Insel der Freibeuter
Waffen,
hob die Hände und flehte um Gnade.
Ächzend und knirschend wie eine sterbende Bestie
streckte die Ira de Dios ihre Steuerbordseite in die Höhe und begann langsam zu sinken.
Sebastián Heredia, der seinen Blick nicht von dem Riesen mit der langen weißen Mähne gelassen hatte, sah, daß dieser sich bis zur Tür seiner Kajüte vorkämpfte und sich darin einsperrte, entschlossen, lieber mit seinem Schiff unterzugehen als in feindliche Hände zu fallen.
Niemals sah man ihn lebend wieder.
Die Wilden, die am Strand angelangt waren, wur-
den von den Männern der Jacare sofort in Ketten
gelegt, und wer auch nur den geringsten Widerstand zeigte, bekam eine Kugel in den Kopf.
Eine Stunde nach dem Kampfgetümmel waren nur
noch knapp dreißig Gefangene übrig, davon einige, die mit dem Tod rangen, und das Wrack eines
Schiffs, das sanft auf dem sandigen Grund der Bucht ruhte, wobei die Masten und ein kleiner Teil des
Achterdecks noch über Wasser ragten.
Sie blieben noch drei weitere Wochen auf der kleinen Insel und widmeten sich ganz der Aufgabe, die Ira de Dios zu zerlegen und von ihren unendlichen Schätzen zu »befreien«. Freudestrahlend sah die
Mannschaft der Jacare dabei zu, wie sich diese
Schätze allmählich auf dem Strand aufhäuften.
Vier der Wilden ertranken im Inneren des Wracks,
das einmal ihr Schiff gewesen war, nachdem man sie gezwungen hatte, nach den Silberbarren, die als Ballast dienten, zu tauchen. Wie Zafiro Burman so
schön sagte: »Sie haben sie dorthin gelegt, also sollen sie gefälligst ihr Leben riskieren, um sie zu holen.«
Da man den Gefangenen nur die Wahl gelassen
hatte, entweder aufgeknüpft zu werden oder zu tauchen, hatten sie keinen Augenblick gezögert, sich für die zweite Möglichkeit zu entscheiden, um so mehr, da Sebastián ihnen feierlich versprochen hatte, daß er die Überlebenden auf der Insel mit Wasser, Le-bensmitteln und Werkzeug zurücklassen würde, mit
dem sie die Beiboote der Ira de Dios reparieren
konnten, die während der Schlacht nicht in Stücke geschossen worden waren.
Wären die Männer von Kapitän Jack die Verlierer
gewesen, hätte sie ein wesentlich schlimmeres
Schicksal erwartet. Als die Taucher am fünften Tag die bereits verwesende Leiche ihres langjährigen
und fast als »lebendige Gottheit« verehrten Kapitäns entdeckten, ergaben sie sich ihrem Los. Das nackte Leben zu retten lohnte allein die ganzen Mühen.
Auf diese Weise stapelten sich schließlich in den Laderäumen der Jacare 314 Silberbarren, 22 schwere Boiler, neun schöne Türgriffe und erlesenes Tafelge-schirr aus purem Gold, dazu eine riesige Kiste voller Perlen und Smaragde, die allein als Beute ausgereicht hätte.
Natürlich jubelten die Männer vor Begeisterung.
Jede Nacht legten sie die Gefangenen in Ketten,
und mit Ausnahme der Wachen becherte, sang und
würfelte die gesamte Mannschaft. Unablässig redete man davon, was man tun würde, sobald man wieder
in Port-Royal an Land ging.
»An eines müßt ihr stets denken«, ermahnte sie Sebastián. »Wer den Schnabel nicht halten kann und
herumerzählt, daß wir die Ira de Dios versenkt und geplündert haben, den lasse ich kielholen. Mombars war ein verdammter Hurensohn, den sie alle gehaßt haben, aber viele werden es nicht hinnehmen, daß
man ungestraft einen Piraten beraubt, denn das
nächste Mal könnten sie selbst dran sein.«
Die Gesetze der Bruderschaft der Küste von Tortu-
ga – die in gewisser Weise auf Jamaika noch in
Kraft waren – sahen ein Verbot, sich gegenseitig zu plündern, zwar nicht ausdrücklich vor, das hieß aber nicht, daß ein Mitglied des »Gremiums« ein anderes einfach massakrieren und berauben konnte.
Man schwor sich also eisernes Schweigen, und
nachdem man drei Tage das Ende eines tobenden
Sturms abgewartet hatte, der die kleine Insel mit wahren Sturzbächen überschüttete, ließ der Margariteno die Anker lichten und wieder Südkurs steuern.
Als sie eine Woche später wieder in der stets gast-freundlichen Bucht von Port-Royal vor Anker gin-
gen, hatten Laurent de Graaf und weitere vier Schiffe den Hafen verlassen. Andere hatten ihre Stelle eingenommen, darunter eine wegen ihrer Feuerkraft besonders auffallende stolze portugiesische Brigg, die bis dahin noch niemand in der Karibik gesehen hatte.
Sie trug den merkwürdigen Namen Botafumeiro.
Als es dunkel wurde, ging Sebastian Heredia mit
seinem gesamten Anteil an der gerecht verteilten
Beute an Land und schlug den Weg
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