Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
weiße Haare und einen weißen Bart, ein freundliches Gesicht und gütige Augen. Im Sommer spielt er für die Hobbits den Opa, im Winter unterrichtet er. Mister Brown ist es gewohnt, vor Hunderten von Studenten zu sprechen, aber gestern Abend, als er vor der Elasti-Familie auf der Bühne stand, bebte seine Stimme.
Sonntag, 19. August
Hobbit-Neurose
Kinder sind Fetischisten. Der kleine Hobbit liebt Schuhe.
Kinder sind zwanghaft. Der kleine Hobbit erträgt keine Unordnung.
Am Meer spielen Kinder im Sand. Der kleine Hobbit sammelt am Meer Schuhe. Er sammelt Holzschuhe, Flip-Flops, Sandalen und Schlappen und bringt sie ihren rechtmäßigen Eigentümern, weil er es nicht erträgt, sie barfuß zu sehen. Mit gezückten Plateauschuhen rüttelt der kleine Hobbit junge Damen wach, die in Leopardentangas am Strand liegen, Birkenstocks schwenkend verfolgt er Federballspieler, bunte Sandalen schwingend belästigt er Kleinkinder, die in ihren aufblasbaren Planschbecken vor sich hin weichen.
Ein Fetischist, zwanghaft und lästig. Früher oder später wird er des Strandes verwiesen werden.
Montag, 20. August
Wurmgestank
Heute ist überraschend der Onkel mit dem Nasenpiercing eingetroffen, Mister Wonders Bruder. Er kommt von einer Reise durch Marokko, bei der er völlig auf sein Gottvertrauen baute. Die vergangene Nacht brachte er im Wartesaal des Flughafens zu.
Er erschien auf der Bildfläche schön, verschwitzt, sonnengebräunt und selbstgefälliger denn je. Er war beladen mit Geschenken und Geschichten und verwandelte das Haus von Towanda und Mister Brown in einen Bazar der Wunder.
Der große Hobbit fiel ihm unter Freudengeheul um den Hals, und der Onkel schwenkte ihn durch die Luft.
»Onkel ... Du riechst nach Wurm«, sagte der Kleine verdutzt, als der ihn wieder absetzt hatte.
Dienstag, 21. August
Mutterherz
Mater Dolorosa, die leidende, niedergeschlagene Frau, die Elasti-Mama tagtäglich mit den Schilderungen der unsäglichen Mühen einer Mutter im Urlaub überschüttet, ist heute mal guter Laune.
»Ich möchte dir von den unmenschlichen Qualen der Geburt erzählen«, sagte sie, während sie sich, einen ihrer quengelnden Kleinen im Arm, am Strand vor und zurück wiegte.
»Bitte, nur zu«, antwortete Elasti-Mama, völlig vertieft in ihre Lektüre über das aufregende Liebesleben des Hollywoodstars Rupert Everett.
Die zermürbende Chronik der entsetzlichen Wehen, der Dehnung von Muttermund und Gebärmutterhöhle und der fürchterlichen Schmerzen beendete Mater Dolorosa schließlich mit folgender Feststellung: »Als Filippo herauskam, sah er furchtbar aus. Er hatte Elefantenohren und einen Riesenpimmel.«
Felippo rächt sich für diese Worte, indem er in den Armen seiner Mutter Aa macht.
Mittwoch, 22. August
Die unwiderstehliche Carmen, oder: tertium datur
Die verrückte Tante hat ihre Freundin Carmen aus Barcelona nach Harmony Beach eingeladen.
Carmen hat weiche, runde Formen, eine tiefe, sinnliche Stimme, mediterranen Charme und ein kühnes, spöttisches Funkeln im Blick.
»Ich muss sie haben, wenigstens für einen Abend«, sagt Riccardo, ein Freund der Elasti-Familie.
»Vergiss es, ich habe sie zuerst kennengelernt«, gibt der Onkel mit dem Nasenpiercing zurück, dessen Gemüt von seiner Marokko-Reise noch erhitzt ist.
Carmen verteilt Lächeln und Augenzwinkern gleichmäßig auf beide Verehrer.
»Ich will sie! Sie hat etwas von einer verbotenen Frucht und eine Aura des Diabolischen an sich, genau wie ich es mag«, seufzt Riccardo.
»Ich probiere es heute Abend«, echot der Onkel.
»Spielen wir Kopf oder Zahl!«, schlägt Riccardo vor.
»Nein, laden wir sie zum Essen ein, dann sehen wir weiter«, entgegnet der Onkel.
»Na schön, ich überlasse sie dir, ich bin schließlich Kavalier«, sagt Riccardo großzügig.
»Im Ernst? Nein, das geht doch nicht, du hast doch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gepoppt, sie gehört dir«, drängt der Onkel.
Während diese beiden Musterbeispiele eines italienischen Machos sich die Maid noch gegenseitig zuwerfen wie eine Frisbee-Scheibe, tritt die katalanische Schönheit auf den Plan. Begleitet wird sie von einem über und über tätowierten Irren, dessen Nacken von einem Piercing durchbohrt ist. Sie gehen Hand in Hand und werfen einander glühende Blicke zu.
»Das ist Rocco, ich habe ihn heute Nachmittag am Strand kennengelernt. Es stört euch doch nicht, wenn er mit zum Essen kommt, oder?«, fragt die unwiderstehliche
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