Insel der glühenden Sonne
Hause?«, fragte Josie.
»Nein, dafür ist es noch zu früh. Warum fahren wir nicht zum Salamanca Square? Dort gibt es sonntags immer Gaukler und Musiker.«
Sean sah sie unsicher an. »Ja, das stimmt. Aber Ihre Mutter muss entscheiden …«
»Mir gefällt es hier ganz gut.«
Doch letztlich setzte sich Louise durch. Sie packten die Picknicksachen in den Buggy und rollten Richtung Hobart.
Sean begleitete sie durch die Menge, während sie die Dicke Dame in ihrem Zelt bewunderten und sich von einer Zigeunerin aus der Hand lesen ließen, weigerte sich aber strikt, es selbst zu versuchen.
»Sie sind zu abergläubisch, Sean«, lachte Josie. »Es ist doch nur Spaß.«
Louise war anderer Meinung. »Nein, Mutter, es ist wahr. Sieh mal, dort ist auch eine Warteschlange.«
Als sie sich umdrehte, stieß sie beinahe mit Bailey zusammen, der seinen verbeulten Hut lüftete. »Guten Tag, Miss!«
Sie kicherte. »Guten Tag, Mr. Bailey.«
Sean stöhnte, als er Josies knappe Frage hörte. »Wer war das? Woher kennst du ihn?«
Sean konnte die mütterliche Sorge gut verstehen. Bailey sah aus, als wäre er dem Armenhaus entsprungen, und trat dreist wie immer auf. Doch Louise tat die Frage ab und eilte zu einer weiteren Zigeunerin hinüber, die an einem Tisch saß und einer älteren Kundin die Karten legte. Josie lief ihr nach, wobei ihr weizenblondes Haar unter der Haube hervorrutschte. Ihr Gesicht strahlte vor Aufregung.
»Was für Schönheiten!«, konstatierte Bailey. »Welche ist deine?«
»Keine, ich bin nur mit ihnen befreundet«, beschied ihn Sean.
»Ich hätte auf die Junge getippt, weil sie deine Nachrichten überbringt.«
»Sie hat mir bloß einen Gefallen getan.«
Bailey paffte eine stinkende Zigarre. »Das sind nicht zufällig die Damen Harris?«
»Doch. Wieso?« Sean beobachtete sie in der Warteschlange, Louise im gelben, bauschigen Sommerkleid, Josie ganz in Weiß.
»Da ist was faul«, meinte Bailey. »Hab üble Sachen über Harris gehört.«
»Welche üblen Sachen?«, fuhr Sean ihn an. »Mit Skandalen haben sie nichts zu schaffen.«
»Nein, nicht so was, hab nur flüstern hören. Ging nicht um deine nette junge Dame. Hat mich sogar Mr. Bailey genannt. Ich muss los.«
Sean ergriff seinen Arm. »Du gehst nirgendwo hin, bevor ich nicht weiß, was hier gespielt wird.«
»Hab keine Ahnung, Shanahan, ehrlich nicht.«
»Und ob. Flüstern besteht aus Worten. Und die würde ich jetzt gern hören.«
»Hör auf, du tust mir weh. Ich hab den Namen Harris eben aufgeschnappt, mir aber nichts dabei gedacht … Es ging um Rache. Jemand will Rache.«
»Wofür?«
»Keine Ahnung. Aber es kann nicht um die Damen gehen, unmöglich.«
Sean war seiner Meinung. »Nein, aber ich wüsste trotzdem gern, worum es geht.«
»Vielleicht kriege ich ja mit, ob sie jemanden für die Sache finden.«
»Du meinst, es wird nach einem gesucht, der die Racheaktion durchführt?«
»Hört sich ganz so an.«
»Und von wem hast du das?«
»Hab’s im Dunkeln aufgeschnappt. Von ein paar Matrosen draußen vor dem Whaler’s Return. Könnte sein, dass unter ihnen böses Blut herrscht und ein Harris dran beteiligt ist.«
Sean nickte. Baileys feines Ohr war berühmt. Angeblich konnte er auf zwanzig Schritt eine Nadel fallen hören.
»Aber es ging nicht um Frauen, oder?«
»Nein. Hier kommen deine Damen. Wenn ich was erfahre, melde ich mich, aber das geht nicht umsonst.«
Er huschte davon und ließ einen besorgten Sean zurück. Wusste Bailey, dass Bull Harris Josies Ehemann war? Sie behielt es streng für sich, und Louise ging selten in Gesellschaft, sodass sie nicht gerade stadtbekannt waren. Vermutlich war Bailey Louise nur bei der einen Gelegenheit begegnet.
Sie rannte auf ihn zu. »Ich heirate einen hübschen Offizier und ziehe nach Indien«, rief sie. »Mutter wird unheimlich reich, und ihre grauen Haare werden zu Gold.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie
Weitere Kostenlose Bücher