Insel der Rebellen
Opfer herumgefahren waren, da hatte es mit dem Zielen nicht mehr richtig geklappt, was ihn insgeheim aber nicht gestört hatte. Soweit er sich erinnern konnte, hatte die Kugel, die er abgefeuert hatte, Moses in den Fuß getroffen und ihm den Stiefel runtergefetzt. »Ich find trotzdem, dass wir ihn suchen sollten«, meinte er, ganz gegen seine wahre Überzeugung. »Diesmal puste ich ihm das Gehirn raus.« Er tat genauso kaltblütig wie Smo-ke, zog seine Neunmillimeter aus dem Hosenbund und zielte auf den Fernseher, als wäre er ein Krankenhausbett.
»Wenn du den Fernseher kaputt schießt, du kleiner Wichser, dann bist du der Nächste.« Smoke sprang auf, schnappte sich die Pistole, richtete sie auf Possums Kopf und spannte den Hahn.
Possum schluckte schwer, die Augen weit aufgerissen vor Angst. »Nee, Smoke, nich. Bitte! Ich hab doch nur Scheiß gemacht«, flehte er.
»Ich brauch mein Geld«, sagte Unique mit ihrer leisen, sanften Stimme, während in ihre Augen ein seltsamer Glanz trat und das Projekt eine unerträgliche Spannung in ihrer dunklen Seele hervorrief.
Smoke beachtete sie nicht und lachte, als er ein Loch in den Fußboden schoss, die ausgeworfene Hülse gegen eine Lampe klirrte und er Possum die Pistole zuwarf. »Oder vielleicht leg ich auch die verdammte Töle um, an der hast du ja anscheinend einen Narren gefressen. Gute Idee, bring ihn gleich her.«
»Nein!«, rief Possum. »Bitte, Smoke. Das kannste nich machen, so 'n kleinen Hund abknalln. Ich kann ihn sowieso nich ab! Der geht mir auf den Sack, aber wir brauchen ihn noch! Der is doch keine Kugel wert!«
»Irgendwann leg ich den Köter um«, sagte Smoke. »Oder ich fackel ihn ab, das ist noch besser. Ich bin noch lange nicht fertig mit dieser Fotze Hammer. Der werd ich schon zeigen, was es heißt, Smoke einzulochen. Ihr und diesem Wichser Andy Brazil!«
Widerwillig verdrückte sich Possum in sein Zimmer, wo er voller Entsetzen ein Foto von Popeye in einem roten Mäntelchen auf dem Bildschirm seines Computers entdeckte. Die echte Popeye schlief auf Possums Bett und bemerkte ihr eingescanntes Foto, als Possum sie weckte.
»Scheiße!«, flüsterte Possum. »Das darf Smoke auf keinen Fall erfahrn!«, warnte er Popeye, als er sie auf den Arm nahm und sie vor Angst und Anspannung zu zittern begann.
Irgendwie hatte Trooper Truth erfahren, dass Popeye entführt worden und noch am Leben war! Er suchte nach ihr und bat seine Leser um Hilfe. Natürlich wusste Popeye, wer Trooper Truth war, schließlich hatte sie viele vertrauliche Gespräche zwischen Andy und ihrem Frauchen gehört, als die Website noch in der Planung war. Dann war Andy plötzlich verschwunden und als Nächstes sie selbst, Popeye.
»Ich tu dir nix, Kleine«, flüsterte Possum ihr ins Ohr. »Aber Smoke is fies. Du weißt, wie fies er is. Wir müssen auf Nummer sicher gehn, damit er nich rauskriegt, dass Trooper Truth eine Belohnung für dich aussetzt. Und dass sie ein Aufgebot nach dir schicken, genau wie in Bonanza.«
Niemand musste Popeye daran erinnern, wie fies Smok e war. Sie hätte ihr Lieblingseichhörnchen dafür hergegeben, um nur einmal ihre Zähne in sein Bein schlagen zu können. Niemals würde sie das Trauma jenes einen unbedachten Augenblicks vergessen, als ihr Frauchen sie aus der Vordertür hinausgelassen hatte, selbst aber noch einmal zurückgegangen war, weil sie nicht sicher war, ob sie den Herd ausgestellt hatte. Alles war unheimlich schnell gegangen. Frauchen war in die Küche zurückgelaufen, während Popeye das Gras neben dem Gehweg beschnüffelt hatte. Dann war der schwarze Toyota Land Cruiser plötzlich mit aufheulendem Motor herangebraust, hatte mit quietschenden Bremsen gehalten, Possum hatte ihren Namen gerufen und ihr einen Leckerbissen hingehalten.
»Komm her, Popeye. Sei 'n braves kleines Mädchen«, hatte Possum gesagt, als sei er der netteste Mensch der Welt. »Guck mal, was ich für dich hab!«
Dann erinnerte sich Popeye nur noch daran, dass sie gepackt und in den hinteren Teil des Land Cruiser geworfen wurde, der von diesem brutalen Unhold Smoke gefahren wurde. Man hatte Popeye ins Wohnmobil gebracht, wo sie seither gefangen gehalten wurde und jede Nacht von Frauchen träumte.
Possum hielt Popeye fest umklammert und trug sie zurück ins Wohnzimmer. Längst hatte er gelernt, seine wahren Gefühle zu verbergen und eine Art Doppelleben zu führen. So fiel es ihm nicht schwer, so zu tun, als empfände er es als Zumutung, dass ihm die Sorge für die
Weitere Kostenlose Bücher