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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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den Kopf, sodass er in der ständigen Angst lebte, seinen Schatz zu verlieren.
            Allmählich brachte er sein Konto wieder in die schwarzen Zahlen, indem er prozessführenden Parteien seine Bereitwilligkeit signalisierte. Leute, die es sich leisten konnten, ahnten bald, dass ein paar private Worte mit Oberrichter Pellingham ihrer Sache sehr förderlich sein konnten. Bei Marigolds exzellenten Dinnerpartys begegneten die Gäste einem herzlichen Gastgeber, mit dem man bei einem Brandy im von Bücherregalen umrahmten Arbeitszimmer ausgezeichnet plaudern konnte.
            Nicht nur seine Schulden schmolzen dahin, Grover erwarb auch Wertpapiere, wenn er gute Tipps erhielt, und entdeckte eine weitere lukrative Einnahmequelle: Man konnte sich sein Stillschweigen erkaufen.
            Marigold hingegen wusste nichts von diesen Nebeneinkünften; sie hatte keine Ahnung, dass viele ihrer angesehenen Gäste mit Bittgesuchen und Schmiergeldern für ihren Mann auftauchten, und sonnte sich im guten Ruf, den ihr herrliches Heim in der Gesellschaft genoss. Sie prahlte gern damit, dass sie Geschäftsleute, Bankiers, Viehzüchter, Anwälte und einige Ärzte bei sich empfing. Für den Kreis des Gouverneurs, den sie als versnobt betrachtete, empfand sie nur Verachtung.
            Als sich ihre enge Clique aufzulösen begann, war Marigold am Boden zerstört. Ihr langer Speisetisch zeugte von den traurigen Entwicklungen. Immer mehr Plätze blieben leer.
            Ein Karikaturist weidete sich an ihrem Pech und zeichnete Marigold und Grover in Abendkleidung, wie sie an beiden Enden der von leeren Stühlen gesäumten Tafel thronten, in der Mitte einen riesigen Plumpudding. Marigold schnitt das dampfende Gericht gerade an, auf dem Bombe zu lesen war. Darunter stand: O’Neills Rache .
            Marigold weinte tagelang. Niemand tröstete sie. Anscheinend hatte sich die ganze Welt gegen sie verschworen. Sie flehte Grover an, die Insel zu verlassen und mit ihr und dem Kind nach England zurückzukehren, was er rundheraus ablehnte. Ihre Träume waren zerplatzt. Sie konnte den Leuten in Hobart nicht mehr ins Gesicht sehen, vor allem, als sie begriff, wie ungeheuer grausam Grover sich verhalten hatte. Sie war froh, dass er in Van Diemen’s Land bleiben wollte, da sie ihn längst als Last empfand. Nachdem ihre reichen Eltern von der Geschichte erfahren hatten, wollten auch sie nichts mehr von ihm wissen. Ihre Mutter war Mitglied der Gefangenenhilfe und, was noch schwerer wog, gebürtige Irin wie O’Neill. Marigold betete, dass die Karikatur niemals den Weg nach London finden möge.

 

  15. Kapitel

 
            Ein halbes Jahr später gelangte die Karikatur in den Dublin Chronicle , samt einem erläuternden Brief von Sean Shanahan. Sein Onkel Patrick freute sich, war aber keineswegs zufrieden. Er verlangte noch immer, dass man die beiden Richter als Folterer anklagte.
            Doch bis dahin hatte sich in der fernen Kolonie vieles verändert.
             
            Am Tag, als die Zeichnung erschien, befand sich Singer Forbes im Laderaum eines Küstendampfers, der ihn nach Port Arthur brachte.
            Die Storm Bay war den gefesselten Gefangenen freundlich gesonnen und kräuselte sich in einer sanften Brise. Singer lachte, als sie dicht gedrängt unter Deck hockten.
            »Das ist wie früher, Jungs. Denkt mal an die nette Überfahrt aus der alten Heimat.«
            »Wir hätten uns wehren sollen«, sagte einer. »Wir waren mehr als die. Wir hätten sie über Bord werfen können.«
            »Wir sind immer noch in der Überzahl«, warf ein anderer ein. »Warum nicht jetzt? Sind nur ein paar Bewaffnete und die Matrosen.«
            »Fang du doch an«, lachte jemand. »Sag uns, wenn die Luft rein ist. Bis dahin trägt uns Singer was vor.«
             
            Singer stimmte ein paar bekannte Weisen an, bis Gesang und Gelächter einen Wachposten dazu brachten, an die Ladeklappe zu hämmern. Als sich die Gefangenen nicht beruhigten, rissen zwei Wärter die Klappe auf und standen mit drohend erhobenen Gewehren im grellen Licht.
            Singer setzte mit seinem schönen Tenor zu »The Last Rose of Summer« an, worauf sich alle Gedanken an Meuterei verflüchtigten. Auf dem Schiff herrschte absolute Stille, als die Passagiere oben und die Gefangenen unten dem Lied andächtig bis zur letzten Note lauschten.
           

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