Insel der glühenden Sonne
flüchtiger Blick. Ich wäre vorsichtig, daraufhin zwei Menschen an den Pranger zu stellen. Sie haben keine echten Beweise. Belassen Sie es dabei, mein Lieber, wir dürfen keine Sünden sehen, wo keine sind.«
»Und was ist mit dem Sträfling McLeod?«
Der Bischof erhob sich. »Sie sagten, Miss Warboy habe ihn beschuldigt. Das dürfte für jeden Richter genug sein. Sie muss es ja am besten wissen. Ich möchte Sie nicht länger aufhalten, Sie haben sicher dringend in Ihrer Gemeinde zu tun. Ich bete für Ihre Gesundheit.«
Samuel Thorley war ein stiller, bescheidener Mann, der die Haltung des Bischofs durchaus verstehen konnte. Natürlich stand seine Anklage auf tönernen Füßen, vielleicht hätte er sofort mit Warboy darüber reden sollen, doch das hätte nur heftiges Leugnen und Zorn heraufbeschworen.
Und Bischof Hankers war der Meinung, Thorley habe sich alles nur eingebildet. Er errötete, wenn er an den Tadel dachte, er solle keine Sünden sehen, wo keine seien. Noch nie hatte man ihn des Übereifers bezichtigt.
Dann dachte er wieder an das Leiden McLeods in Port Arthur, und das verlieh ihm neuen Mut. Um dieses Mannes willen musste er seinen Verdacht einer Zivilbehörde vortragen.
Als er den Vorfall zum zweiten Mal schilderte, war er weniger verlegen. Polizeichef Hippisley hörte höflich zu und wirkte gar nicht schockiert, weil er als Polizist mit solcher Verderbnis wohl schon vertraut war.
»Nun, Herr Vikar, Sie glauben also, dass Ihre Beobachtung etwas mit dem Vergewaltigungsfall zu tun haben könnte.«
»In der Tat. Leider sind mir Fälle von Inzest nicht unbekannt. Ich war entschlossen, nach meiner Rückkehr mit Mr. Jubal Warboy zu sprechen, traf ihn aber zu meinem Bedauern nicht mehr in der Kolonie an. Die junge Frau hingegen ist noch hier. Sie könnte die Sache klären. Meiner Ansicht nach handelt es sich um einen Justizirrtum.«
»Verstehe.« Der Polizeichef wirkte nicht abgeneigt, ihm zu glauben.
»Man hat auf ihre Aussage hin einen Mann wegen Vergewaltigung verurteilt, den viele für unschuldig halten. Ich glaube, Mr. Baggott hat sogar Berufung eingelegt.«
»Unbegründet, da das Opfer den Angreifer identifiziert hat.«
»Sicher. Doch wenn man nun vorschnell auf eine Vergewaltigung geschlossen hat, nachdem die Schwangerschaft festgestellt wurde? Sie musste jemanden benennen, um den Verdacht von ihrer Familie abzulenken. Ich hoffe, Sie glauben nicht, ich würde es genießen, diese Sache wieder auszugraben, aber ich möchte, dass der Richtige verurteilt wird. Alles andere käme einer Tragödie gleich.«
Hippisley überlegte gründlich, stützte den Ellbogen auf und das Kinn in die Hand, während seine Linke leise auf den Tisch trommelte. Minuten vergingen. Der Vikar bewahrte Geduld.
Schließlich sagte Hippisley: »Meinen Sie, das Mädchen ist … schlicht im Geist?«
»Mag sein. Sie wirkte für ihr Alter sehr naiv.«
»Was die Sache natürlich noch übler macht. Inzest ist immer schlimm und führt oft zu Schwangerschaften, worauf die Eltern Dritte beschuldigen. Denkbar, dass wir es mit einem derartigen Fall zu tun haben.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Ich hielt es für meine Pflicht, Sie über die familiäre Situation zu informieren.«
»Vielen Dank, Herr Vikar, das war sehr richtig. Ich werde der Sache nachgehen und Sie auf dem Laufenden halten.«
Hippisley hatte angebissen, er konnte diese Information nicht übergehen.
Jubal Warboy sollte also der Schuldige gewesen sein. Doch was tun? Der Kerl war geflohen. Ob man das Mädchen dazu überreden konnte, die Sache aufzuklären? Immerhin hatte sie einfach nur McLeods Namen genannt und war auch nicht als Zeugin vor Gericht erschienen. Barnaby Warboys guter Ruf hatte dafür gesorgt, dass sie nicht in aller Öffentlichkeit auftreten musste.
Er fragte sich, ob Barnaby etwas ahnte.
Egal, er musste das Mädchen finden. Miss Warboy hatte die Farm verlassen, vermutlich, um weiteren Klatsch zu vermeiden.
Er würde Gander losschicken, damit er sich ein wenig umhörte.
Dr. Jellick genoss Hippisleys Gesellschaft; ein interessanter Mann, der früher bei der
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