Insel der Versuchung
„Aber was, wenn er bereits Kyrene verlassen hat? Ich habe mich nicht getraut zu fragen, aber es ist gut möglich, dass er bereits auf dem Weg nach England ist.“
„Dann musst du ihm eben folgen.“
Ja, das musste sie dann eben. Wenn Max schon fort war, dann würde sie ihm nachreisen. Wenn er es nicht ertrug, ein Wächter zu sein, wenn er es nicht ertrug, mit ihr hier auf Kyrene zu leben, dann würde sie mit ihm gehen, denn sie ertrug ein Leben ohne ihn nicht. So einfach war das. Sie war willens zu tun, was auch immer nötig war, um seine Liebe zu erringen.
In dem Augenblick erschien ein Lakai an der Tür zum Salon, ein silbernes Tablett in der Hand. „Eine Nachricht für Sie, Miss Evers, von Lord Thorne.“
Caro fragte sich verwundert, warum Thorne ihr schreiben sollte, und brach das Siegel und überflog eilig den Brief.
Das Herz sank ihr, ehe sie zur Hälfte fertig war. „Lieber Himmel ..."
„Was ist?“, erkundigte sich Isabella alarmiert. „Du bist weiß geworden wie ein Geist.“
„Max ...“, krächzte Caro heiser. „Er hat irgendeine schreckliche Krankheit. Thorne schreibt, ich müsse sofort kommen.“
Sie blickte auf. „Max liegt im Sterben.“
21. KAPITEL
Isabella ließ ihren Landauer Vorfahren, denn Caro war zu durcheinander, um selbst zu kutschieren. Ihr Magen brannte, während ihr Herz vor Angst schneller schlug. Lag Max wirklich im Sterben ?
Obwohl Isabella sie auf der schier endlosen Fahrt zu Thornes Villa zu beruhigen versuchte, zitterte Caro am ganzen Körper. In dem Augenblick, da die Kutsche stehen blieb, sprang sie heraus und rannte die Eingangsstufen empor.
Ohne darauf zu warten, dass ihr aufgemacht wurde, stieß sie die Tür auf und eilte ins Haus, an dem erschreckten Lakaien vorbei, der in der Halle damit beschäftigt war, eine Bronzestatue zu polieren. Als Caro von ihm wissen wollte: „Wo ist er?“, starrte der verdutzte Diener sie nur an, als sei sie verrückt.
Im nächsten Moment kam Thorne aus seinem Arbeitszimmer weiter unten auf dem Flur, als hätte er auf sie gewartet.
„Max - wo ist er?“ fragte Caro flehend und mit zitternder Stimme.
Sie eindringlich betrachtend, zeigte Thorne die Treppe hinauf. „Oben. Das dritte Zimmer rechts. Aber Caro ..."
Ob Thorne sie beruhigen oder schonend auf Schlimmeres vorbereiten wollte, sie blieb nicht da, denn sie musste sich mit eigenen Augen von Max’ Zustand überzeugen.
Sie lief die Stufen hinauf, stolperte in ihrer Hast beinahe und eilte den Korridor entlang, ehe ihr die eherne Regel wieder einfiel, sich einem Krankenzimmer stets ruhig zu nähern. Um wenigstens einen Anflug von Selbstbeherrschung ringend, öffnete Caro die Tür.
Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber angesichts dessen, was sie erblicken musste, erstarrte sie dennoch. Max lag tatsächlich auf dem Bett, aber nicht unter den Decken, und er hatte ein Knie lässig angewinkelt, auf dem das Buch ruhte, in dem er las. Er war völlig bekleidet mit Hosen, Stiefeln und einem ausgezeichnet geschnittenen burgunderroten Rock - er bot das Bild eines Gentlemans, der sich ausruhte. Und wirkte ganz und gar nicht wie ein Todkranker.
Als er von seinem Buch aufsah und ihre Blicke sich trafen, durchfuhr es sie wie ein Blitz.
Er schien völlig gesund zu sein, wie sie verwundert feststellen musste. Unwillkürlich legte sie sich die Hand aufs Herz, das immer noch wild klopfte.
Während sie stumm dastand und ihn anschaute, verzog sich sein Mund zu einem schwachen Lächeln. „Ich gestehe, deine Eile schmeichelt mir.“
„Ich ... das verstehe ich nicht. Thornes Nachricht besagte, dass dein Zustand kritisch sei.“
„Das stimmt auch. Dr. Allenby behauptet, er könne nichts für mich tun. Du bist die Einzige, die mich gesund machen kann, Caro.“
„Also liegst du nicht im Sterben?“ fragte sie atemlos und trat in den Raum.
„Nicht direkt.“ Er legte sein Buch fort. „Du hast meinen Heiratsantrag abgelehnt, und ich möchte die Gründe dafür wissen.“
Es vergingen mehrere Sekunden, bis sie die Bedeutung seiner Worte begriffen hatte ... bis sie erkannt hatte, wie sie hereingelegt worden war. Trotz ihrer überwältigenden Erleichterung flammte ihr Temperament auf.
Caro schloss hinter sich die Tür und kniff wütend die Augen zusammen. „Du ... du Bastard. Du hast mich zu Tode erschreckt ! Du hast mir den Eindruck vermittelt, dass du stirbst.“ „Wenigstens weiß ich jetzt, dass dir etwas an mir liegt.“
Sie wollte ihn schlagen. Die Hände ballte sie zu
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