Insel der glühenden Sonne
Sache mit Hippisley zu klären? Er muss erfahren, dass Sie keinerlei Anzeichen für eine Vergewaltigung festgestellt haben.«
»Gewiss werde ich das tun. Wie kann es dieses verdammte Weib wagen, mich in seine schmutzigen Affären hineinzuziehen! Wie ich es sehe, ist das Mädchen keineswegs vergewaltigt worden. Und mehr noch, der Verkehr war ihr offenbar nicht fremd.«
»Wie bitte?«
»Sie können das gern schriftlich von mir haben. Und sie freute sich wie ein Schneekönig, dass sie ein Baby bekommen würde. Das arme Ding verstand gar nicht, was mit ihr passierte.«
»Guter Gott!«
»Nehmen Sie meinen Rat an: Wenn Sie wirklich auf eine Berufung aus sind, ziehen Sie so rasch wie möglich einen qualifizierten Mediziner hinzu, bevor man die Kleine in ein Kloster oder Ähnliches zaubert. Ich kümmere mich um Hippisley. Ach, da Sie gerade hier sind … Ich wollte Sie schon länger etwas fragen … Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich für den Hobart Gentlemen’s Club zu empfehlen?«
Diese Bitte machte in der Stadt schon länger die Runde, und Baggott erklärte sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen.
Nachdem er an diesem Abend im Klub sein Versprechen gegenüber Jellick eingelöst hatte, setzte sich der Anwalt in eine Ecke des Lesezimmers, versteckte sich hinter der Zeitung und wälzte das Problem Barnaby Warboy.
Wieder und wieder ging er im Geiste das Material durch, das er bei seinen Nachforschungen gesammelt hatte. Was für einen Sinn hatte es, mit dem Mädchen zu sprechen, wenn es geistesschwach war? Darin schienen sich alle einig, und darum war sie auch nicht als Zeugin vorgeladen worden. Sie hatte nur den Namen McLeod genannt, was unter den Umständen für eine Verurteilung gereicht hatte.
Joe wusste, dass Barnaby ihn davon abhalten könnte und würde, sie vor Gericht aussagen zu lassen. So würde jeder Großvater handeln. Und selbst wenn er dieses Hindernis überwand, fühlten sich Richter und Geschworene angesichts seiner Mitleid erregenden Zeugin vermutlich vor den Kopf gestoßen.
Und das wäre nur der Anfang. Barnaby wäre zutiefst erschüttert, wenn er in aller Öffentlichkeit erführe, dass »Verkehr ihr offenbar nicht fremd war«, wie Jellick es formuliert hatte. Und dass sie vermutlich gar nicht vergewaltigt worden war.
Sollte Miss Warboy in diesem Zusammenhang erneut mit dem Finger auf McLeod deuten, wäre seine ganze Berufung hinfällig.
Doch wer könnte der Schuldige sein? Gut denkbar, dass das Mädchen einem x-Beliebigen zu Willen gewesen war, der zufällig vorbeikam. Auch könnte sie sich nachts aus dem Haus geschlichen haben. Sie wurde ja nicht hinter Schloss und Riegel gehalten und konnte sich frei auf einem Gelände bewegen, auf dem mehr als ein Dutzend Sträflinge lebten.
In der Tat drehte sich der ganze Fall um das geschlechtliche Verhalten eines zurückgebliebenen Mädchens, und eine Berufung auf dieser Grundlage war wie ein Marsch in den Treibsand.
Der Anwalt Joseph Baggott fällte seine Entscheidung.
Nach seiner Rückkehr ins Büro schrieb er Mr. Shanahan, dass er trotz seines guten Willens keine neuen Beweise gefunden habe, die gegen die Verurteilung von Angus McLeod sprächen; daher sei ein Berufungsverfahren nicht möglich. Er bedankte sich für sein Interesse und wünschte ihm alles Gute.
Die Rechnung über zwei Shilling Sixpence legte er bei.
Sean war glücklich, dass sein Haar nachwuchs, trug aber immer eine Mütze, wenn er aus dem Haus ging, weil das Durcheinander auf seinem Kopf noch keine richtige Frisur war.
Als er jetzt vor dem Spiegel in der Küche des Arztes stand, konnte er es tatsächlich schon kämmen. Es war der erste Kamm, den er seit seiner Ankunft in der Kolonie benutzte. Man warnte die Männer, dass die Haare oft grau oder sogar feuerrot nachwüchsen, doch er hatte Glück, sein Haar war dunkel, weich und wellig.
Schon lange hatte er sich nicht mehr schick gemacht, doch jetzt lebte er in einer Stadt, wo man mehr auf sich achten musste.
Zudem war Sonntag. Er besuchte die Messe in der kleinen Kirche in der Bathurst Street, wo er sich während der Predigt wie ein staunendes Kind umsah, den Kollektenteller einfach weiterreichte
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