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Insel der Schatten

Insel der Schatten

Titel: Insel der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Webb
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hinter dir hast, aber ich sage dir eins: Ich bin nicht dein Exmann, und ich bin nicht dein Vater! Ich habe keine dunklen Geheimnisse, führe kein Doppelleben und habe nicht das Geringste zu verbergen. Ich bin nur ich! Ein Mann, der ziemliche Ängste aussteht, weil er sich in dich verliebt hat und du seine Gefühle nicht zu erwidern scheinst.«
    Mein Herz begann zu hämmern. Der Drang, zur Tür hinauszustürzen, drohte mich zu überwältigen. Aber ich bezwang mich. Richards Warnung hallte in meinen Ohren wider, als ich mich stattdessen den Schatten der Vergangenheit stellte, bereit, sie ein für alle Mal hinter mir zu lassen.
    Ich schlang die Arme um Wills Hals, presste meine Lippen auf die seinen und schmeckte Wind, Regen und eine gemeinsame Zukunft. Während draußen der Donner grollte und das Licht im Haus zu flackern begann, stiegen wir die Hintertreppe empor und fielen uns in meinem Schlafzimmer in die Arme.
    Später hüllte sich Will in einen Bademantel und ging in die Küche hinunter, um uns einen Wein zu holen. Danach lagen wir nebeneinander in meinem Bett und sprachen über unsere Träume, die Enttäuschungen in unseren Leben und das, was wir schon alles erlebt hatten, aber nichts, was in der Vergangenheit geschehen war, erschien mir auch nur ansatzweise so wichtig wie das, was im Moment mit uns geschah.
    »Ich habe mich gestern unmöglich benommen«, entschuldigte ich mich endlich, dabei knautschte ich die Bettdecke nervös zwischen den Händen.
    Will streckte eine Hand aus und strich mir eine Haarsträhne aus den Augen. »Ich weiß, wie schwer es dir fällt, mir zu vertrauen«, sagte er sanft. »Aber du brauchst keine Angst zu haben, Hallie.«
    Ich sah ihm tief in die Augen und wusste plötzlich, dass ich ihm glauben konnte.
    »Übrigens«, bemerkte er, als er sich auf den Rücken rollte, »wann hast du denn Zeit gefunden, etwas zu essen zu machen?«
    Ich wusste beim besten Willen nicht, was er meinte. »Das habe ich doch gar nicht.«
    »Aber irgendjemand hat doch gekocht«, beharrte er. »Auf dem Herd brodelt eine Mahlzeit. Es fiel mir auf, als ich in der Küche war, um den Wein zu holen.«
    Wir streiften beide Bademäntel über und gingen der Sache nach. Tatsächlich köchelte ein großer Topf ausgelöster Spareribs auf dem Herd, und im Ofen verströmte ein frisch gebackenes Maisbrot seinen würzigen Duft. Erst jetzt merkte ich, wie ausgehungert ich war.
    »Sieht ja köstlich aus«, murmelte ich.
    Nachdem ich den Tisch gedeckt und jedem von uns einen großen Teller mit Rippchen hingestellt hatte, erklärte ich: »Das muss Iris gewesen sein.«
    »Die erwähnst du jetzt schon zum zweiten Mal. Wer ist diese Iris?«, wollte Will wissen.
    Es kam mir merkwürdig vor, dass er das nicht wusste – auf einer so kleinen Insel kannte doch jeder jeden, und er war immerhin der Anwalt meiner Mutter gewesen.
    »Sie ist die Haushälterin«, erwiderte ich. »Ich bin ihr am Tag meines Einzugs begegnet. Sie hat gerade Madlyns Sachen durchgesehen und erzählte mir, dass sie schon seit Jahrzehnten hier im Haushalt hilft. Ihre Mutter hat vor ihr hier gearbeitet, als die ersten Hills das Anwesen kauften.«
    »Ach ja, richtig«, meinte Will bedächtig. »Ich kann mich schwach an Iris erinnern, aber ich habe sie ewig nicht mehr gesehen. Aber ich war ja auch jahrelang nicht mehr hier. Madlyn und ich wickelten alle geschäftlichen Angelegenheiten in meiner Kanzlei ab.« Er dachte einen Moment nach und fuhr dann fort: »Iris war damals bestimmt schon dreißig, oder sie sah älter aus, als sie war. Sie muss jetzt … warte mal … so um die achtzig sein.«
    »Eher noch älter«, berichtigte ich ihn. »Sie sagte, sie hätte die Drillinge gekannt und hätte als Kind mit ihnen gespielt. Aber das ist gut neunzig Jahre her.«
    »Und sie kommt immer noch zum Putzen hierher?«
    »Sie fegt wie ein Tornado durch das Haus!«, lachte ich. »Sieh dich doch um! Nirgendwo ein Stäubchen zu sehen. Außerdem kocht sie hervorragend, wie du gleich feststellen wirst.«
    Will blinzelte mich an. »Meinst du nicht, es wäre an der Zeit, dass Iris in den wohlverdienten Ruhestand geht, du Sklaventreiberin?«
    »Glaub mir, ich habe mehr als einmal versucht, ihr den Staubwedel aus der Hand zu nehmen, bin aber immer abgeblitzt. Ich habe jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich hier abrackert, während ich faul herumsitze und lese. Aber sie will sich nicht von mir helfen lassen und reagiert beleidigt, wenn ich ihr sage, sie soll die Dinge mal langsam

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