Insel der Traumpfade Roman
verfügen statt über Schuldscheine, die man nur in den regierungseigenen Lagern gegen Waren eintauschen konnte, hatten er und seine Offizierskollegen ihren Wohlstand ausgebaut.
Er hatte seinen Grundbesitz ausgeweitet, indem er freigelassenen Sträflingen, die wenig Begeisterung für die Landwirtschaft zeigten, die Landrechte abgekauft hatte. Der Handel mit den Kapitänen zur See lief auf Hochtouren; ihre Waren ließen sich mit großem Gewinn an die Kolonisten verkaufen. Die Vorschriften für den Arbeitseinsatz von Strafgefangenen waren gelockert, und nun verfügten er und die anderen Offiziere nicht nur über das Monopol im Großhandel und über herrschende Stellungen innerhalb der Kolonie, sondern auch über eine Menge Diener, die sie nichts kosteten, da diese von der Regierung ernährt und eingekleidet wurden.
Edward war hochzufrieden. Die Zeit in der Wildnis lag hinter ihm, und sein Vermögen wuchs von Tag zu Tag. Das Haus in der Watsons Bay war fast fertiggestellt, und er stand kurz davor, Vater zu werden. Er war angekommen. Nichts und niemand würde ihm im Weg stehen – am wenigsten sein Vater. Eines Tages würde der die Rolle bereuen, die er bei der Versetzung seines Sohnes aus Sydney an den Brisbane River gespielt hatte, nachdem dieses verfluchte Weib seine Kameraden und ihn vor Gericht gebracht hatte. Edwards Laune verschlechterte sich wieder. Sein Vater hatte ihn aus einer misslichen Lage befreien müssen, und diese Demütigung machte ihn noch immer rasend.
Als in der Ferne die Lichter des Government House aufblinkten, lenkte Edward die Gedanken zu Eloise zurück. Er war damals erst wenige Tage wieder in Sydney gewesen, als er die Einladung zum Dinner im Hotel des Deutschen erhielt. Sie war überraschend gekommen, denn er war dem sogenannten Baron erst einmal begegnet, als er in dessen Hotel einen Drink zu sich nahm. Der Mann war ihm gesellschaftlich kaum gleichgestellt, doch Edward hatte an jenem Abend nichts anderes vorgehabt und deshalb die Einladung angenommen. Der langweilige Abend hatte sich in dem Augenblick gewandelt, als er der ältesten Tochter des Barons vorgestellt wurde.
Eloise hatte ein feines Gesicht mit glasklaren grünen Augen, umrahmt von goldblonden Wimpern, und einen hellen Lockenkopf. Sie war schlank und so groß, dass sie ihm fast bis an die Schulter reichte, und trug ein eisblaues Kleid. Ihr Dekolleté war makellos wie Alabaster. An Hals und Ohren glitzerten Diamanten, und eine weiße Rose zierte ihr Haar. Der Eindruck, den sie auf ihn machte, war wie ein Schlag in die Magengrube gewesen, und Edward war das Sprechen schwergefallen. Sie hatten die üblichen Nettigkeiten ausgetauscht, und sie war mit raschelndem Rock weitergegangen. Sie hielt sich kerzengerade, und ihr prächtiges Haar fiel in goldenen Locken über ihre Schultern. Noch nie hatte er eine Frau so begehrt. Er musste sie haben.
Unaufhörlich hatte er sie verfolgt, seinen ganzen Charme ausgespielt und seine Ungeduld gezügelt, da sie ihm selbst den keuschesten Kuss verweigert hatte. Dennoch hatte die Werbung ihn beschwingt, denn Eloise war Feuer und Eis, und die Herausforderung, die sie darstellte, war unwiderstehlich.
Bald darauf war Eloises Widerstand in sich zusammengefallen, und Ende Januar hatten sie geheiratet, nur zwei Monate nach ihrer ersten Begegnung. Er hatte recht gehabt mit dem Feuer: Ihre Vereinigung war beglückend gewesen, und er hatte sie mehr denn je begehrt, als sie ihm kurz darauf sagte, sie erwarte ein Kind von ihm.
Edward nahm die Zügel fester in die Hand. Die Liebe hatte bei seiner Werbung um Eloise keine Rolle gespielt. Der Wunsch, ihre Schönheit zu besitzen, hatte ihn zu der Heirat angespornt, doch inzwischen war sein Verlangen einer großen Belastung ausgesetzt. Eine endlose Übelkeit hatte Eloise ans Bett gefesselt, und wenn sie aufstand, lief sie stets im Nachthemd herum. Der Gestank nach Erbrochenem und der Anblick ihres aufgeblähten Leibs widerten ihn an, und er war verärgert, weil sie ihn nicht zu gesellschaftlichen Anlässen begleiten wollte. Er hätte sich zu gern mit seiner schönen, schlanken Eloise auf Festen und Tanzveranstaltungen gezeigt, um sich in dem Neid zu sonnen, den er in den Augen anderer Männer sah. Er trieb das Pferd zum Galopp an, wild entschlossen, weder über die Unzulänglichkeiten seiner Frau noch über seine mangelnde Geduld mit ihr nachzudenken. Wenn eine Ehe zum Stillstand gekommen war, musste ein Mann sich woanders trösten. Eloise sollte sich glücklich
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