Insel der Traumpfade Roman
Zeichen.
Niall wollte den Blick abwenden, denn er wusste, was kommen würde – doch das wäre eine Beleidigung für Fitzgerald. Die Qualen des Mannes mit anzusehen bedeutete, sie mit ihm zu teilen.
Marsden nickte. Die Auspeitscher setzten ihre Hiebe perfekt, peitschten rechts, dann links in widerlichem, genau eingehaltenem Takt. Fitzgeralds Hautfetzen und Blutstropfen flogen von den Peitschenenden und landeten auf Nialls Gesicht.
»Peitscht mich wenigstens richtig!«, schrie Fitzgerald, während das Leder in sein Fleisch schnitt. »Schlagt mir nicht auf den Nacken!« Es waren die einzigen Worte, die er während der Tortur ausstieß.
Marsden gebot nach dreihundert Hieben Einhalt und ließ den Gefangenen vom Amtsarzt untersuchen. Dr. Mason prüfte seinen Puls und lächelte die Auspeitscher an. »Eher werden Sie ermüden, als dass dieser Mann schwächer wird. Machen Sie weiter.«
Niall und die anderen standen schweigend da, während die Bestrafung zu Ende geführt und Fitzgerald losgebunden wurde. Die Beine des Mannes gaben nach, und er wäre zusammengebrochen, wenn die beiden Wachtmeister ihn nicht an den Armen gepackt hätten. Sie machten Anstalten, ihn auf den Karren zu heben, der ihn ins Krankenrevier bringen würde.
»Lasst mich gehen!«, brummte Fitzgerald und stieß sie mit den Ellbogen von sich. Sie schnappten nach Luft und packten ihn noch fester, doch Fitzgerald holte zu einem vernichtenden linken und rechten Haken aus, der sie in die Knie zwang. Ohne Hilfe ging er zum Karren, Trotz und Stolz in jedem Zentimeter seines verwüsteten Körpers.
»Dieser Mann hätte mindestens zweihundert Schläge mehr erhalten sollen«, murmelte Dr. Mason vor sich hin. »Verdammte Iren. Zu dickfellig und starrköpfig, um zu wissen, wann sie besiegt sind.«
Nialls stiller Jubel war vorbei, als Paddy an denselben Baum gebunden wurde. Sein Magen verkrampfte sich, und er glaubte ohnmächtig zu werden, nachdem die ersten hundert Hiebe den Rücken seines Freundes aufgerissen hatten und seine Wirbelsäule weiß hervortrat – doch Paddy protestierte nicht und ließ sich nicht anmerken, dass er Todesqualen litt. Also sah Niall der Folter mit grimmigem Blick zu und betete zur Jungfrau Maria, sie möge Paddy die Kraft verleihen, es zu überstehen.
Marsden gab seinen Auspeitschern ein Zeichen, einzuhalten. »Willst du mir jetzt sagen, wo die Piken sind?«
»Ich weiß es nicht, und wenn, dann würde ich es Ihnen nicht sagen«, keuchte Paddy. »Sie können mich jetzt ebenso gut hängen, denn ich werde nicht singen.«
»Peitscht sein Hinterteil«, befahl Marsden.
Niall musste sich erbrechen, als Paddys Gesäß unter den Hieben zu einer einzigen blutigen Masse wurde.
»Die letzten hundert zielt auf seine Beine!«, rief Marsden.
Paddy schwieg weiter, und als es vorbei war, musste er zum Karren getragen werden.
Niall sah seinen Freund nie wieder und fand auch nie heraus, was aus ihm geworden war, doch es hatte sich rasch verbreitet, dass die anderen Hauptverschwörer tausend Peitschenhiebe erhalten hatten und zu Zwangsarbeit auf dem Sträflingsschiff Supply verurteilt worden waren, das im Hafen von Sydney lag.
Trotz allem, was er mit angesehen hatte, trotz der grausamen Bestrafungen wusste Niall, dass der Kampf um Gerechtigkeit weitergehen musste. Man musste nur abwarten, beobachten und den richtigen Zeitpunkt wählen, um sich erneut zu erheben.
Kernow House, Watsons Bay, September 1800
Obwohl sie die besten Absichten hatte und Charles und Harry, ihr neues Baby, ihr große Freude bereiteten, war Eloise unglücklich. Ihre Entschlossenheit, das Beste aus ihrer Ehe zu machen, hatte dem Schmerz über die Trennung von George und der Wirklichkeit ihres Zusammenlebens mit Edward nicht standhalten können.
Nach seiner Rückkehr an jenem Tag im April 1798 war eine Veränderung an Edward festzustellen, von der sie hoffte, sie würde ihnen das Zusammenleben leichter machen. Im Bett war er zärtlicher gewesen, sein Auftreten war leiser, und sie hatte sich der Illusion einer besseren Zukunft hingegeben. Nach ein paar Wochen aber war es vorbei: Seine Träume und eine unbestimmte Sorge, über die er nicht reden wollte, hatten ihn immer mehr belastet. Aus Gesprächsfetzen, die sie mitbekommen hatte, schloss sie, dass es sich um Spielschulden handelte. Sie hütete sich aber, nachzufragen, und konnte nur beten, dass das Problem gelöst würde.
In den Monaten vor Harrys Geburt nahm Edward wieder die Kälte und die ablehnende Haltung an, die er
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