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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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entscheidet, was ehrenwert ist und was
    nicht?« erboste sich Celeste. »Hernando wollte ehrenwert sein, dabei preßte er die Armen aus und
    handelte mit Sklaven. Mein Gott! Warum wurde ich
    nicht als Mann geboren? Wir würden ein großartiges Gespann abgeben.« Sie wandte sich ihrem Bruder
    zu. »Hat es denn niemals weibliche Piraten gege-
    ben?«
    »Einige«, gab er zu. »Lucas will eine kennen, die zwei Jahre in Männerkleidung herumgelaufen ist, bis man entdeckt hat, daß sie eine Frau und schwanger war. Sie wollte ihren Liebhaber nicht verraten, weil die Gesetze der Bruderschaft der Küste denjenigen mit dem Tod bestrafen, der eine als Mann verkleide-te Frau an Bord nimmt. Deshalb hat man sie auf einer einsamen Insel ausgesetzt.«
    »Eine schöne Liebesgeschichte«, murmelte das
    Mädchen. »Zwei Jahre wie ein Pirat zu leben und
    sich dann auf einer einsamen Insel aussetzen zu lassen, um dem Geliebten das Leben zu retten: Das
    gefällt mir. Was ist aus ihr geworden?«
    »Sie hat wohl ihr Kind auf der Insel zur Welt ge-
    bracht, aber da sie fast verhungerte, hat sie es aufge-gessen.«
    »Das glaubst du doch selber nicht!«
    »Natürlich nicht!« lachte ihr Bruder. »Keiner weiß, auf welcher Insel sie geblieben ist. Vielleicht ist sie noch immer dort.« Nacheinander sah er seinen Vater und seine Schwester an. »Na gut! Also Kurs Jamaika?«
    »Was bleibt uns anderes übrig?« versetzte Miguel
    Heredia. »Also geht’s jetzt von der Perlen- auf die Ruminsel.«
    Sein Sohn öffnete die Tür und rief dem Algerier am Steuerrad zu:
    »Mubarrak! Achtung an Deck! Kurs Westnord-
    west.«
    »Westnordwest Kapitän?« wiederholte der Steuer-
    mann sichtlich erfreut. »Geht es vielleicht nach Jamaika?«
    »Direkt nach Port-Royal…«
    Wenige Augenblicke später schäumte die ganze Ja-
    care vor Begeisterung.
    »Port-Royal! Hurra! Nächster Halt, die Huren von
    Port-Royal!«
    Port-Royal lag auf der heißen fruchtbaren Insel Jamaika, auf einer Landzunge, die im Süden die riesi-ge Bucht von Kingston abschloß. In jenen Zeiten
    galt es als sicherster Hafen, der die schönsten Huren und den besten Rum des Kontinents hatte. Jedes
    Schiff, so bestimmte es eine alte Tradition, das die Riffbarriere mit gehißter weißer Flagge und geschlossenen Kanonenluken passierte, durfte unbehel-ligt in den Gewässern von Port-Royal verweilen,
    solange es wollte, ohne daß jemand nach Herkunft, Grund des Aufenthalts oder Ziel gefragt hätte.
    Die Besatzungen mußten allerdings Feuerwaffen
    und Macheten an Bord lassen. Lediglich die Degen
    durften am Gürtel blitzen, denn ein anständiges Duell unter nicht allzu betrunkenen Gegnern galt stets als dankbares Schauspiel.
    Die größte Schenke von Port-Royal, »Die Tausend
    Jakobiner«, verdankte ihren seltsamen Namen der
    weltberühmten Würfelpartie, die man hier ausgetragen hatte. Allenfalls die Partie, in der ein Offizier namens Francisco Pizarro, genannt der Gelassene, in einer einzigen Nacht die märchenhafte, zwei Meter große Goldsonne verlor, die er für seinen Heldenmut bei der Eroberung Perus erhalten hatte, war ähnlich spektakulär verlaufen.
    Kontrahenten der besagten Würfelpartie in Port-
    Royal waren ein verrückter Pirat namens Vent en
    Panne und ein steinreicher Großgrundbesitzer jüdischer Herkunft namens Stern.
    Der Pirat hatte wohl unter dem Oberbefehl des ge-
    brechlichen Kapitäns Mansfield am wenig einträglichen Angriff auf die Insel Santa Catalina teilge-
    nommen und lediglich hundert Dublonen Anteil an
    der lächerlichen Beute erhalten.
    Er setzte sie aufs Spiel, und obwohl ansonsten das Pech an seinen Hacken klebte, gewann er über zehntausend Dublonen.
    Daraufhin fand er, daß es Zeit war, ins heimatliche Frankreich zurückzukehren, buchte eine Überfahrt, kehrte jedoch einige Stunden vor Abfahrt des Schiffs in die damals noch »Zum Hinkebein« genannte
    Schenke zurück, um ein letztes Glas zu leeren.
    Um die Zeit totzuschlagen, beschloß man, »ein
    paar Knochen zu werfen«, und in kurzer Zeit hatte Vent en Panne 15000 Silbertaler gewonnen. Darauf
    setzte der Jude eine Ladung Zucker im Wert von
    hunderttausend Pfund und verlor auch die.
    Inzwischen hatte Vent en Panne sein Schiff ver-
    paßt, dessen Kapitän das Warten satt und mit dem
    Gepäck des Piraten in See gestochen war.
    Als es Abend wurde, erschien der verzweifelte
    Stern, der binnen weniger Stunden seinen gesamten Besitz verspielt hatte, mit dem einzigen, was ihm auf dieser Welt geblieben war: einem riesigen

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