Insel der glühenden Sonne
Opfer.«
»Natürlich darf ich das nicht, und es ist Ihr gutes Recht, mich zurechtzuweisen, aber eine wilde Behauptung ist das nicht. Das Mädchen ist zurückgeblieben, kindlich, wenn man es freundlich ausdrücken möchte. Geistesschwach, wenn man der Wahrheit den Vorzug gibt.«
»Und Sie meinen, es hilft Mr. McLeod, wenn Sie so grausam von der jungen Frau sprechen? Bedauere, Mr. Shanahan, es macht das Verbrechen umso abscheulicher.«
Sean schob den schweren Stuhl zurück und erhob sich.
»Haben Sie nicht gehört, was ich soeben über vorschnelle Urteile gesagt habe? Oder dachten Sie bereits an Ihre Rechnung? Ich bitte Sie, einen Mann zu vertreten, dem von Seiten des Gerichts Unrecht zugefügt wurde, einen unschuldigen Mann, und Sie denken nur an Ihr Honorar.«
»Setzen Sie sich bitte, Mr. Shanahan. Ich kann es nicht dulden, dass Sie mir eine Szene machen.«
»Das ist keine Szene, Sir. Ich versuche lediglich, Ihnen die Fakten vor Augen zu führen, und wenn Sie mir nicht zuhören können, ohne mich zu unterbrechen, und mit mir über Dinge streiten, deren Hintergründe Sie nicht kennen, sollten wir dieses Gespräch wohl besser beenden.«
Baggott hätte Sean um ein Haar hinausgeworfen, besann sich dann aber, dass dies einem Eingeständnis, nicht zuhören zu können, gleichgekommen wäre. Der verfluchte Kerl hatte ihn in die Enge getrieben.
»Setzen Sie sich doch, in Gottes Namen«, knurrte er. »Hoffentlich ist Ihnen klar, dass Zeit für mich Geld ist.«
»Dazu komme ich noch«, meinte Sean kühl und nahm wieder Platz.
»Ich verstehe es so: Miss Warboy suchte einen Arzt auf, der ihre Schwangerschaft feststellte. Welchen Arzt?«
»Dr. Jellick.«
»Woher wissen Sie das?«
»Von der Haushälterin.«
»Als die Eltern das Mädchen nach dem Vater fragten, gab sie den Namen Angus McLeod an. Der Mann war ein Sträfling, der als Gärtner auf der Warboy-Farm arbeitete. Er hatte Kontakt zu Miss Warboy, die ihn im Gewächshaus besucht hatte, das sich ziemlich nah an der Rückseite des Wohngebäudes befindet. Ist das soweit richtig?«
Sean nickte.
»Sie selbst haben erklärt, dass Angus McLeod Gefallen an Miss Warboy fand. Und ziemlich stolz war, weil sie ihn ohne Begleitung im Gewächshaus aufsuchte. Mit anderen Worten, die beiden waren gelegentlich allein dort.«
»Ja.«
»Für mich klingt das alles sehr offensichtlich, aber betrachten wir es mal aus einem anderen Blickwinkel. Erstens: Sie und auch andere, die ihn kennen, behaupten, dass McLeod ein ausgesprochen moralischer Mensch sei. Zweitens: Er schätzte Miss Warboy sehr und hätte sie nicht ohne ihre Zustimmung angefasst. Drittens: Sie und die anderen glauben, dass er sie so verehrte, dass er sich ihr unter gar keinen Umständen unsittlich genähert hätte.«
Er schüttelte den Kopf. »Das reicht kaum für eine Berufung. Ihre Argumente basieren auf Gefühlen. Die Vernunft würde umgehend fragen, warum ein so moralischer Mann überhaupt erst ins Gefängnis kam.«
»Angus hat sich für die Rechte der Arbeiter eingesetzt, Sir. Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen.«
»Ich verstehe seine Motive und Enttäuschungen, dennoch hat er gegen das Gesetz verstoßen. Davon abgesehen sollten Sie wissen, dass selbst in den ehrenwertesten Menschen etwas Böses lauern kann. Man kann niemandem in die Seele blicken und sagen, dass er wahrhaftig schuldlos ist. Er hat Ihnen nur sein Wort gegeben.«
Baggott hob den Finger, um Sean an einem Einwurf zu hindern.
»Sie und auch andere glauben McLeod, und er kann sich deswegen wirklich glücklich schätzen. Doch was ist mit der jungen Frau? Ist sie auch so schuldlos, wie sie behauptet? Auch in weiblichen Seelen kann Böses lauern. Wenn McLeod unschuldig ist, lügt sie. Und diesen Punkt sollten wir genauer untersuchen.«
Sean richtete sich überrascht auf. »Sie übernehmen den Fall?«
»Sofern es denn einen gibt. Da Sie die Beteiligten so gut kennen, wüsste ich gern, wer Ihrer Meinung nach lügt.«
Sean holte tief Luft. »Angus nicht. Sie möglicherweise …«
»O nein, so nicht, Sie müssen sich schon
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