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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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auseinander.«
    »Meinungen helfen dir wenig, wenn du unter dem
    Galgen stehst. Ob du willst oder nicht, wenn du eine Bande Verbrecher befehligst, wirst du selbst einer werden. Du kannst nicht im Dreck wühlen, ohne dir die Hände schmutzig zu machen.« Er zündete seine
    Pfeife wieder an, als würde diese ihm dabei helfen, die richtigen Argumente zu finden. »Ich weiß nicht, was du bisher getrieben hast, aber etwas sagt mir, daß du noch nicht verdorben bist. Gib das Schiff
    jetzt auf!«
    »Um was zu tun?« fragte der Margariteno, als wäre er überzeugt, keine vernünftige Antwort zu erhalten.
    »Welches Schicksal erwartet mich, wenn ich das
    Schiff aufgebe und mir eine ehrenwerte Arbeit su-
    che? Du hast von schwierigen Zeiten gesprochen,
    aber das waren sie schon, als mein Vater seine Haut an den Felsen dort unten ließ.« Verächtlich zuckte er mit den Schultern. »Die Casa schnürt den Leuten
    über Jahre hinweg die Kehle zu, bis sie schließlich ersticken. Da ist es mir schon lieber, wenn sie mich irgendwann gleich richtig aufhängen.«
    »Und das Übel, das du inzwischen anrichtest oder
    das deine Männer anrichten, wenn du sie nicht im
    Griff hast?« Der Offizier senkte die Stimme, damit die Begleiter, die Sebastian draußen hatte warten lassen, ihn nicht hören konnten: »Piraten sind sie.
    Verstehst du nicht? Räuber, Frauenschänder und
    Mörder. Der Abschaum der Welt!«
    »Für mich sperrt sich der Abschaum der Welt in
    einen Palast ein und plündert mit ungerechten Ge-
    setzen die Schwachen aus«, widersprach ihm der
    Margariteno. »Das sind die wahren Blutsauger. Die machen aus der Welt eine Kloake und riskieren noch nicht mal den Hals dabei! Wir leben monatelang auf dem Meer, müssen Flauten und Stürme ertragen, und jedesmal, wenn wir uns einem Schiff nähern, riskieren wir, daß man uns mit Kanonenschüssen emp-
    fängt. Aber die nicht! Die haben einen Kaperbrief für das Land in der Tasche, und wenn es noch etwas Schlimmeres gibt als Piraten, dann Korsaren.«
    Hauptmann Sancho Mendana zögerte lange mit der
    Antwort. Er ging zum Fenster, betrachtete die stille Bucht, in der sich nur einige Sterne spiegelten, und plötzlich wirkte er um Jahre gealtert oder unendlich müde.
    »Ich habe keine Lust, weiter zu diskutieren. Bald wird es hell, und dann hast du besser schon das Weite gesucht.« Er drehte sich um und musterte den
    kleinen Jungen von früher. »Ich gebe dir eine Wo-
    che, um deinen Vater zu finden. Nur eine Woche!
    Danach werde ich dein schlimmster Feind sein.«
    »Niemals werde ich Euch als meinen schlimmsten
    Feind betrachten können«, hauchte der junge Mann.
    »Und niemals werde ich die Hand gegen Euch erhe-
    ben, so sehr Ihr mich auch bedrängen werdet.«
    »Das wird nicht mein Problem sein. Ich habe dir
    gesagt, was dich erwartet. Und jetzt ab mit dir! Geh, und komm nicht wieder.«
    Als der noch fast bartlose Kapitän Jacare Jack den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte der bedrückte Offizier seine Stirn gegen das Fensterglas und stieß einen kurzen, bitteren
    Seufzer aus.
    Stets war er ein einsamer Mann gewesen, und seine Ersatzfamilie bestand heute nur noch aus einem armen verrückten Teufel, der durch irgendeinen gottverlassenen Winkel der Insel irrte, und einem sanft-mütigen Jungen, der dabei war, ein schmutziger Pirat zu werden. Was nützten ihm die Mühen und Op-
    fer vieler Jahre, all die Schlachten und alten Wunden? Was half es, Prinzipien treu zu bleiben, die niemand mehr zu respektieren schien?
    Aufgrund seiner untadeligen Dienste und seiner
    unerschütterlichen Loyalität hätte er längst zum
    Obersten befördert werden müssen, zum Festungs-
    kommandanten in Cartagena de Indias, San Juan de
    Puerto Rico oder Panama. Doch die Jahre gingen
    dahin, und noch immer war er hier, vergessen und
    dazu verdammt, unzählige Male die unvergeßlichen
    Sonnenuntergänge von Juan Griego zu betrachten.
    Dabei wußte er, daß ihm die Nacht nur Einsamkeit
    und Stille brachte und der neue Tag neue Einsamkeit und wieder eine lange Abenddämmerung, die ihn
    bereits zu Tode langweilte.
    Emiliana Matamoros, die einzige Frau, die er in
    seinem ganzen Leben geliebt und stets wie eine un-erreichbare Jungfrau verehrt hatte, war die Geliebte des abscheulichsten Wesens, das er jemals kennengelernt hatte, geworden, und in den Schenken konnte er hören, daß Emilianas Tochter Celeste schon bald die Mutter im Bett des gehaßten Don Hernando Pe-drárias ablösen

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