Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
einem Mädchen, das nicht nur vor Clowns Angst hatte, sondern auch vor Neins, vor Erwachsenen und sogar vor den anderen Kindern. Allein mit einem Mädchen, das Joghurt und Tomaten aß - und sonst nichts. Allein mit einem komplizierten, sensiblen Mädchen. Ohne die Babysitterinnen hätten weder Oma K noch Elasti überlebt.
Die erste war Iaia aus Bergamo, eine Art Amme. Sie war weich und großzügig und ihr Gefühlsleben immer turbulent. Sie liebte Elasti und fünf Männer gleichzeitig. Von ihr hat Elasti-das-Mädchen eine gewisse Toleranz für Promiskuität gelernt, und den starken Akzent, der im Val Seriana gesprochen wird.
Dann kam Clelia. Sie hatte einen unwiderstehlichen Bruder, der Friseur war, sowie eine faszinierende, lautstarke Familie. Clelia nahm Elasti nachmittags mit ins Kino an der Ecke, wenn Liebesfilme liefen. Während Clelia vor Sehnsucht verging und die Nase hochzog, schnarchte Elasti, was die wenigen, doch sensiblen Zuschauer störte.
Kurzzeitig gab es Angela, eine angehende Schauspielerin, depressiv und, seit sie zwölf ist, in Psychoanalyse. Wenn sie bei Elasti war, rezitierte sie Shakespeare und weinte. Sie konnte ihre Augenlider umstülpen und jagte Elasti damit panischen Schrecken ein. Als Oma K das erfuhr, schickte sie sie fort, und Laura trat an ihre Stelle.
Laura war mit ihren langen, rabenschwarzen Haaren und ihren lachenden Augen eine ausgesprochene Schönheit. Sie sang todtraurige Liebes- und Kampflieder, Addio Lugano bella und La Ballata dell'amore cieco, I morti di Reggio Emilia und El pueblo unido.
Elasti sang die rührseligen wie die heroischen Balladen aus voller Kehle nach.
Laura hatte einen grausamen Verlobten, unter dem sie sehr litt. Er hieß Sergio und hatte einen Lockenkopf.
»Sergio hat mir dieses Kettchen geschenkt. Man kann es nur öffnen, indem man es zerreißt. Sergio hat gesagt, dass ich es, solange ich ihn liebe, immer tragen muss. ... Sergio hat mich verlassen«, sagte Laura mit feucht schimmernden Augen.
»Dann helfe ich dir, das Kettchen zu zerreißen!«, antwortete Elasti mit dem praktischen Sinn der Vierjährigen.
»Neeeein! Ich liebe ihn doch. Ich werde es niemals zerreißen!«, protestierte Laura bekümmert.
Schließlich ging auch Laura ihrer Wege.
Noch jahrelang hing in Elasti-Mamas Zimmer ein Foto der lachenden Laura, in einem roten Pullover und mit Sergios Kettchen um den Hals.
Eines Tages kam mit der Post ein Päckchen mit einer Karte für Elasti-Mama.
»Ich weiß, dass du zwei Kinder bekommen hast. Du bist eine Frau geworden. Ich denke oft an dich. Laura.«
In dem Päckchen befand sich eine Kette aus kleinen, weißen Perlen, eine Kinderkette, die Elasti-Mama sich um den Hals legte und nicht mehr abnahm.
»Ich möchte dich sehen!«, sagte Elasti-Mama am Telefon zu Laura.
»Nein! Ich möchte, dass du mich so schön und jung und schlank in Erinnerung behältst, wie ich damals war, als ich dir Son la mondina son la sfruttata vorsang«, entgegnete Laura.
Dann traf Elasti-Mama Laura eines Tages ganz zufällig.
»Bist du aber groß geworden!«, rief Laura ungläubig und brach gleichzeitig in helles Lachen aus.
Sie aßen zusammen zu Mittag, erneuerten ihre Bekanntschaft, steckten die Köpfe zusammen und erzählten, was in den vergangenen zwanzig Jahren alles geschehen war.
Laura hat einen Ehemann - aber es ist nicht der Fiesling Sergio - des weiteren zwei Kinder und, ganz wie damals, lachende Augen.
JUNI
Freitag, 1. Juni
Parallele Siege - der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Gestern Abend blieben die Hobbits allein mit Valentina Diolabenedica zu Hause.
»Mama, beim Wettkampf zwischen mir, Valentina und dem kleinen Bruder, wer beim Abendessen das größte Ferkel ist, habe ich gewonnen«, waren die ersten Worte, die der große Hobbit heute Morgen beim Erwachen stolz von sich gab.
Elasti-Mama war gestern Abend bei ihrer Freundin Alice zum Essen eingeladen.
Elasti-Mama, Alice und Marta haben sich wiedergefunden. Sie plauderten ausgiebig, vertrauten sich einander an und lachten viel. Nach zwanzig Jahren entdeckten sie die alte Herzlichkeit wieder und wurden erneut zu der verschworenen Gemeinschaft jener Unterrichtspause in der zweiten Gymnasialklasse.
Am Ende des Abendessens frönten Elasti-Mama, Alice und Marta beim schwachen Licht dreier winziger Kerzen ihren ganz persönlichen perversen Gelüsten.
Alice verputzte sechs Auberginenscheiben mit Knoblauch und Parmesan. Marta tauchte Erdbeeren in Kichererbsensoße. Elasti-Mama verschlang
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