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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Bescheid, falls er sich mit Ihnen in Verbindung
    setzt?»
    «Natürlich», sagte Frances.
    «Und, Ma’am... Danke für das Bild. Ich lasse es kopieren und Ihnen zurückbringen.»
    Frances fuhr über Bishophill nach Hause. Sie hielt an der Sackgasse nicht an, fuhr aber langsam vorbei. Das Haus war immer noch völlig dunkel. Der Cortina war auch nicht da. Der Mann in dem Cortina war nicht da.
     



Kapitel 16
     
    Sam redete mit einer netten, hausbackenen alten Dame namens Miss Allison. Sie war mit den Leuten aus der Hausgemeinschaft befreundet gewesen, und ganz besonders mit Graham East. Sie erinnerte sich noch gut an Graham. «Er war ein trauriger Junge», erklärte sie Sam. «Er kam mit der Welt einfach nicht zurecht.»
    «Wer schon?»
    «Eigentlich keiner von uns, nehme ich an. Aber Graham war ein besonderer Fall. Er brauchte Hilfe.»
    Sam nahm ein Ingwerplätzchen von der silbernen Keksschale. «Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich tunke?» fragte er.
    Miss Allison lachte. Ein gutes Lachen, das aus ihrem drahtigen Hals perlte. Sie hatte schon sehr lange nicht mehr so gut gelacht. Es tat ihr wirklich gut, die Augen wurden lebendig und strahlten Sam nun an. Falls sie Alkohol im Haus hat, irgendeinen Stoff, wettete Sam mit sich, dann wird sie den jetzt auftischen.
    Aber vielleicht tranken Quaker-Frauen überhaupt nicht. Oder nur heimlich. Sam wußte es nicht. Todsicher machten sie aber einen
    guten Tee, serviert in Porzellantassen mit viel zu kleinen Henkeln, um einen Finger durchzuschieben. Oder wenn man ihn durchbekam, dann blieb er da stecken, mußte sich womöglich operieren lasen, um ihn wieder freizubekommen. Würde überhaupt kein Problem sein, den Henkel ab zubrechen, aber das würde Sam nicht tun. Damit würde er das alte Muttchen nur fix und fertig machen.
    «Ich mach’s auch», sagte sie, nahm ein Ingwerplätzchen aus der Keksschale und tunkte. Sam fand, daß jetzt ein Schwerlaster erforderlich war, um dieses Lächeln aus ihrem Gesicht abzuräumen. Sie grinste vor sich hin wie ein Speed-Freak. Noch ein guter Witz und sie würde einen Freudentanz vollführen.
    «Mochten Sie ihn?» fragte Sam.
    «Graham? Er war ein netter Junge», sagte sie. «Er wollte, daß die Welt anders war. Er wäre mit einer vornehmen Welt glücklicher gewesen. Er war ein Konservativer, so was wie ein Aristokrat des achtzehnten Jahrhunderts.» Sie warf Sam einen Blick zu. «Ist nicht gerade eine besonders gute Beschreibung, was?»
    «Ich stelle mir einen Burschen mit Perücke und Strumpfhose vor», sagte er. «Lackschuhe mit hohen Absätzen und Schnalle.»
    Wieder dieses Lachen. Jesus, er sollte sich besser etwas bremsen. Wollte schließlich nicht, daß sie womöglich noch einen Herzinfarkt bekam. Ja, so ist gut, trink einen Schluck Tee. Nicht daß noch so ein beschissener Krümel im Hals steckenbleibt.
    «Er war ein komischer Kauz», sagte Miss Allison. «In einer Schulklasse wäre er derjenige, auf dem alle anderen Kinder herumhacken. Er wäre der Sündenbock, ihn würde man drangsalieren. Er würde immer das Falsche sagen oder das Richtige auf die falsche Art.»
    «Könnte er jemanden umgebracht haben?»
    «Nein. Nicht kaltblütig genug. Er hatte mal einen Wutanfall. Einen ziemlich üblen. Er ist einmal über eins der Mädchen in dem Haus hergefallen. Ich glaube, jeder könnte aus dem Affekt heraus töten. Aber planen könnte er so etwas nicht. Es einfach so tun. Nicht Graham.»
    «Menschen können sich ändern», sagte Sam.
    «Finden Sie?» Miss Allisons Augen blitzten. «Meiner Erfahrung nach nicht.»
    «Man brütet lange Zeit über irgend etwas», sagte Sam. «Es geht einem durch den Kopf. Man muß den Kopf wieder freibekommen. Doktor Freud und all das.»
    «Doktor Freud hat mich noch nie sonderlich beeindruckt», sagte Miss Allison. «Nach seinen Theorien müßten Frauen wie ich psychotisch sein. Aber ich fühle mich ausgezeichnet.»
    Sam sah sie scharf an. Er wußte, was sie meinte. «Es könnte passieren», sagte er. «Manchmal überschreiten Leute die Grenze.»
    «Es ist eine Theorie», erwiderte die alte Dame. «Ja, es könnte passieren. Aber Sie fragen mich, ob ich glaube, daß Graham East, der Graham East, der in diesem Haus gewohnt hat, in der Lage war, einen kaltblütigen Mord zu planen und auszuführen.» Sie sah ihre Handflächen an und schüttelte den Kopf. «Darauf muß ich mit nein antworten», sagte sie. «Ich kann nicht glauben, daß er dazu fähig war.»
    «Kannten Sie jeden, der in dem Haus

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