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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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denken.«
    Der Margariteno schloß sich in seiner Kajüte ein, dachte über drei Stunden lang nach und ging
    schließlich an Deck. Dort nahm er auf der Brücke
    Platz und ließ die gesamte Besatzung zusammenläu-
    ten.
    Als alle versammelt waren und ihn erwartungsvoll
    anblickten, musterte er der Reihe nach ihre Verbre-chervisagen und erklärte betont gelassen:
    »In letzter Zeit ist es nicht sehr gut gelaufen, und ihr seid wahrscheinlich ungehalten, doch das wird sich ändern.« Er räusperte sich, um mit noch tieferer Stimme fortzufahren: »Ihr wißt, daß wir Ende Oktober haben. In einem guten Monat wird die Flotte aus Sevilla hier auftauchen…«
    »Ich hoffe, du bist nicht auf den Gedanken ge-
    kommen, sie anzugreifen…«.warf Zafiro Burman
    sarkastisch ein. »Sie würden uns in Stücke schie-
    ßen.«
    »Nein!« antwortete er trocken. »So verrückt bin ich nicht!«
    »Also was dann…?«
    »Ihr müßt wissen, daß die Casa de Contratación zu dieser Zeit in La Asunción die meisten Perlen aufbewahrt, die das Jahr über gesammelt worden sind.
    Wenn die Produktion nicht zu sehr nachgelassen hat, dürften das über sechstausend sein.«
    »Sechstausend!« rief einer erstaunt aus. »Nicht
    möglich.«
    Der junge Kapitän Jacare Jack nickte nachdrück-
    lich.
    »O doch, wenn auch nicht alle von guter Qualität
    sind. Ich weiß, daß ein Schiff der Flotte sie an Bord nimmt, um sie nach Cartagena de Indias zu bringen.
    Dort kommen sie zu den Smaragden aus Nueva
    Granada, dem Gold aus Mexiko und dem Silber aus
    Peru.« Er ließ seine Männer eine Weile daran kauen und fuhr schließlich fort. »Ich habe vor, mir diese Perlen zu holen, bevor man sie fortschafft.«
    »Wie soll das gehen?« wollte der erste Steuermann wissen, dessen Aufmüpfigkeit sich wieder im Auf-trieb befand. »Niemand hat es je geschafft, La
    Asuncion anzugreifen.«
    »Vielleicht weil es keiner aus Margarita versucht hat«, beschwichtigte Sebastian. »Ich verlange nur eins von euch: Habt eine Woche Geduld. Der Rest
    ist meine Sache.«
    »Bist du sicher, daß du nur eine Woche brauchst?«
    wollte Nick Cararrota wissen.
    »Ganz sicher.«
    Er kehrte in seine Kajüte zurück, doch wenige Au-
    genblicke später klopfte Lucas Castano an die Tür, trat ein und schloß sie hinter sich.
    »Du riskierst verdammt viel«, war das erste, was er sagte. »Na schön, du hast ihnen die Beute schmackhaft gemacht und kannst jetzt deinen Vater suchen gehen, aber was wirst du ihnen nach deiner Rückkehr sagen?«
    »Wenn ich die Perlen mitbringe, wird sich keiner
    beschweren.«
    »Und falls nicht?«
    »Dann schicken sie mich wohl zu den Haien.«
    »Das siehst du ganz richtig!« versicherte der Pa-
    namese. »Du hast doch sicher einen Plan?«
    »Natürlich.«
    Der Panamese nahm auf dem Fensterbrett des gro-
    ßen Achterfensters Platz und musterte seinen unbe-rechenbaren Kapitän wie ein Wesen von einem an-
    deren Stern.
    »Noch habe ich nicht herausgefunden, ob du der
    listigste Fuchs bist, dem ich je begegnet bin, oder der naivste«, murmelte er schließlich und ließ einen tiefen Seufzer hören. »Jedenfalls sitzt du auf dem Kapitänsstuhl, und das Schiff gehört dir. Ich hätte es in tausend Jahren nicht bekommen.«
    »Und was heißt das deiner Meinung nach?«
    »Entweder bist du wirklich der Schlauste, oder die Einfalt kann ein einträgliches Geschäft sein.«
    »Na schön! Dann befiehl also Kurs auf Manzanillo.
    Wir werden sehen, was herauskommt.«
    Nach Mitternacht betrat Sebastián Heredia ein weiteres Mal seine Heimatinsel. Nur in Begleitung von Justo Figueroa, einem rachitischen Krummbein, das mehr von einem schwindsüchtigen Straßenhändler
    als von einem Piraten an sich hatte, begab er sich auf einen Pfad, der sie zum übertriebenerweise soge-nannten Königsweg führte, der den Norden der Insel mit La Asuncion verband.
    Keiner achtete auf die beiden. In ihren abgerissenen Lumpen unterschieden sie sich kaum von den vielen hungernden Landstreichern, die in diesen Tagen von einem Ort Margaritas zum anderen zogen, um ihr
    Leben zu fristen. Die Zeiten wurden immer schwie-
    riger, wie Hauptmann Mendana versichert hatte.
    Der Verlust der Four Roses und ihrer kostbaren
    menschlichen Fracht hatte den ohnehin jähzornigen Don Hernando Pedrárias völlig aus der Haut fahren lassen. Um seine Verluste wettzumachen, verstärkte er nunmehr den Druck auf die darbende Inselbevölkerung auf geradezu absurde Weise.
    Überall waren Klagen zu hören.
    Leise zwar, aber Klagen.
    Und

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