Insel der Rebellen
Gouverneur nicht daran dachte, mit der Chefin zu sprechen oder sich mit ihr zu treffen. Als sich Andy den Gang des Gouverneurs genauer anschaute, hatte er nicht den Eindruck, dass der höchste Repräsentant des Staates Virginia noch nüchtern war.
»Hör mal, es wäre möglich, dass der Gouverneur sich an dich erinnert oder dass die Tochter, die sich über dich geärgert hat, den Vorfall erwähnt«, sagte Andy, bemüht, mit Macovich Schritt zu halten, während sich die hochmögende Familie näherte. »Ich halte es für besser , wenn ich ein paar Worte mit ihm rede. Ich glaube, er ist etwas betrunken.«
Macovich hatte keineswegs die Absicht, Andy eine Privataudienz beim Gouverneur zu verschaffen, vor allem nicht in diesem Augenblick, wo der Gouverneur einen sitzen hatte und womöglich leutseliger und spendabler war als sonst. Das fehlte ihm gerade noch - dass Andy nicht nur bei Hammer lieb Kind war, sondern sich auch noch beim Gouverneur einschmeichelte. Seit Jahren bemühte sich Macovich erfolglos um etwas stärkere Beachtung vom Gouverneur, vielleicht sogar um ein bisschen Zuneigung, und die Billard-Geschichte hatte ihm auch nicht gerade genützt.
»Mann, da würd ich die Finger von lassen«, versuchte Macovich, Andy zu entmutigen. »Vor allem nich, wenn er getrunken hat. Der kann vielleicht eklig werden, wenn er gesoffen hat.«
Macovich hatte ein schlechtes Gewissen, weil er Andy belog und linkte, aber es half nichts. Er hatte das Gefühl, in einer beruflichen Sackgasse zu stecken. Wenn er sein Revier nicht mit allen Mitteln verteidigte, würde er sich als Wachmann in einem Einkaufszentrum wiederfinden oder rassistische Geschäftsleute für eine HubschrauberChartergesellschaft herumfliegen. Doch zu Macovichs Überraschung und Ärger kümmerte sich Andy überhaupt nicht um seine Ratschläge, sondern trat auf den Gouverneur zu und schüttelte ihm die Hand.
»Nun beschützt mich also auch schon das Militär, was?« Der Gouverneur schien erfreut, denn er konnte verschwommen erkennen, dass der Mensch vor ihm ein großer Mann in Uniform war und daher entweder zur Armee oder zur Nationalgarde gehörte. »Das gefällt mir.«
Die drei älteren Crimm-Töchter richteten ihr e Aufmerksamkeit auf Andy wie Blutegel auf eine offene Wunde, während die vierte, die ihre Spätpubertät auf höchst ärgerliche Weise auslebte, dicke Kaugummiblasen produzierte. Gouverneur Crimm lächelte und klopfte suchend nach seinem Vergrößerungsglas, das er jetzt an seiner Uhrkette trug, um zu verhindern, dass seine geliebte Sehhilfe wieder im Kompott landete. Hinter der dicken Linse glotzte ein Riesenauge suchend umher und versuchte festzustellen, ob sein leutseliger Umgang mit dem jungen Soldaten auch gebührend zur Kenntnis genommen wurde.
»Je mehr Bewachung, desto besser, sage ich immer«, bemerkte der Gouverneur. »Wie ist Ihr Name, Soldat?«
»Andy Brazil. Wenn es Ihnen Recht ist, Sir, würde ich gerne für Sie fliegen. Vielleicht könnten wir das kurz besprechen.«
»Wette, Sie wollen auch zum Personenschutz.«
Der Gouverneur hatte das schon oft gehört. Jeder Staatspolizist, den er bisher getroffen hatte, wollte zum Personenschutz, so wie jeder FBI-Beamte in den Geheimdienst wollte. Immer ging es um die Macht. Alle versammelten sie sich im Schatten des Throns. Verschwommen erkannte er, dass Andy ein gut aussehender junger Mann war, wohl proportioniert, aber kein Muskelprotz wie die anderen Männer und Frauen, die die First Family beschützten. Andy sah so aus, als verstünde er es, dem Ärger auszuweichen, statt ihn zu suchen. Außerdem vermutete der Gouverneur, dass Andy für mindestens eine seiner Töchter einen annehmbaren Schwiegersohn abgeben könnte. Dann beschlich sein überfordertes und alkoholisiertes Hirn der Gedanke, dass es vielleicht nicht besonders klug wäre, seine Frau der Gesellschaft eines so attraktiven und charmanten Burschen auszusetzen.
Obwohl die First Lady einen Schwur geleistet und schließlich sogar die Hand auf die Crimm'sche Familienbibel gelegt hatte, konnte sie ihren Mann nicht davon überzeugen, dass sie nicht doch Liebhaber in den Wäscheschränken der Gouverneursvilla versteckt hatte. Gestern war Crimm unangemeldet zum Lunch nach Hause gekommen und hatte Pony erwischt, wie er auf Händen und Füßen den Boden eines Wäscheschranks auswischte.
»Was machst du da?«, hatte der Gouverneur gefragt und nach seiner Uhrkette mit dem Vergrößerungsglas getastet.
»Tu nur ein bisschen Möbelpolitur
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