Ins Leben zurückgerufen
hineingesprungen, und das Taxi fuhr los.
»So ein verdammter Frechdachs!« rief Dalziel.
»Passiert die ganze Zeit«, sagte Linda Steele gelassen.
»Mir nicht.«
Er hatte gesehen, daß das Taxi an der nächsten Kreuzung von der Ampel aufgehalten wurde. Jäh sprintete er los. In den Haftanstalten von Mid-Yorkshire gab es so manchen Insassen, der mit Überraschung entdeckt hatte, wie geschwind ein Mann von Dalziels Umfang sein konnte, wenn er nur richtig motiviert war. Dalziel kam bei dem Taxi an, riß die Tür auf und ließ sich hineinfallen.
»Was zum Teufel soll das?« schrie der Fahrgast wütend.
Dalziel, der viel zu sehr außer Atem war, um ein Wort herauszubringen, näherte sich mit seinem Haifischmaul dem Ohr des Mannes und brüllte los. Entsetzt riß der Mann seine Tür auf und landete auf dem feuchten Asphalt.
»Was, verdammte Scheiße, ist denn da hinten los?« wollte der Fahrer wissen.
»Du bist gerade entführt worden, mein Lieber«, keuchte Dalziel nach Luft schnappend.
Die Ampel wurde grün. Der Verkehr kam wieder in Bewegung.
Dalziel blickte zurück und sah Linda Steele, die mit ihren hohen Absätzen langsam, aber tapfer die Verfolgung aufgenommen hatte.
»Wohin also?« fragte der Fahrer, der sich mit dem Verkehr in Gang setzte.
»Libyen«, sagte Dalziel mit einem entschuldigenden Lächeln durch die rückwärtige Scheibe. »Aber vorher hätte ich gern, daß Sie noch einmal anhalten.«
Vielleicht wollte der Fahrer seinen unerwarteten Fahrgast möglichst rasch loswerden, auf jeden Fall war die Fahrt vom Flughafen im Vergleich der reinste Leichenzug gewesen. Aber so schnell ließ sich Dalziel nicht an die Luft setzen. Als der Fahrer vor dem Apartmentgebäude halten wollte, sagte Dalziel: »Nein, ein Haus weiter.«
»Jesusmaria! Entschließ dich gefälligst!«
Dalziel hörte gar nicht zu. Er beobachtete Cissy Kohler auf dem Gehsteig. Einen Augenblick schwankte er, was für ihn wirklich untypisch war, ob er sie ansprechen oder beobachten und verfolgen sollte.
Da wurde ihm die Entscheidung abgenommen. Ein zweites Taxi fuhr vor, Linda Steele stieg aus und Cissy Kohler ein. Es wäre ein leichtes gewesen, Linda Steele ein Zeichen zu geben, aber diesmal traf Dalziel eine bewußte Entscheidung.
»So, Ben Hur«, sagte er. »Folgen Sie dem Taxi!«
Eine halbe Stunde später hatte sich sein Problem um 50 Prozent vergrößert. Er konnte die Kohler immer noch ansprechen oder verfolgen. Aber er konnte auch in das Gebäude gehen, das sie gerade verlassen hatte, und versuchen herauszufinden, was sie darin gemacht hatte. Er konnte natürlich auch später zurückkommen, aber bis dahin wäre die Spur kalt. Jemanden mit dem Taxi zu verfolgen war im Stadtverkehr nicht einfach. Er hatte Glück gehabt, daß es bis hierher geklappt hatte. Und um mit ihr zu reden, wollte er eigentlich ein ruhiges Plätzchen, wo sie unter sich waren.
Vielleicht rationalisierte er aber auch nur seine uneingestandene Abneigung, persönlich mit der Frau zu sprechen.
Allmächtiger Gott! Nun dachte er schon wie der kleine Pascoe!
Er fällte seine Entscheidung. Cissy Kohler entfernte sich zu Fuß im Regen. Mochte sie doch gehen. Er wußte ja jetzt, wo die Höhle des Löwen war.
»Was schulde ich Ihnen?«, fragte er den Taxifahrer. »Abgesehen von meinem Leben?«
Auf einer kleinen, höchst dezenten Plakette über dem Eingang stand Allerdale Clinic. Er trat ein und befand sich in einem todschicken Foyer. Hinter einem Tresen lächelte ihn eine Empfangsdame einladend an. Wie Linda Steele schien sie an einem Übermaß an Zähnen zu leiden, langen Reihen vollkommen weißer Obelisken, glänzend, symmetrisch, wie ein Militärfriedhof nach einem schlimmen Krieg. Er erwiderte ihr Lächeln und fragte sich, ob er sie täuschen oder bestechen sollte.
»Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« fragte sie.
»Ja. Vielleicht. Nicht unbedingt mir. Meiner Frau«, improvisierte er und entschied sich dafür, es mit Täuschung zu versuchen, denn wenn sie sich einen solchen Kieferorthopäden leistete, war die Brieftasche eines Polizisten wahrscheinlich nicht ausreichend gefüllt.
»Ist sie schon lange leidend?« fragte die Frau mitfühlend.
Dalziel, der seine Frau seit nahezu 20 Jahren nicht gesehen hatte, hoffte es von ganzem Herzen.
»Lang genug«, sagte er unbestimmt. »Diese Klinik wurde mir von einer Freundin empfohlen, Miss Kohler. Sie sagte mir übrigens, sie würde vielleicht heute hier vorbeikommen. Sie haben sie nicht gesehen, oder?«
»Tut
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