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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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vorlegen und am sechsten Tag im Beisein des Kommandanten eine Probe abhalten.
            Der Kommandant fügte handschriftlich einige Vorschläge bei. Das Konzert sollte vorzugsweise mit Marschliedern beginnen. Außerdem wünschte er einen Akrobaten oder Jongleur, einen als Mädchen verkleideten Knabensopran, ein Gesangstrio, zwei Solisten – Bariton und Tenor –, die Balladen vortrugen, und einen Clown.
            Als sein Sekretär dem Chorleiter die Anweisungen aushändigte, erklärte er, weitere Vorschläge seien willkommen und würden bei der Probe auf ihre Tauglichkeit geprüft.
            »Bevor ich es vergessen, holen Sie einen Burschen namens James Forbes dazu. Dem Kommandanten hat seine Stimme gefallen. Und jemand soll aus dem Jungengefängnis einige Sänger besorgen, aus denen wir den Besten auswählen können. Die Probe wird sicher lustig, was?«
            Der Chorleiter war entsetzt und hätte gern auf diese Aufgabe verzichtet. Es war schwer genug, einen Sträflingschor zu führen, geschweige denn ihn vor hochrangigen Gästen auf einer Bühne zu präsentieren.
            Was Forbes betraf, war er bereits von Mitgefangenen für den Chor empfohlen worden, hatte sich aber geweigert, daran teilzunehmen. Der Chorleiter befürchtete, er werde einen Solovortrag rundweg ablehnen, aber Befehl war Befehl.
            Als Kalfakter hatte er Zugang zum Hauptgefängnis und sorgte dafür, dass er Forbes wie zufällig beim Hofgang traf. Er saß in der Hocke, ein Bein vor sich ausgestreckt, wie es die müden Männer zu tun pflegten. Die Muskeln konnten sich entspannen, und sie waren trotzdem sprungbereit.
            »Mensch, bist du nicht Singer Forbes? Ich bin der Chorleiter hier.«
            »Ja, das weiß ich. Dein Chor ist gut, die Jungs singen wie die Nachtigallen.«
            »Hättest du keine Lust, dabei zu sein?«
            »Nein. Es reicht mir, sie am Sonntagmorgen in der Messe zu hören.«
            »Aber ich habe erfahren, dass du eine schöne Stimme hast. Warum machst du nichts draus?«
            Forbes zuckte die Achseln. »Ach, lass mich, Kamerad. Ich verschwende hier mein Leben, nicht nur meine Stimme.«
            Der Chorleiter versuchte es nun direkter. »Du bist extra ausgewählt worden, um bei einem Konzert für offizielle Gäste zu singen. Nicht im Chor, sondern allein.«
            »Von wem?«
            »Vom Kommandanten persönlich. Das ist eine Ehre. Und du bekommst sicher Punkte für gute Führung, wenn es seinen Gästen gefällt. Für mich wäre es auch eine Hilfe, ich muss das irgendwie hinkriegen.«
            Forbes stand auf und schob die Mütze in den Nacken. »Hör mal, ich würde dir gern helfen, aber ich singe schon nicht für Gott in der Kirche. Soll ich etwa für diesen sadistischen Hurensohn singen?«
            Eine Pfeife ertönte.
            »Ich muss rein.«
            Der Chorleiter senkte die Stimme. »Forbes, ich kann dich ja verstehen, aber sei vorsichtig. Die Bitte des Kommandanten ist so gut wie ein Befehl. Das muss dir doch klar sein!«
            »Ja, ist es auch.«
            Sie hatten sich in die Schlange vor dem Ausgang eingereiht, als plötzlich ein Schrei ertönte, dann noch einer und wieder einer. Alle Männer hielten mit grimmigen Gesichtern inne, und der Chorleiter erschauderte bei den Geräuschen der Auspeitschung.
            »Ist heute spät dran«, meinte Forbes. »Sag dem Kommandanten, er soll zur Hölle fahren.«
            Während er wartete, dass ein Aufseher das äußere Tor öffnete, warf der Chorleiter noch einen Blick auf Forbes.
            Ein gut aussehender Bursche, kühl, würdevoll selbst in der Sträflingskleidung, er wäre ein wertvoller Zuwachs für den Chor gewesen.
            »Schade drum«, murmelte er.
             
            Die Tage vergingen. Der Chor probte zweimal täglich, und alles lief glatt, bis Captain Biddle, der Sekretär des Kommandanten, auf der Bildfläche erschien.
            Er prüfte die Liste der geplanten Darbietungen, die Namen der Künstler und die Titel der Choräle und Lieder.
            Dann schnippte er mit den Fingern Richtung Chorleiter. »Was ist denn nun mit diesem Forbes?«
            »Wir nehmen ihn nicht.«
            »Das würde ich mir gut überlegen. Es ist nicht an dir, zu entscheiden, wer genommen wird. Hol ihn sofort

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