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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Minuten lang schaute er schweigend den fliegenden Fischen zu, die vor dem Bug aus dem Was-
    ser hüpften, auf der spiegelglatten Oberfläche dahin-glitten und ohne Spritzer wieder in der Tiefe ver-schwanden, dann gab er mit Bedauern in der Stimme zu bedenken:
    »Die Männer sind unruhig.«
    Sein junger Kapitän blickte ihn verblüfft an.
    »Wie das? Es ist doch gerecht verteilt worden…
    Oder etwa nicht?«
    »Doch, doch«, räumte der Panamese ein. »Gerecht
    schon, aber halt zu wenig. Zweitausend Perlen, so prächtig sie auch sein mögen, sind keine Beute, für die man monatelang auf hoher See kreuzt und darauf wartet, jeden Augenblick ergriffen und aufgehängt zu werden. Seeräuberei ist ein hartes und gefährliches Geschäft, das einen nur mit Abenteuer und einer guten Beute entschädigt.« Er schnalzte verdrossen mit der Zunge. »Und seit Jahren haben sie weder das eine noch das andere gehabt.«
    »Was wollen sie denn?«
    »Keine Pötte mit Piken und Schaufeln mehr über-
    fallen, sondern lieber Goldschiffe entern, auch wenn wir dabei vielleicht draufgehen.« Er zuckte hilflos mit den Schultern: »Mit einem Wort: Wir sollen uns wie echte Piraten verhalten.«
    »Verstehe«, sagte der Margariteno. »Und was
    denkst du darüber?«
    »Wenn wir unsere Zeit nicht nutzen, sind wir bald alt und werden als Bettler in irgendeinem schmutzigen Hafen enden.« Er deutete auf die Kajüte des
    Achterkastells, in der sich Celeste aufhielt. »Und eine Frau an Bord macht die Dinge nicht besser, im Gegenteil: Sie bringt Unglück.«
    »Das ist meine Schwester.«
    »Alle wissen das, aber alle wissen auch, daß sie ein sehr attraktives Mädchen ist, und die meisten haben seit sechs Monaten an keiner Feige mehr gerochen.
    Darüber solltest du nachdenken.«
    »Das tue ich längst, aber es will mir keine passende Lösung einfallen. Was soll ich bloß mit ihr machen?«
    »Alles, außer sie noch länger an Bord eines Pira-
    tenschiffs zu lassen… Das geht einfach nicht!«
    »Aber wo könnte ich sie an Land gehen lassen?
    Das Winterquartier in den Grenadinen ist doch
    nichts für sie. Da gibt es nur Huren.«
    »Die Welt ist groß.«
    »Nicht groß genug für die Casa de Contratación.
    Ihr Arm reicht überall hin.«
    »Nicht nach Jamaika. Niemand, der mit der Casa
    zu tun hat, wagt es, Jamaika auch nur zu betreten, denn am nächsten Tag würden sie ihn dort öffentlich verbrennen. Deine Schwester ist dort völlig sicher, und wir können uns in der Zwischenzeit mit anderen Schiffen in Verbindung setzen, um vielleicht eine gemeinsame Aktion zu planen. In drei Monaten
    bricht die Flotte von Cartagena de las Indias nach Kuba auf und segelt von dort aus weiter zu den Azoren und nach Sevilla. Das wäre eine Gelegenheit, sie zu überfallen.«
    »Gemeinsam mit den Korsaren?« wollte der junge
    Kapitän Jacare Jack bestürzt wissen. »Ich hasse
    Massaker!«
    »Hör mal zu…!« erwiderte sein Stellvertreter und
    bemühte sich, die Ruhe zu bewahren. »Wichtig ist
    lediglich, das richtige Schiff auszuwählen, das
    Kampfgetümmel auszunutzen, es von der Flotte
    wegzutreiben und blitzschnell zu entern. Dafür
    schickt man am besten Spione in die Abfahrtshäfen, um herauszufinden, welche Schiffe Gold geladen
    haben und welche nicht. Oft erweisen sich die spektakulärsten Schiffe als Nieten.«
    »Hast du das schon früher gemacht?«
    »Schon oft. Der Alte verwandte viel daran, ein un-versehrtes Schaf zu reißen, während sich die Wölfe und Hunde gegenseitig in Klump schossen. Dann
    kamst du, und er tauschte die Schafe gegen Maultie-re ein.«
    »Und das stört dich?«
    »Und ob! In den letzten Jahren hat die Jacare fast nur noch Warnschüsse abgegeben. Reines Feuer-werk, das ihrem Ruf nicht gerecht wird.«
    »Einverstanden!« räumte der Junge ein. »Ich werde darüber nachdenken.«
    »So schnell wie möglich, das rate ich dir, sonst erleben wir am Ende noch eine unliebsame Überra-
    schung. Und mit diesem Mädchen an Bord gäbe das
    eine Tragödie.«
    Sebastián Heredia sah sich die Gesichter der Män-
    ner an, die gerade auf Deck Wache standen, und
    kam zum bitteren Schluß, daß der treue Panamese
    wieder einmal recht hatte. Ein Piratenschiff war für ein junges Mädchen wirklich nicht angebracht. Auch ohne Argusaugen waren die Gesten und Blicke nicht zu übersehen, die sich die schäbige sabbernde Schar jedesmal zuwarf, wenn Celeste aus der Kajüte trat, um frische Luft zu schöpfen.
    Nachdem der Schotte von Bord gegangen war, hat-
    te sich die

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