Insel der Rebellen
gerade noch bremsen können. »Superintendent Hammer«, begann er erneut, »Gouverneur Crimm ist ein eitler, machtbewusster Mann. Wenn Sie über seinen Kop f hinweg entscheiden, wird er Ihnen das nie verzeihen. Er wird es zwar nicht zugeben, aber stinksauer sein, wenn Sie die ganzen Lorbeeren einheimsen.«
»Was zum Teufel sollen wir dann tun?«
»Geben Sie mir achtundvierzig Stunden. Ich verschaffe mir irgendwie Zutritt zu ihm«, versprach Andy kühn, »und gebe ihm alle nötigen Informationen.« Er unterbrach sich, weil ihm Popeye einfiel. Entsetzlich leer wirkte Hammers Haus ohne den kleinen Hund. »Entschuldigen Sie, aber ich musste gerade an das Foto von Popeye auf meiner Homepage denken .«
»Schönes Foto, ja«, antwortete Hammer. »Sie hätten mich trotzdem vorher fragen sollen, wo wir schon mal dabei sind.«
»Ich habe sie noch nicht aufgegeben«, sagte Andy.
Hammers Augen wurden feucht. Unwillig blinzelte sie.
»Ich weiß, wie sehr sie Ihnen fehlt«, fuhr Andy fort, der gerührt war von ihrer Trauer und sie dazu bringen wollte, über ihre Gefühle zu sprechen. »Und ich weiß auch, wie sehr Sie es missbilligen, wenn ich etwas ohne Ihre ausdrückliche Erlaubnis tue, aber ich bin kein Anfänger mehr, Superintendent Hammer. In der Regel weiß ich ziemlich genau, was ich tue. Ich habe den Eindruck, dass ich Ihnen nichts mehr recht machen kann, egal, was es ist.«
Hammer blickte weder auf, noch antwortete sie ihm.
»Um ehrlich zu sein«, fuhr Andy fort, »habe ich in letzter Zeit den Eindruck, dass Sie sehr unglücklich sind und mit dem Rest der Welt auf Kriegsfuß stehen.«
Noch immer schwieg Hammer. Andy machte Anstalten, sich zu erheben.
»Nun, ich will mich wirklich nicht in ihr Privatlebe n einmischen«, sagte er und hatte das Gefühl, sie hätte ganz und gar nicht den Wunsch, dass er jetzt ging. »Ich denke, ich mach mich auf den Weg und stehle Ihnen nicht länger Ihre Zeit.«
»Das ist eine gute Idee«, sagte Hammer und stand abrupt auf.
»Es ist schon spät.«
Sie brachte ihn eilig zur Tür, als könne sie es nicht erwarten, dass er endlich fort war.
Andy sah auf die Uhr. »Sie haben Recht, ich muss wirklich los«, sagte er. »Der nächste Artikel ist noch nicht fertig.«
»Ich wage gar nicht nach dem Thema zu fragen«, meinte Hammer, während sie mit ihm auf die Veranda trat und auf die Bäume blickte, die von einer heftigen Herbstbrise geschüttelt wurden und erste Spuren von Gelb und Rot zeigten. »Dürfen wir mit weiteren erhellenden Kommentaren Ihrer klugen Vertrauten rechnen?«
»Ich habe keine kluge Vertraute«, sagte Andy in überraschend scharfem Ton, während er die Treppen hinunterstieg und durch das weiche Licht der Gaslampen ging. »Ich wünschte, ich hätte eine«, rief er ihr zu, während er sein Auto aufschloss. »Aber ich muss erst noch jemanden finden, auf den diese Beschreibung zutrifft.«
Verstimmt fuhr er nach Hause, erklomm die Stufen zu seinem Haus und bemerkte überrascht die verdächtige Abfalltüte auf seiner Fußmatte und den Umschlag, der an seiner Tür klebte. Der schlichte weiße Umschlag war unbeschriftet, während sich der Inhalt der schwarzen Plastiktüte in verschwommenen Umrissen abzeichnete. Andys Polizisteninstinkt schlug sofort Alarm, daher fasst e er nichts an, sondern griff nach seinem Handy.
Das Telefon klingelte eine ganze Weile in der Abteilung A, der Polizeidienststelle, die in Richmond für Gewaltverbrechen zuständig war, bis sich eine Stimme meldete: »Detective Slipper.«
»Joe«, sagte Andy, »ich bin's, Andy Brazil.«
»Na, das is ja 'n Ding. Wir vermissen deine hässliche Visage hier. Wie läuft's bei der State Police?«
»Hör zu«, sagte Andy, ohne auf seinen scherzhaften Ton einzugehen, »kannst du schnell bei mir vorbeikommen? Da hat jemand was Verdächtiges auf meiner Veranda deponiert, und ich will's nicht anfassen.«
»Scheiße! Soll ich das Bombenkommando mitbringen?«
»Noch nicht«, antwortete Andy. »Warum kommst du nicht erst mal rüber und schaust dir die Sache an?«
Er saß im Dunkeln auf der Vortreppe, weil sein Verandalicht keinen Zeitschalter hatte und drinnen kein Licht brannte wegen der Stromrechnung. Richmonds Polizeizentrale befand sich in der Innenstadt, aber dennoch nicht weit vom Fan District, wo Andys winziges Reihenhaus lag. Eine Viertelstunde später traf Detective Joe Slipper ein, und Andy merkte wieder einmal, wie sehr ihm einige der Jungs aus seiner alten Abteilung fehlten.
»Verdammt schön, dich zu
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