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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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nach und zuckte mit der Schulter.
    »Also gut! Da es das erste ist, worum du mich bittest, und weil mir die Idee nicht gefällt, eine Bande von Kastrierten zu befehligen, gewähre ich dir diesen Wunsch unter der Bedingung, daß du in den
    nächsten fünf Jahren den Mund nicht mehr auf-
    machst.« Damit schien die Diskussion für ihn beendet zu sein. Er nahm die schluchzende Marquesa de Antigua am Handgelenk und schleifte sie in seine
    Kajüte auf der Jacare, während er kundgab: »Ach,
    ist das manchmal schwer, Senora, ein Pirat zu sein!
    So schwer!«
    Die Frau folgte ihm, während sie sich die Tränen
    abwischte. Kein Opfer, mit dem sie das Leben des
    törichten Vaters ihrer Kinder retten konnte, schien ihr zu schwer. Miguel Heredia stieg zum Achterkastell hinauf und baute sich mit gut sichtbarer Machete neben dem Mädchen auf.
    Lucas Castano drückte Sebastian seine zwei schwe-
    ren blitzenden Pistolen in die Hand und deutete nach oben.
    »Geh mit ihm! Hier gibt es manchen Hurensohn,
    der es riskiert, sich kastrieren zu lassen, wenn es um eine gute Jungfrau geht. Ich hab zu tun!«
    Er hatte wirklich eine so schwere Arbeit vor sich, daß er um Hilfe bitten mußte. Es war weder leicht noch angenehm, einem Mann kaltblütig die Hand
    abzuschlagen und anschließend einer ganzen Besat-
    zung ein »kariertes Hemd« auf den Rücken zu ma-
    len.
    Mit gezückten Waffen stellte sich Sebastián Here-
    dia Matamoros neben seinen Vater und betrachtete
    das stumme Schauspiel. So brutal ihre Strafe auch war, keines der Opfer ließ auch nur ein Jammern
    hören. Auch die Frauen ließen sich wie Lämmer in
    die Offizierskajüten führen. Dort wartete praktisch die gesamte lüsterne Besatzung der Jacare darauf, an die Reihe zu kommen.
    Als sich Lucas Castano am Nachmittag seine Pisto-
    len zurückholte, beschränkte sich Sebastián auf ein Murmeln:
    »Es ist nicht gerecht.«
    Der Panamese musterte ihn erstaunt.
    »Doch, Junge, das ist gerecht! Wenn diese Fettsäk-ke uns besiegt hätten, wären wir jetzt nur noch
    Fischfutter. Wenn wir die schwarze Flagge hissen
    und der Feind sich ergibt, dann respektiert der Kapitän die Gesetze, und keiner wird bestraft, geschändet oder getötet.« Er spuckte aus, um seiner ganzen
    Verachtung Nachdruck zu verleihen. »Aber wenn sie ein schmutziges Spiel mit ihm treiben, dann zahlt er ihnen mit gleicher Münze heim, und das kann er
    stets besser.«
    Er ließ sich an einem dicken Tau zum Deck der Ja-
    care hinab, und der Junge beließ es dabei, seinen Vater anzusehen.
    »Was meinst du dazu?« wollte er wissen.
    »Daß er recht hat.«
    Nun wandte sich Sebastian dem bleichen Mädchen
    zu, das keinen Mucks gemacht hatte, als hoffte es dadurch unsichtbar zu werden. Die gelbe Pfütze zu ihren Füßen verriet jedoch nur zu deutlich, wie wenig sie ihr Entsetzen hatte beherrschen können.
    »Wie alt bist du?« wollte der Margariteno wissen.
    Erst nach einer Ewigkeit schien die einfache Frage das Hirn des schreckensstarren Geschöpfs erreicht zu haben, das schließlich stotterte:
    »Vierzehn.«
    »Woher kommst du?«
    »Aus Cuenca.«
    »Und wohin fährst du?«
    »Nach Puerto Rico.«
    »Mein Vater hat ein Gasthaus in San Juan. Ich fah-re zu ihm, weil meine Mutter gestorben ist.«
    Der Junge betrachtete das magere Mädchen, das so
    blaß geworden war, als wolle es gleich in Ohnmacht fallen, und plötzlich ging ihm der Gedanke durch
    den Kopf, ob seine Schwester wohl ähnlich aussehen mochte. Bald jedoch war ihm klar, daß bei aller Zeit, die vergangen war, die rebellische Celeste sich nicht in ein so verletzliches und zerbrechliches Wesen
    verwandelt haben konnte.
    Mit einem Stein in der Hand nahm es Celeste mit
    jedem Jungen auf, und eines war dem Margariteno
    klar: Unter keinen Umständen hätte sie sich in die Hose gemacht.
    Celeste hatte Mumm.
    Verdammt viel Mumm.
    Das schreckensbleiche Mädchen hier war nicht ge-
    rade schön und wohl noch nicht einmal eine Frau,
    doch gab es da etwas in ihrer Hilflosigkeit – vielleicht ihre riesigen und angsterfüllten grauen Augen
    –, das einen brutalen Seewolf dazu verleiten konnte, sie an der schmalen Taille zu packen und in die entlegenste Kajüte zu zerren. Wie Lucas Castano zu
    versichern pflegte: Jungfräulichkeit war ein seltenes Gut und daher um so begehrter.
    Als die Sonne langsam am Horizont verschwand,
    ließ Jacare Jack die in ein schmutziges Bettuch ge-hüllte Marquesa auf das Schiff ihres Ehemanns
    springen und brüllte mit einer Stimme, die er für

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