Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
den kleinen Kobold alles zu spät ist.
Mittwoch, 21. März
Die traurigen Mamas aus Zimmer 12
Samy ist 25 Jahre alt und kommt aus Santo Domingo. Mit 12 Jahren wurde sie schwanger. Eine Tante traktierte sie daraufhin wutentbrannt mit einem Stock. Man sagte ihr, sie werde keine Kinder mehr bekommen können. Heute lebt sie in Italien. Sie brachte ein 700 Gramm schweres Frühchen zur Welt, das intubiert und in einen Brutkasten gelegt wurde und jetzt gegen die Gefahren eines vorzeitigen Starts ins Leben kämpft.
Carla ist 44 Jahre alt und im sechsten Monat. Sie erwartet Zwillinge.
Sie erzählt, dass es nicht ihre Kinder sind, sondern die ihres Mannes, der unbedingt welche haben wollte. Biologische Mutter ist ein bolivianisches Mädchen, das ihnen für 900 Euro zwei Eizellen verkauft hat. Das Paar hat die junge Frau im Katalog ausgesucht.
Teresa ist 27. Sie verließ ihren hochnäsigen Verlobten. Bei einem Wiedersehen eines Abends wurde sie schwanger. Ihr Verlobter ist seither verschwunden.
Sie hat entschieden, dieses Kind sei ihr Lebensinhalt. Es kam zu früh zur Welt und starb eine Minute nach der Geburt. Dieser Minute wegen hat das Kind jetzt einen Namen und eine Steuernummer.
Sonia ist Elasti-Mamas beste Freundin. Sie liegt im vierten Bett des Zimmers Nummer 12 der Gynäkologischen Abteilung eines Mailänder Krankenhauses. Es ist das Zimmer für die Notfälle. Sie liegt mit Samy, Carla und Teresa zusammen. Auch sie erwartete ein Kind. Sie war im achten Monat. Alles lief gut. Dann erlosch ein Licht - warum, weiß man nicht, sagen die Ärzte. Es war das Lebenslicht des Kindes.
Donnerstag, 22. März
Küchenfantastereien
Elasti-Mama müht sich in der Küche mit zwei Doraden ab.
»Mama, lass nur. Ich nehme die Doraden aus. Ich schneide den Bauch auf, hole das Ekelzeug raus und koche sie dann. Hab ich schon öfter gemacht.«
»Danke, mein Schatz, ich glaube, ich schaffe das schon ... Wie bitte? Wann willst du einen Fisch ausgenommen haben?«
»Als ich mit dem Opa T in Bologna wohnte, habe ich immer die Doraden ausgenommen, während er Zeitung las.«
Da haben wir es wieder. Er lässt dem Mythomanen in sich freien Lauf.
»Aha. Du hast allein in der Küche den Fisch zubereitet und der Opa hat gelesen. Früher oder später muss ich mal ein Wörtchen mit dem Opa reden ...«
»Aber nein, Mama. Wenn ich fertig war, habe ich zum Opa gesagt: ›Komm, es ist fertig‹, dann kam er, und wir haben Dorade gegessen und Schokogranita getrunken. Du weißt doch, Opa T ist ein Leckermaul. Wenn wir zusammen sind, essen wir immer viel Schokolade.«
»Aha. Und was haben Papa und Mama inzwischen gemacht?«
»Ach, Mama, das hab ich dir doch schon so oft gesagt. Als ich in Bologna und Neapel gelebt habe, waren Papa und du noch gar nicht geboren.«
»Oh, entschuldige, das hatte ich vergessen.«
»Aber aber aber ... manchmal war ich in Sorge, ihr könntet sterben.«
»Wie hätten wir sterben können, wo wir doch noch gar nicht geboren waren?«
»Ich war in Sorge, das genügt. Es hätte sein können, dass wir uns nie begegnet wären.«
»Aber wir haben Glück, wir sind uns begegnet und jetzt sind wir alle zusammen. Also musst du zufrieden sein und dir keine Sorgen machen.«
»Na gut, Mama. Und jetzt gib mir bitte die Doraden.«
Montag, 26. März
Danke, das Sandwich ist mir lieber
Isabella ist eine willensstarke, kapriziöse Vierjährige, die von sich behauptet, sie sei die Prinzessin des großen Hobbits.
Monogamie ist für ihn ein Fremdwort, aber Isabella ist die Favoritin in seinem Harem.
Wenn Isabella und der Hobbit sich treffen, wirft sie sich zu Boden und tut, als sei sie ohnmächtig. Bis der Hobbit sie küsst - und zwar direkt auf den Mund -, bleibt sie liegen, ohne sich zu rühren.
Die Kraft der Liebe im Vorschulalter ist so groß, dass die Prinzessin ihre gehorsamen Eltern dazu gebracht hat, um ihre Versetzung aus dem Ursulinen-Kindergarten in den des polygamen Hobbits zu bitten.
Heute Nachmittag ist Elasti-Mama, als sie den Hobbit aus der Vorschule abholen wollte, von ferne her Zeugin einer heftigen Diskussion zwischen Isabellas Mama und Dominatrix geworden.
»Ich habe es Ihnen schon erklärt, Signorina. Ich schreibe meine Tochter unter der Bedingung ein, dass sie in die gleiche Gruppe kommt wie der Hobbit«, sagt Isabellas Mama entschieden. »Meine Isabella und der Hobbit sind seit einer Ewigkeit verlobt. Sie lieben sich, verstehen Sie? Man darf sie nicht auseinanderreißen
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