Insel der glühenden Sonne
hin, dass es nagelneu sei. Cora war vom ersten Moment an beeindruckt und hatte sich verliebt – wenn schon nicht in Sholto, so doch in das Haus.
Sie schlenderte in eine Gasse, die vom Salamanca Square abzweigte, und fand sich am Hafen wieder, wo sie damals an Land gegangen war. Überall drängten sich Menschen. Da es in der Gegend keine Geschäfte gab, machte sie kehrt und bemerkte, dass ein junges Mädchen stehen geblieben war und sie stirnrunzelnd ansah. Cora warf den Kopf in den Nacken und rauschte an ihr vorbei.
Bailey erkannte Shanahan, der auf dem Weg zum Salamanca Square war, erst auf den zweiten Blick.
Er eilte hinüber. »Was hast du gemacht? Eine Bank überfallen?«, fragte er mit Blick auf die neue Kleidung.
»War nicht nötig«, lachte der Ire. »Ich bin endlich auf Bewährung frei, und der Boss hat mir eine Prämie gezahlt. Ich hatte mir schon lange vorgenommen, anständige Kleider zu kaufen, und war heute Morgen Pollards erster Kunde. Was hältst du von der Hose? Guter Stoff, was? Das ist Kord. Das Hemd ist aus Baumwolle, und die Jacke hat sogar ein Innenfutter.«
»Schon gut«, unterbrach ihn Bailey nervös. »Wo willst du hin?«
»Zum Platz. Wollte mich nach Arbeit umsehen.«
»Das geht nicht«, rief Bailey.
Shanahan starrte ihn an. »Wieso nicht? Meinst du, dafür sehe ich zu schick aus?«
»Nein, der Doc will dich sprechen«, improvisierte Bailey. »Doc Roberts, er hat eben nach dir gesucht. Ich soll dich zu ihm nach Hause schicken.«
»Was wollte er denn?«
»Keine Ahnung. Lauf rüber, vielleicht hat er Arbeit für dich.«
»Hältst du ihn für ein Orakel? Er kann doch gar nicht wissen, dass ich Arbeit suche.«
»Dann lass es bleiben. Ich überbringe nur die Nachricht.«
»Schon gut. Aber halt die Ohren für mich offen.«
Bailey sah ihn die Hügel hinaufgehen. Er drehte sich um und bemerkte, dass die Menge bereits unangenehm wurde. Man hatte die Frau des Richters erkannt!
Cora, die immer noch nichts gemerkt hatte, wich einer Pfütze aus und wollte gerade ein Schaufenster mit bestickten Tischdecken betrachten, als eine Frau schreiend auf sie zustürmte und mit Schlamm nach ihr warf.
Entsetzt blieb Cora stehen, starrte auf den Schmutzfleck auf ihrer Jacke. Das würde sie sich nicht gefallen lassen!
»Verdammte Hure!«, kreischte sie und ging auf die Frau los. »Kannst anständige Leute nicht leiden, was?« Sie fegte ihr den Hut vom Kopf und riss sie am Haar. »Hier hast du Schlamm, wenn du welchen willst.«
Sie zog die Frau an den Haaren mit sich, wollte sie auf den schlammigen Boden drücken, doch die Frau wehrte sich, trat und kratzte, während sich eine johlende Menge um die beiden scharte.
Cora schlug um sich, wollte die Angreiferin loswerden, riss sie wieder an den Haaren und hörte die ganze Zeit, wie die Umstehenden die Frau anfeuerten.
»Weiter so, Mae! Besorg’s der Hure!«
Es schien niemanden zu interessieren, dass die Frau mit dem Streit angefangen hatte, was Cora ziemlich verwirrte. Ihr Mann war Richter, der würde die Hure schon auspeitschen lassen. Mit einer letzten Anstrengung packte sie ihre Gegnerin um die Taille, riss sie schwungvoll herum und stieß sie weg. Das Manöver hatte Erfolg. Die Frau taumelte vorwärts und fiel der Länge nach in den Dreck.
Die Menge begrüßte Cora zögerlich als Siegerin, doch die Frau kam schon wieder hoch, worauf ein Polizist und zwei weitere Männer eingriffen.
Sofort wandte sich Cora an den Wachtmeister. »Sehen Sie nur, wie schmutzig ich bin! Meine Kleider sind ruiniert. Ich will, dass die fette Kuh hinter Gitter kommt.«
Die Beschuldigte saß schnaufend auf einer Bank und hielt sich das schmerzende Gesicht, getröstet von mitfühlenden Zuschauern.
Cora war außer sich. Niemand schien sich um sie zu kümmern. Erst da begriff sie, welche Gefahr ihr drohte, sah die finsteren Mienen der Umstehenden. Eine Frau spuckte sie an, eine andere bewarf sie mit ihrer durchnässten Haube, worauf bitteres Gelächter erklang.
Verwirrt trat Cora die Haube beiseite und brüllte den Polizisten an. »Tun
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