Insel der glühenden Sonne
Ratte?«
»Das behaupte ich ja gar nicht. Bedauerlicherweise kann ich Ihnen zurzeit einfach nicht behilflich sein.«
»Dann zeigen Sie mir wenigstens, wie man eine Petition an die Regierung aufsetzt.«
»Zu welchem Thema?«
»Zum Verbot der Deportation unserer Bürger in unbekannte Gegenden der Welt. Könnten wir darüber sprechen?«
»Für Matt ist es zu spät.«
»Meinen Sie, ich wüsste das nicht? Sie sollten mich nicht unterschätzen, Mann. Zeigen Sie mir nur, wie man diese Petition schreibt. Wenn ich meinem Sohn schon nicht helfen kann, möchte ich doch etwas für die Söhne und Töchter anderer Männer tun. Ich werde nicht mit leeren Händen zu meiner Frau zurückkehren.«
»Na schön. Ich lasse meinen Sekretär die offiziellen Petitionsformulare holen. Wenn sie ausgefüllt sind, sorge ich dafür, dass ein Parlamentsmitglied sie in Ihrem Namen einreicht.«
Danach ging Patrick die Sackville Street entlang zu seinem Hotel, wo er das Päckchen mit warmen Kleidern abholte, die seine Frau für Matt eingepackt hatte. Schweren Herzens begab er sich zum Gefängnis.
Am Tor wollte er gerade seinen Erlaubnisschein vorzeigen, als ein Mädchen auf ihn zustürzte und ihn am Arm festhielt.
»Warten Sie, Mr. O’Neill! Darf ich mit, die wollen mich allein nicht reinlassen. Ich muss unbedingt zu Sean.«
Er runzelte die Stirn. »Ach, du bist es, Glenna Hamilton. Du gehörst hier nicht hin. Das ist kein Ort für eine junge Dame.«
»Bitte, Sean wird auch weggeschickt. Er und Matt können jeden Tag an Bord gebracht werden. Sie werden mich doch nicht daran hindern, ihn ein letztes Mal zu sehen.«
Patrick blickte in ihr reizendes Gesicht und erinnerte sich, dass auch Matt sich einmal für Glenna interessiert hatte. Zuletzt war sie jedoch mit seinem Cousin Sean Shanahan gegangen. Und nun waren beide verbannt.
Er war tief erschüttert über das Schicksal der jungen Burschen, doch die Sorge des Mädchens rührte ihn, und es konnte nicht schaden, wenigstens Sean ein wenig aufzumuntern.
»Na gut. Zieh dir das Tuch übers Gesicht und halt den Mund. Ich sehe zu, ob ich ihn finde.«
Man führte sie über einen Hof und durch einen Torbogen zum Besuchereingang, wo sie mit einem älteren Paar und einer dicht aneinander gedrängten Familie warteten, bis man die Tür aufschloss. Sie mussten sich vor einer Bank aufstellen und ihre persönlichen Besitztümer aushändigen.
Die Wärter, drei Männer und eine Frau, beobachteten sie dabei. Nachdem sie ihre Tasche und die Kleeblattbrosche abgegeben hatte, musste sich Glenna von dem hässlichen Weib abtasten und durchsuchen lassen.
Sie sah Mr. O’Neill, der aus der Männerschlange wütend die Frau beobachtete, die mit eisenharten Händen Glennas Körper abklopfte, doch sie schüttelte nur den Kopf, um ihn zu beschwichtigen. Dann durchsuchte man auch ihn. Sie wurden durch einen langen Korridor geführt, bis man ihnen befahl, stehen zu bleiben, als wären sie Soldaten. Die Wärter ließen sie die ganze Zeit nicht aus den Augen.
Glenna war ganz kribbelig vor Aufregung, weil sie Sean gleich sehen würde, und fand den Ausflug ins Gefängnis beinahe abenteuerlich. Bisher unterschied es sich mit dem Steinboden und den grün gestrichenen Wänden kaum von anderen Regierungsgebäuden.
Ein Wärter holte zuerst das alte Paar ab und dann Mr. O’Neill, worauf Glenna vortrat, um mitzugehen. Man schickte sie zurück hinter die schwarze Wartelinie, die sie erst jetzt bemerkte.
»Sie gehört zu mir«, sagte O’Neill, doch man teilte ihm mit, sein Sohn befinde sich auf dem Hof, zu dem Frauen keinen Zutritt hätten.
»Wo kann sie Sean Shanahan sehen?«, fragte Patrick. »Sie hat eine Erlaubnis.«
»Er ist auch draußen. Wir schicken ihn in die Zelle. Du hast nur zehn Minuten, Mädchen, hättest früher kommen sollen. Die kriegen gleich ihren Tee.«
Mr. O’Neill zuckte ungeduldig mit den Schultern und ging los, gefolgt von dem Wärter. Glenna sah ihnen nach. Als sie um eine Ecke verschwanden, wandte sie sich an den Wärter, der ein Schreibbrett bei sich trug und für die Besucher zuständig zu sein schien.
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