Insel der glühenden Sonne
eingeladen sei, wenngleich es durchaus mit dem Fall O’Neill zusammenhängen konnte. Dabei waren es gerade die Zimperlichen, die sich am meisten über die Gesetzlosigkeit in der Kolonie beschwerten.
Da er nichts daran ändern konnte, zog er es vor, an eine simple Unachtsamkeit zu glauben, und beließ es dabei.
»Warum hat man mich nicht benachrichtigt?«, verlangte er von dem Sekretär zu wissen. »Erst kürzlich habe ich diese Einladung erhalten. Das kommt mir sehr ungelegen.«
Der Sekretär überflog den Brief. »Ach ja, Mr. Matson. Ich bedauere sehr, aber Sie hatten laut meiner Liste einen Termin beim Kronanwalt, und diese Termine wurden alle an das Büro des Kolonialministers überwiesen, das sich im Erdgeschoss befindet.«
Er machte einen Vermerk auf seiner Liste, schrieb eine kurze Mitteilung und gab sie Sholto. »Gehen Sie damit zu Mr. Turnbull, dem stellvertretenden Kolonialminister. Er erwartet Sie.«
Angesichts der Neuigkeiten von Pellingham war Sholto nicht so sicher, ob er tatsächlich mit Turnbull sprechen wollte, andererseits konnte es nun, da Pellingham aus dem Weg war, womöglich um eine Beförderung gehen. Er warf auf der Treppe einen Blick in die Mitteilung und entdeckte wütend, dass einfach nur »Matson« darauf stand.
»Unverschämt«, murmelte er, zerriss den Zettel und warf ihn weg.
Dann kündigte er sich beim nächsten Sekretär an. »Mr. Sholto Matson, Richter für den Bezirk Sorell, ich habe einen Termin beim Minister.«
Turnbull, der am Ende des Raums saß, blickte auf und erhob sich. »Der Minister ist zurzeit nicht zu sprechen. Ich werde das übernehmen, Matson. Kommen Sie bitte herüber.«
Sholto runzelte die Stirn, da er Turnbull nie gemocht hatte, und begann das Gespräch mit den Worten: »Ich habe die lange Reise gemacht und muss nun erfahren, dass unsere Jahrestagung mit dem Kronanwalt abgesagt wurde. Dürfte ich fragen, wer für diese Fehlinformation verantwortlich ist?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Turnbull. »Aber zu etwas anderem: Der Minister hat einen Brief aus London erhalten, nach dem ein gewisser Patrick O’Neill, der Vater des verstorbenen Sträflings Matthew O’Neill, dem Unterhaus die Umstände seines Todes zu Gehör gebracht hat, worauf das Innenministerium großen Anstoß an den Vorgängen nahm.«
»Es war Richter Pellingham –«
Turnbull hob die Hand. »Unterbrechen Sie mich nicht, Sir. Mr. Patrick O’Neill hat sich mit anderen randalierenden Personen zusammengetan, die einen Groll gegen die Regierung hegen und radikale Gruppen gegründet haben, um die Deportationen abzuschaffen. Und das gerade jetzt, wo wir immer mehr Menschen brauchen, um diese und andere Siedlungen im Land zu kolonisieren. Was halten Sie davon, Matson?«
»Ich bin nicht für Dinge verantwortlich, die in London geschehen.«
»Nein, aber für Ihr Verhalten im Gerichtssaal. Und der Vizegouverneur hat mich angewiesen, etwas in dieser Sache zu unternehmen.«
»Sie meinen, ich soll den Sündenbock abgeben? O’Neill wurde vor drei Jahren auf Befehl von Pellingham gehängt. Vor drei Jahren! Wen interessiert das heute noch?«
Turnbull klopfte ungeduldig mit dem Federhalter auf den Tisch. »Wenn das Innenministerium diese Behörde kritisch unter die Lupe nimmt, haben wir darunter zu leiden. Pellingham wurde bereits seines Postens enthoben. Und Ihnen wird man wegen Ihrer Beteiligung an diesem Debakel die Landzuteilung streichen.«
»Was? Das Land gehört mir.«
»Nur solange es dem Gouverneur gefällt. Sie werden Ihre Papiere baldmöglichst der zuständigen Behörde aushändigen.«
»Und Pellingham darf sein Land behalten?«
»Ihm wurden bereits beträchtliche Pachtgüter entzogen.«
»Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, Mr. Turnbull, das werden Sie doch einsehen.«
»Nein, Matson. Man hat Ihre Äußerungen im Gerichtssaal zu Protokoll genommen. Passen Sie lieber auf, sonst enden Sie wie Pellingham. Ich kann Ihnen sagen, der Gouverneur ist äußerst ungehalten. Sie werden das Haus in Sorell verlassen und nach Port Arthur umziehen, wo Sie als stellvertretender Richter tätig werden.«
»Stellvertreter? Ich werde auch noch
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