Insel der Traumpfade Roman
Fenster, die Atlantica schlingerte in der Dünung. Sie krängte gefährlich nach Backbord, richtete sich auf und tauchte zwischen zwei Wellenbergen in einen Abgrund aus Wasser.
Samuels Gesicht wurde bleich, als der Bug sich in die Höhe schob und das Schiff versuchte, die Wasserwand zu erklimmen. Er klammerte sich ans Steuerrad, beschimpfte den Ozean, das Wetter und die Atlantica , die er immer weiter antrieb.
George wurde zu Boden geworfen, und alles, was nicht niet- und nagelfest war, schlitterte auf ihn zu. Verblüfft und unfähig, sich zu regen, lag er da, während das Schiff fast auf dem Heck stand und mühsam den Kamm der Riesenwelle zu erreichen versuchte. »Ich verliere sie!«, schrie Samuel. »Sie schafft es nicht.«
George kroch den jetzt steil vor ihm aufragenden Boden hinauf und packte das Eisen unter dem Steuerrad. Er zog sich auf die Beine und versuchte, sein eigenes Gewicht hinter Samuels zu bringen, um das Schiff auf Kurs zu halten.
Die Atlantica verlor auf dem öligen Rücken der Riesenwoge allmählich an Höhe.
»Sie kentert!«, schrie George.
»Das weiß ich auch«, fuhr Samuel ihn an. Sein sonst rötliches Gesicht war grau geworden, und er verzog das Gesicht bei dem Versuch, das Steuer fest im Griff zu behalten. »Lass los, Sam!«, rief George. »Um Himmels willen, lass mich übernehmen.«
»Zum Teufel mit dir, Junge«, knurrte Samuel zähneknirschend. »Ich bin noch nicht fertig. Lehn dich einfach mit deinem ganzen Gewicht auf das Steuer.«
Die Atlantica glitt weiter zurück. Die Wasserwand, die sich ihrem Heck näherte, war jetzt so hoch, dass sie die Spitze nicht sehen konnten.
Die beiden Männer spürten, wie ein Beben durch das Schiff lief, und mussten mit Grauen zusehen, wie sie in den kochenden Mahlstrom hinabgezogen wurden, während die Wand hinter ihnen an Stärke und Höhe zunahm.
»Unsere einzige Chance ist, sie davor herfahren zu lassen«, rief Samuel. »Halte sie auf Kurs.«
George bot seine gesamte Kraft auf, um mit Samuel zusammen das Steuer festzuhalten, doch die zunehmende Kraft sog das Schiff ein, die Segel flatterten nutzlos, der Kiel hob sich aus dem Wasser. George warf einen Blick über die Schulter zurück und schaute dem Tod ins Auge.
Der Wasserberg ragte über ihnen auf, seine wütende Spitze mit weißem Schaum besetzt.
George spürte, wie die Atlantica erbebte, während sie versuchte, aufrecht zu bleiben. Mit knackenden Spanten tauchte der Bug ins schwarze Wasser ein, und sie gierte, als die knatternden Segel schließlich den Wind einfingen. Mit Übelkeit erregendem Schlingern wurde sie auf den Rücken einer anderen Welle gehoben und sauste in die Nacht.
Jetzt liefen sie vor der Riesenwelle her, die sie noch immer zu versenken drohte. Es war wie eine Schlittenfahrt in Nantucket, schneller und wilder, als die beiden Männer es je erlebt hatten – aber es war ein Rennen auf Leben und Tod.
»Wir haben es geschafft, Sam«, rief George.
Der Kapitän umklammerte seinen Arm und sank zu Boden.
»Sam? Was ist los?« George versuchte, nach seinem Freund zu greifen, brauchte jedoch beide Hände am Steuer, um das Schiff zu halten. »Sam!«
Samuel lag zusammengerollt am Boden, die Arme um den Oberkörper geschlungen. »Nichts«, brachte er hervor. »Halte sie auf Kurs, mein Sohn. Du hast deine Sache gut gemacht.«
George warf einen kurzen Blick über die Schulter, Enttäuschung und Angst ebenso greifbar nahe wie das Gewicht des Wassers, das gegen das Heck drückte. Der Kampf gegen das Meer war alles andere als beendet, doch Samuel focht einen eigenen Kampf aus, und George konnte nichts für ihn tun.
»Bring das Schiff in Sicherheit!«, stieß Samuel hervor.
George stellte die Ruderpinne fest, vertraute darauf, dass die Mannschaft sich der Segel annähme, und ließ das Schiff laufen. Es war stabil gebaut und hatte schon Gewässer überlebt, die ebenso gefährlich waren wie dieses. Würde seine mangelnde Erfahrung am Ruder nun ihr Untergang sein? Er konnte nur abwarten.
»Ich wusste immer, dass ich einen Seemann aus dir machenwürde.« Samuel hatte sich in eine Ecke geschleppt. »Halte sie auf Kurs, Sohn.«
George blieb nicht anderes übrig, als am Steuerrad zu bleiben. Sie wurden zwischen den Höhen und Tiefen des aufgewühlten Meeres hin und her geworfen. Samuels Gesicht war nun aschfahl, und seine Augen waren eingesunken. Plötzlich sah er sehr alt aus.
Grau zog der Morgen über dem Horizont auf, und das Meer kam endlich zur Ruhe. An Steuerbord wurde Land
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