Insel der Versuchung
Augen vor Leidenschaft geglüht. Er ist von dir sehr angetan, Caro, daran zweifle ich nicht. In der Tat, seine Sehnsucht schien mir so groß, dass ich sogar hoffte, es würde zu mehr als einer geheimen Affäre führen, Heirat vielleicht.“
„Er hat mir einen Antrag gemacht“, antwortete Caro mit gesenkter Stimme. „Aber ich habe ihn abgelehnt.“
Isabella zog die Augenbrauen hoch, wartete aber geduldig. „Er wollte nur edel sein“, erklärte Caro. „Er hat nur um mich angehalten, weil er der Ansicht ist, er habe mich kompromittiert.“
„Das erklärt nicht, warum du ihn abgewiesen hast“, bemerkte Isabella.
„Weil ich es nicht ertragen könnte, wenn er mich gezwungenermaßen heiratet. Genauso wenig will ich, dass er sich verpflichtet fühlt, den Wächtern beizutreten. Einmal hoffte ich, dass er das könnte. Ich war sicher, dass wenn er uns auf einer Mission begleitet, er das Gute sieht, das wir tun, und sich entschließt, einer von uns zu werden. Aber nach dem, was in der Berberei geschehen ist, glaube ich nicht länger, dass es das Richtige für ihn wäre. Ich möchte nicht, dass er hier gefangen ist, in einem Leben, das ihm nur Schmerz bringen würde.“
„Was hindert dich daran, mit ihm nach England zu gehen? Ich weiß, Kyrene ist deine Heimat, die du sehr liebst. Aber würdest du dich weigern, die Insel zu verlassen, wenn das hieße, deine große Liebe aufzugeben?“
Nein, dachte Caro, und die Kehle schnürte sich ihr zu. Sie würde sich nicht weigern, wenn das hieße, Max zu verlieren. Das hatte sie aber erst vor kurzem erkannt.
Max war ihr wichtiger als die Insel. Wichtiger als ihre Beschäftigung mit Medizin. Sogar wichtiger, als bei den Wächtern zu bleiben. Sie würde überall mit ihm leben - wenn er das wollte. Aber würde er das?
„Was fühlst du für Max?“ fragte Isabella. „Ist es möglich, dass du ihn liebst?“
Das ist allerdings mehr als möglich, dachte Caro verzweifelt. Sie liebte Max mit einer Hingabe, die beängstigend war.
Seit Wochen hatte sie ihre Gefühle verleugnet, sich geweigert, sich die verblüffende Wahrheit einzugestehen: Schon während ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatte sie ihr Herz an Max verloren.
Vielleicht war es unausweichlich gewesen. Wie konnte sie anders, als einen so außergewöhnlichen Mann zu lieben? Seine Zärtlichkeit, seine Leidenschaft hatten ihre Verteidigungswälle eingerissen. Und sie hatte es zugelassen.
Ihr Gesicht in ihren Händen vergrabend, stöhnte Caro gequält. Wie hatte ihr nur der Fehler unterlaufen können, sich in Max zu verlieben? Sie konnte nicht glauben, dass er genauso für sie empfand. In seinem Antrag hatte er mit keinem Wort Liebe erwähnt, nicht ein einziges Mal während ihres Streites an jenem Abend. Sicherlich hätte er es ihr doch gesagt, wenn er sie liebte, oder?
Oder hielt er es am Ende für unwesentlich angesichts seines Zögerns, den Wächtern des Schwertes beizutreten ... weil er wusste, wie gerne sie auf Kyrene bleiben wollte. War es möglich, dass er wieder nur ehrenwert sein wollte?
Eine merkwürdige Mischung aus Hoffnung und Furcht ballte sich in Caros Magen. War es vorstellbar, dass Max sie ein wenig liebte?
Sie zwang sich, die Hände sinken zu lassen. „Ich liebe ihn, Isabella. So sehr, dass es wehtut. Aber ich weiß nicht, ob er meine Liebe erwidert.“
„Dann musst du dafür sorgen“, entgegnete Isabella mit der schlichten Selbstsicherheit einer Frau, die, was Männer anging, immer ihren Willen bekam.
Caro hob den Kopf und schaute ihre Freundin skeptisch an. „Man kann doch einen Mann nicht einfach in sich verliebt machen.“
Isabella lächelte. „Ach was, das ist gar nicht schwer. Besonders bei einem Mann, der sowieso schon halb verliebt ist, wie ich es bei deinem Mr. Leighton vermute. Ich kann dir mehrere Ratschläge geben, wie du am besten vorgehst.“
„Also denkst du, ich sollte ihm nachlaufen? Aber Max hasst das. Das ist einer der Gründe, warum er nach Kyrene gekommen ist - um all den Frauen zu entkommen, die ihm nachstellten.“ „Was ich denke“, antwortete Isabella, „ist, dass wenn du ihn wirklich liebst, es dumm von dir wäre, ihn entwischen zu lassen. Wahre Liebe ist zu selten, als dass man sie sich durch die Finger schlüpfen lassen darf, Caro. Du willst doch sein Herz gewinnen, oder?“
Das schreckliche Sehnen, das Caro überkam, war Antwort genug. Sie wünschte sich verzweifelt, von Max geliebt zu werden.
„Ja, ich will sein Herz erobern.“ Sie schaute Isabella an.
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