Insel, aus Traeumen geboren
wusste er noch nicht.
Jack hatte gehofft, mit Olivia einige Zeit allein verbringen zu können, bevor sie mit der Arbeit begannen, doch dazu war es jetzt fast zu spät. Die Arbeiter hatten die Ausgrabungsstätte schon letzte Woche vorbereitet. Heute Nachmittag fand die erste Teambesprechung statt, morgen früh wurde dann mit den Grabungen begonnen. Vielleicht konnte er es jedoch so einrichten, dass Olivia und er das Mittagessen allein einnahmen – ein Stück abseits unter den Bäumen, mit Blick aufs Meer.
Die Straße zum Ausgrabungsort war immer noch so wie damals, kurvenreich und voller Schlaglöcher. Jack spürte die Spannung zwischen sich und Olivia, als der Jeep sich dem Ziel näherte. Doch er ging darüber hinweg. Er wollte nicht zu viel erwarten. Im Gegensatz zu seinen unbekümmerten Reden über eine unproblematische Zusammenarbeit hatte er im Grunde ebensolche Bedenken wie Olivia offenbar auch.
Wie, in aller Welt, sollte er es fertigbringen, Distanz zu ihr zu wahren, wenn er es sich eigentlich gar nicht wünschte? Schon am Morgen war es ihm verdammt schwergefallen, als sie im Nachthemd vor ihm gestanden und seinen Herzschlag zum Rasen gebracht hatte. Auch jetzt, da sie neben ihm im Wagen saß, mit diesem Top, das sich eng an ihre Brüste schmiegte, und den aufregend langen Beinen, die nur wenige Zentimeter von seinen entfernt waren, hatte er seine liebe Not.
Vielleicht wäre es tatsächlich keine so gute Idee gewesen, gemeinsam in einem Zelt zu schlafen. Was würde jedoch sein, wenn es regnete? Olivia würde nicht so herzlos sein und ihn nicht ins Zelt lassen. Sie war ein Gefühlsmensch und hatte sich schon immer viel zu viele Gedanken und Sorgen gemacht. Wenn er nur daran dachte, wie sie immer wieder versucht hatte, schwanger zu werden. Auf keinen Fall wollte er noch einmal zusehen müssen, wie sie sich so quälte, egal, worum es sich handelte. Dazu würde er allerdings ohnehin keine Gelegenheit mehr haben, wenn es ihm nicht gelang, die Mauer zwischen ihnen einzureißen. Wenn nicht ein Wunder geschah, könnte dieser Sommer das Ende ihrer einst so glücklichen Beziehung bedeuten.
Im Geist sah er wieder ihr Gesicht vor sich, als sie ihm auf der Fähre in die Arme gelaufen war. Olivia war nicht gerade erfreut gewesen, ihn so unverhofft wiederzusehen. Vielleicht hätte er sie vorwarnen sollen. Doch dann wäre sie sicher nicht gekommen.
Jack sah zum Himmel empor. Leider war nicht eine Wolke zu sehen, die Regen zu bringen versprach. „Das Wetter sieht gut aus“, meinte er. Na gut, er würde unter dem Sternenzelt schlafen. Oder besser gesagt, sich ruhelos hin und her wälzen, während Olivia im Zelt den Schlaf der Gerechten schlief und dabei von aufregenden Funden träumte statt von ihm.
„Ja, es ist herrlich“, stimmte sie ihm zu. „Ich habe mich immer gefragt, wie es kommt, dass in Griechenland die Nachmittagssonne heller und heißer vom Himmel scheint als irgendwo anders auf der Welt. Vielleicht liegt es an den weißen Häusern oder den hellen Sandstränden.“
„Oder an mir. Vielleicht sende ich positive Resonanzen in die Stratosphäre aus.“
Sie wandte den Kopf und sah ihn abschätzend und ohne eine Spur von Lächeln an. „Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Natürlich muss es an dir liegen, Jack. Die Gestirne drehen sich ja nur um dich wie auch die gesamte internationale Welt der Archäologie. Wie konnte ich das nur vergessen?“
Der Wind hatte ihr eine honigblonde Strähne in die Stirn geweht, und Jack umklammerte das Lenkrad, damit er sie ihr ja nicht aus dem Gesicht strich. Wie gern hätte er ihr seidiges Haar durch seine Finger gleiten lassen oder sein Gesicht darin geborgen!
Der Spitzen-BH, den sie am Morgen erstanden hatte, war ihm nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Immer wieder sagte er sich, dass Olivia beim Kauf ganz sicher nicht an ihn gedacht hatte. Trotzdem stellte er sich immer wieder vor, wie sie darin aussehen würde. Verdammt, er sollte sich lieber auf seine Arbeit konzentrieren, bevor er noch ganz verrückt wurde!
Mehrmals geriet der Jeep in Schlaglöcher, und Olivia und er wurden kräftig durchgeschüttelt.
„Sie haben in den ganzen Jahren nichts an dieser Straße ausgebessert“, stellte sie fest.
„Sei froh, dass wir nicht jeden Tag hin- und herfahren müssen. Das heißt, falls du es dir im letzten Moment nicht noch anders überlegst.“
„Das werde ich nicht“, erwiderte sie, doch es klang nicht sehr überzeugend. „Wie steht es eigentlich mit der
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