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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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zu erkennen,
    die da auf sie zukam.
    Kein Schiff.
    Nur ein Schatten in der Dunkelheit.
    Schote lockern, gab man im Flüsterton weiter. Darauf drosselte der Segler seine Fahrt etwas und fiel in die horizontale Lage zurück. In diesem Augenblick drückte Lucas Castano Sebastián etwas Werg in die Hand und flüsterte:
    »Stopf dir die Ohren zu.«
    Der Junge gehorchte sofort, denn die Galeone war
    schon fast auf gleicher Höhe, und wenige Augen-
    blicke später donnerte die Stimme von Kapitän Jack:
    »Feuer!!!«
    Man nahm die Hauben von den Laternen, zündete
    die Lunten, und während sie vor der Backbordseite der Vendaval kreuzten, spuckten die Kanonen eine
    nach der anderen ihre tödliche Ladung aus und lie-
    ßen alle Spanten und Planken erzittern.
    Der beißende Rauch vernebelte einige Augenblicke
    lang den Blick auf das feindliche Schiff, doch als er sich allmählich verzog, konnte man im Schein der an Bord entfesselten Brände erkennen, daß die schwere Galeone abgefallen war und ihr Besanmast krachend ins Meer stürzte. »Schote anziehen, alle Segel setzen und Steuer hart Backbord!«
    In aller Eile entfernte sich die Jacare vom Schlach-tort, doch die Besatzung stieß sofort Jubelschreie aus, als sie sah, wie die Flammen die umfangreiche Takelage der Vendaval ergriffen, die sofort beigedreht hatte, während die verstörte Besatzung aller-orts versuchte, Schäden zu reparieren und Brände zu löschen.
    »Wenn ihre Pulverkammer nicht in zehn Minuten
    hochgeht, gehören sie uns«, stellte Lucas Castano klar.
    Im sicheren Abstand von zwei Meilen kreiste die
    Jacare um Ihre Beute, die jeden Augenblick in die Luft fliegen konnte, doch trotz der gewaltigen Pak-kung, die ihr der Feind verpaßt hatte, konnte die Besatzung der Galeone das Feuer löschen. Eine halbe Stunde später lag die Karibik wieder in tiefer Dunkelheit.
    »Was nun?« wollte Sebastián wissen.
    »Abwarten.«
    Bis zum Morgengrauen war noch eine Stunde Zeit,
    daher begab sich Sebastian unter Deck, wo sein Vater fast die ganze Nacht über verbracht hatte. Abwesend wie üblich hatte er die Schlacht nicht zur
    Kenntnis genommen, die sich über seinem Kopf
    abgespielt hatte.
    »Wir haben gewonnen«, war das erste, was Seba-
    stián sagte.
    »Jemand hat verloren«, lautete die lakonische Antwort seines Vaters.
    »Sie haben uns angegriffen.«
    »Die Piraten sind wir.«
    »Und wenn sie uns versenkt hätten?«
    »Wäre schade um dich gewesen.«
    Mit der Jacare unterzugehen hätte für Miguel He-
    redia Ximénez ganz offensichtlich nur das Ende seiner Leiden bedeutet. In Wahrheit war es ihm völlig gleichgültig, ob eine Schlacht, von der er ohnehin wußte, daß sie ihm seine Familie nicht zurückbrach-te, gewonnen oder verloren wurde.
    Schweigend blieb Sebastián neben seinem Vater
    sitzen, bis dieser den Kopf wieder auf das Kissen legte, die Augen schloß und bald gleichmäßige
    Atemzüge vernehmen ließ. Als der Junge an Deck
    zurückkehrte, war Backbord das erste Tageslicht zu erkennen.
    Grau und ruhig war das Meer, sanfter Nieselregen
    fiel von einem bedeckten Himmel, und in der Ferne trieb eine schmutzige Galeone wie ein rauchge-schwärzter Korken manövrierunfähig auf dem Was-
    ser.
    Die Masten schienen verbrannt, kein Mastbaum
    war mehr an Ort und Stelle, und die einst schmucken Segel waren nur noch düstere Fetzen.
    Noch einmal umkreiste die Jacare wie ein Raubvo-
    gel ihre todgeweihte Beute, dann ließ Kapitän Jack einen Warnschuß abfeuern.
    Unmittelbar darauf wurde eine riesige weiße Fahne geschwenkt.
    Die Jacare ließ ihre beste Schaluppe zu Wasser, mit der Lucas Castano und acht bis an die Zähne bewaffnete Männer zur Vendaval übersetzten.
    Ohne Widerstand ließ man sie an Bord kommen.
    Erst als der Panamese ein Zeichen gab, daß alle Kanonen entladen waren, machte man sich daran, den
    Feind zu entern.
    Als Sebastian schließlich das verwüstete Deck
    betrat, mußte er zu seiner Verblüffung feststellen, daß ihn ein halbes Dutzend schreckensbleicher
    Frauen und eine Kinderschar vom Achterkastell aus betrachteten.
    »Gütiger Gott!« rief er aus. »Die haben mit Frauen und Kindern an Bord eine Schlacht angefangen.
    Nicht möglich!«
    Die übrige Besatzung der Jacare schien ähnlich fassungslos zu sein. Schließlich wollte der Schotte mit ärgerlicher Stimme wissen:
    »Wer ist der Kapitän?«
    Drei Männer deuteten auf eine der Leichen, die unter dem Achterkastell aufgereiht waren.
    »Der Längste.«
    Lucas Castano trat heran, musterte den Toten

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