Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
berichtete, wäre das wahrscheinlich auch schon das Ende der Beziehung. Wer ließ sich schon – noch dazu im Urlaub – mit einer Verrückten ein?
Der Weg wurde immer schmaler; Palmetto-Palmen überwucherten ihn fast vollständig. Sie hörte das Kreischen eines Truthahns, untermalt von dem langgezogenen, perlenden Gesang einer Grasmücke. Mit sich hadernd, beschleunigte sie ihr Tempo, so daß ihr bei jedem Schritt die Kameratasche gegen die Hüfte schlug.
Wenn sie also erst gar nichts mit ihm anfing, sparte sie ihnen beiden Zeit und Ärger.
Warum, zum Teufel, war er bloß nicht dagewesen?
»Pst.« Giff legte die Hand auf Lexys Mund, als er hörte, wie sich Schritte der kleinen, mit Eichen und Palmendickicht umstandenen Lichtung näherten. »Da kommt jemand«, flüsterte er.
»Oh.« Blitzschnell griff Lexy nach ihrer abgestreiften Bluse und hielt sie sich vor die Brüste. »Ich dachte, du hättest gesagt, Nathan sei heute rüber aufs Festland gefahren.«
»Ist er auch. Ich hab’ ihn auf dem Weg zur Fähre getroffen.«
»Aber wer – oh.« Lexy kicherte leise, während sie zwischen den Palmwedeln hindurchspähte. »Es ist nur Jo. Schaut ziemlich finster drein, wie immer.«
»Pst.« Giff drückte Lexys Kopf nach unten. »Ich hab’ keine Lust, von deiner Schwester mit runtergelassener Hose erwischt zu werden.«
»Aber du hast doch einen so süßen …« Grinsend streckte sie die Hand nach ihm aus. Mit mühsam unterdrücktem Kichern wälzten sich die beiden im Gras, bis Jo schließlich außer Sichtweite war.
»Du bist schrecklich, Lexy.« Giff setzte sich rittlings auf sie und sah lächelnd auf sie hinab. Sie trug noch ihren BH – sie waren noch nicht dazu gekommen, ihn auszuziehen –, und Giff genoß das seidige Gefühl an seiner Brust. »Was hätten wir denn sagen sollen, wenn sie uns so gesehen hätte?«
»Wenn sie nicht weiß, was hier passiert, wär’s höchste Zeit gewesen, daß sie jemand aufklärt.«
Kopfschüttelnd beugte er sich hinunter, um ihre Nasenspitze zu küssen. »Du bist manchmal gemein zu deiner Schwester.«
»Ich bin gemein zu ihr?« schnaubte Lexy. »Umgekehrt wird eher ein Schuh draus!«
»Na ja, vielleicht seid ihr ja beide gemein zueinander. Ich hab’ den Eindruck, daß es Jo in der letzten Zeit nicht besonders gut gegangen ist.«
»Wieso denn? Sie hat doch ein tolles Leben«, widersprach Lexy, während sie Giffs Haare zerwühlte. »Sie hat ihre Arbeit, sie reist durch die ganze Welt. Die Leute sind total begeistert von ihren Fotos. Sie verdient einen Haufen Geld und ist nicht auf unser Treuhandvermögen angewiesen.«
Liebevoll strich Giff über Lexys Gesicht. »Schatz, es ist einfach Zeitverschwendung, neidisch auf Jo zu sein.«
»Neidisch?« Ihre Augen weiteten sich. »Warum, verdammt, sollte ich neidisch auf Jo Ellen sein?«
»Genau.« Er küßte sie. »Ihr beide seid hinter derselben Sache her. Ihr seid zwar so unterschiedlich wie Tag und Nacht und geht ganz verschiedene Wege, aber ihr habt dasselbe Ziel.«
»Ach wirklich?« Ihre Stimme klang kühl. »Und was für ein Ziel soll das sein?«
»Glücklich sein. Das, was die meisten Menschen im Grunde wollen. Und ihr Zeichen setzen. Nur weil sie es vor dir erreicht hat, ist deins nicht weniger wichtig. Aber immerhin hatte sie drei Jahre Vorsprung.«
Diese Tatsache schien Lexy nicht im geringsten zu beschwichtigen. Ihre Stimme klang nun nicht mehr kühl, sondern eisig. »Warum hast du mich eigentlich hierhergebracht? Nur um über meine Schwester zu plaudern?«
»Du hast mich hierhergebracht, Schatz.« Grinsend hielt er sie noch immer unter sich fest. »Wenn ich mich recht erinnere, bist du plötzlich beim Sand Castle Cottage aufgetaucht, wo ich mich um meine Angelegenheiten gekümmert habe. Du hast mir etwas ins Ohr geflüstert, und wo du sogar schon die Decke in deiner Tasche hattest, was soll ein Mann da machen?«
»Keine Ahnung, Giff. Was soll ein Mann da machen?«
»Ich glaube, ich muß es dir zeigen.«
Er nahm sich viel Zeit. Am Abend zuvor waren sie von den Ereignissen überrollt worden, war es wie ein heißer Rausch über sie gekommen, aber heute, im kühlen Schatten, bewegten sich seine Hände ganz langsam. Und obwohl sein Mund vor Verlangen brannte, überstürzte er nichts. Er küßte sie immer wieder, als sehnte er sich nach nichts anderem als nach ihrem Mund.
Ihr Seufzen kam tief aus ihrem Inneren.
Sie konnte genausogut verführt wie genommen werden. Er hatte sein Leben lang darauf gewartet, beides
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