scharf darauf sein, daß sich jemand zwischen sie und ihre Investition drängt.«
    »Ich habe mich schon gefragt, warum Sie nicht einfach selbst hingeflitzt sind«, sagte Dalziel. »Eine Schlägerei hatte ich nicht kalkuliert. Vielleicht sollten wir noch einmal neu verhandeln.«
    »Vielleicht später«, sagte sie und drückte sein Bein, das zwischen ihren Beinen steckte. »Es kommt bestimmt eine Zeit, wenn ich armes, schutzloses Mädchen einen großen, starken Mann brauche.«
    »In diesem Fall«, sagte Dalziel, »sollte ich wohl besser noch ein paar Scheiben gebratenen Speck essen!«

Vier
    »Im strengsten Vertrauen … will ich Euch mitteilen, daß täglich Papiere und Geld durch die seltsamsten Überlieferer … zu uns hergebracht werden.«
    M r. Pascoe«, sagte Percy Pollock, »gestatten Sie, daß ich Ihnen Mrs. Friedman vorstelle.«
    Die Frau, die im Nebenzimmer des Blinden Seemanns neben ihm saß, war klein und grauhaarig. Sie hatte Apfelwänglein, trug ein Drahtgestell auf der Nase und entsprach mehr der Lieblingsoma in der Werbung als einer Strafvollzugsbeamtin im Ruhestand. Das Bild bekam die ersten Risse, als sie auf Pascoes Frage: »Dasselbe noch einmal?« das Glas zu ihm schob und sagte: »Einen großen Gin. Ohne alles.«
    Pascoe kam gleich zur Sache.
    »Mr. Pollock sagte mir, daß Sie in der Haftanstalt von Beddington arbeiteten, als Ihre Kollegin Daphne Bush starb?«
    »Als Cissy Kohler sie umbrachte, wollen Sie sagen?« Ihre Stimme war scharf, prägnant und gewöhnt, Befehle zu erteilen.
    »Richtig. Sie kannten also beide. Standen Sie auf vertrautem Fuß?«
    »Mit Daphne? Ziemlich vertraut.«
    »Und mit Cissy Kohler?«
    »Man entwickelt keine Vertrautheit zu den Häftlingen. Zumindest ich nicht. Aber ich kannte sie recht gut.«
    »Wie kam sie Ihnen vor?«
    »Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen, wissen Sie, was ich meine? Das machen viele von denen, die auf Dauer einsitzen. Wir schließen sie ein, und sie überleben, indem sie uns ausschließen.«
    »Gestört, meinen Sie?«
    »Nein. Nun, auf jeden Fall nicht
störend
. Sie tat, was man ihr sagte, ohne Theater zu machen. Und sie war nicht verlogen dabei, was auch vorkommt. Die anderen hatten Achtung vor ihr, aber sie hatte keine besonderen Freunde.«
    »Außer Daphne Bush?«
    »O ja. Daphne.«
    Mrs. Friedman nippte an ihrem Gin. Nun sah sie nicht mehr wie eine süße kleine Omi aus. Auch nicht mehr ganz so alt. Erst um die Mitte Sechzig, schätzte Pascoe. Und sie konnte es mit jedem aufnehmen.
    »War …
ist
Cissy Kohler lesbisch?«
    »Ich würde sagen, nein. Aber im Gefängnis besagt das gar nichts.«
    »Wie bitte?«
    Sie fuhr fort: »Jeder braucht Zuneigung. Wenn man lebenslänglich eingesperrt ist, muß man sich nach der Decke strecken. Es mußte noch nicht einmal körperlich sein. Es waren nicht die lausigen Verhältnisse, die zu Schwierigkeiten führten, sondern die Tatsache, daß die beste Freundin von X zu häufig Pingpong mit Y spielte.«
    »Cissy Kohler hatte doch aber keine Busenfreundinnen, sagten Sie?«
    »Nein. Daphne war die erste, die den Wall durchbrach, den sie um sich herum aufgebaut hatte.«
    »Wie war das möglich? Hat sich

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