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Insel der Schatten

Insel der Schatten

Titel: Insel der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Webb
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gestimmt?«
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl er das nicht sehen konnte. »Doch! Zwischen uns hat es geradezu hörbar geknistert.« Ich lauschte, wie Richard erneut seinen Tee umrührte.
    »Was ist dann passiert?«
    Wills Gesicht tauchte vor mir auf. »Er wirkte verwirrt und verlegen und murmelte eine Entschuldigung. Und dann ging er.«
    Weiteres Löffelgeklirr. »Ich werde dir jetzt eine Frage stellen. Sie wird dir nicht gefallen, aber ich stelle sie trotzdem.«
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Richard pflegte die Dinge stets beim Namen zu nennen, und er ging dabei nicht gerade zimperlich vor. Da kam es auch schon.
    »Wovor hast du Angst?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Mach mir doch nichts vor, Hallie! Du hast einen Traumtyp kennengelernt. Ihr versteht euch blendend. Er hat scheinbar keine schwerwiegenden Charakterfehler, und zwischen euch ist der Funke übergesprungen. Ihr seid beide Singles. Warum lässt du es nicht darauf ankommen? Ich meine, was spricht dagegen? Was könnte denn schlimmstenfalls passieren?«
    Plötzlich wurde mir klar, warum ich mit Richard hatte reden wollen. »Nun, er könnte sich zum Beispiel als die Liebe meines Lebens entpuppen, mich heiraten und dann feststellen, dass ich doch nicht diejenige welche bin!«
    Mein Exmann seufzte leise. »Ich wünschte, ich wäre jetzt bei dir, dann könnte ich dich in die Arme nehmen, dir sagen, wie leid es mir tut und dir versichern, dass dir so etwas nie wieder passieren wird.«
    »Ich wünschte auch, du wärst hier. Ich wünsche mir viele Dinge.«
    Richard räusperte sich. »Ich muss dich noch etwas fragen. Bist du seit unserer Trennung irgendeinem Mann wirklich nähergekommen?«
    »Nicht wirklich«, räumte ich ein. »Ich hatte ein paar Dates, aber …«
    Er schnitt mir das Wort ab. »Hör mir zu, Hallie! Du bist eine Klassefrau, die beste, die ich kenne. Du siehst gut aus und du verdienst es, glücklich zu werden. Du kannst dich nicht meinetwegen ganz von der Liebe lossagen, das geht einfach nicht! Das würde ich mir nie verzeihen!«
    »Aber ich habe dir geglaubt«, flüsterte ich. »Ich habe dir vertraut, und dann ist meine ganze Welt zusammengebrochen.«
    »Stimmt. Genau das ist passiert. Aber weißt du, Hallie, der Schutzwall, den du da um dich herum errichtet hast, wird dir auch kein Glück bringen. Sicherheit, ja, die vielleicht, aber wenn du in einer Festung lebst, sind Kälte und Einsamkeit deine einzigen Begleiter. Du musst wieder etwas wagen, wieder Risiken eingehen! Du musst dein Herz aufs Spiel setzen, wieder und wieder, auch wenn du Gefahr läufst, dass es erneut gebrochen wird. Das ist der einzige Weg zum Glück, glaub mir. Der einzige Weg.«

17
    Während dieser Nacht fand ich keinen Schlaf, sondern wälzte mich die ganze Zeit lang ruhelos von einer Seite auf die andere. Richards Worte wollten mir nicht aus dem Kopf gehen. Hatte er recht? Hatte ich mich wirklich in eine selbst geschaffene Festung zurückgezogen?
    Am nächsten Morgen rief ich Will in der Kanzlei an. Auf einen Rückruf wartete ich vergebens. Er mied mich ganz offensichtlich. Ich fragte mich langsam, ob ich eine vielversprechende Beziehung zerstört hatte, noch bevor sie sich richtig hatte entwickeln können, und spielte sogar mit dem Gedanken, ins Städtchen hinunterzugehen und ihn aufzusuchen, sah dann aber davon ab, da es noch immer in Strömen regnete.
    Iris kam an diesem Morgen nicht, und sogar die Hunde hatten sich verzogen. Ich war ganz allein. Seufzend sank ich auf einen Küchenstuhl neben dem Fenster und starrte in den nassen Garten hinaus.
    Die Stunden verstrichen. Ich lief rastlos durch das Haus und versuchte mich zu beschäftigen: Ich sah mir eine DVD an und las ein bisschen, kehrte aber immer wieder wie magnetisch angezogen zum Küchenfenster zurück. Den Garten im Auge zu behalten erschien mir irgendwie vernünftig. Ich sehnte mich verzweifelt danach, mit Will zu reden, wusste aber nicht recht, was ich sagen sollte.
    Endlich sah ich eine Gestalt die Auffahrt entlangkommen. Einen Moment später stürmte Will durch die Hintertür. Von oben bis unten nass.
    »Hallie, ich …«, begann er. Der Rest des Satzes blieb zwischen uns in der Luft hängen.
    »Ich weiß.« Mit zwei Schritten durchquerte ich den Raum und strich ihm eine feuchte Locke aus der Stirn. »Es tut mir leid. Ich habe in der letzten Zeit viel durchgemacht und überreagiert, und …«
    Er packte mich bei den Armen und fand endlich die Sprache wieder. »Ich verstehe ja, dass du einiges

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