Insel des Sturms
idiotische Fehler konnte ein Mensch an einem Tag begehen?
Es überstieg total ihre Kräfte, sich in einen, gleich wie prachtvollen Iren zu verlieben, sich von ihm das Herz brechen zu lassen, sich abermals zur Närrin zu machen wegen so einem Burschen. Er war auf der Suche nach etwas völlig anderem und leugnete es nicht. Aidan wollte Sex, Vergnügen, Spaß und etwas Aufregung. Auch Freundschaft, nahm sie an. Aber ganz sicher wollte er keine Frau, die ihn mit großen Augen anschwärmte, und vor allem keine Frau, die in ihrer bisher einzigen ernsthaften Beziehung jämmerlich versagt hatte.
Dieses Exemplar wollte ein Verhältnis, was etwas vollkommen anderes war als Liebe. Und falls sie ihn eroberte, falls sie das Vergnügen einer Beziehung zu ihm genießen wollte, müsste sie lernen, diese beiden Dinge streng voneinander zu trennen.
Sie würde ihr Verhältnis nicht unnötig komplizieren und es nicht allzu genau unter die Lupe nehmen. Plante nicht, das zu ruinieren, was sie haben konnte.
Als er sich erhob und zu ihr umdrehte, sah sie ihn lächelnd an. »Es ist wirklich wunderbar, wenn an einem verregneten Abend ein Feuer im Kamin prasselt. Danke.«
»Komm doch auch her!« Er hielt ihr seine Hand hin.
Sie wagte sich nicht nur in die Nähe, sondern mitten in das Feuer, dachte sie. Und es wäre ihr, verdammt noch mal, egal, falls sie darin verbrannte. Ohne den Blick von seinen Augen zu lösen, trat sie auf ihn zu, zog langsam ihre Hand hinter dem Rücken hervor und klappte die Finger auseinander. Der in ihrer Handfläche liegende Diamant funkelte prächtiger denn je.
»Gütiges Herz Jesu!« Aidan starrte blinzelnd auf den Stein. »Ist das etwa das, wofür ich es halte?«
»Er hat die Dinger vor mir ausgeschüttet, als wären es Bonbons. Steine, so leuchtend, dass sie meinen Augen wehtaten. Und vor meinen Augen haben sie sich auf dem Grab der alten Maude in Blumen verwandelt. Alle außer diesem einen Stein. Man möchte es kaum glauben«, murmelte sie und dachte dabei ebenso an ihre Gefühle für Aidan wie an das Juwel in ihrer Hand. »Aber es ist die Wirklichkeit!«
Er nahm den Diamanten und hielt ihn vor das Feuer. In seinem Inneren schien etwas zu pulsieren, und dann lag er wieder unbewegt da. »Er enthält sämtliche Farben des Regenbogens – reine Magie, Jude Frances.« Aidan hob den Kopf und sah sie an. »Was wirst du damit anstellen?«
»Ich habe keine Ahnung. Eigentlich wollte ich ihn zu einem Juwelier bringen und prüfen lassen, so wie ich mich selbst auch untersuchen lassen wollte. Aber ich habe es mir anders überlegt. Ich will nicht, dass er offiziell geschätzt wird. Es ist genug, ihn einfach zu besitzen, findest du nicht auch? Zu wissen, dass er existiert. Bisher habe ich in meinem
Leben viel zu wenig unbesehen geglaubt. Das möchte ich jetzt ändern.«
»Sehr vernünftig! Und mutig. Möglicherweise genau der Grund, warum du den Stein bekommen hast.« Er nahm ihre Hand, drehte sie mit der Handfläche nach oben, legte den Diamant vorsichtig hinein und klappte ihre Finger zu. »Er ist für dich bestimmt, mitsamt seiner Magie. Danke, dass du ihn mir gezeigt hast!«
»Ich musste ihn mit einem Menschen teilen.« Sie hielt den Stein fest, und obgleich sie wusste, wie lächerlich es war, meinte sie, er verliehe ihr Mut. »Du warst mir gegenüber sehr verständnisvoll und geduldig. Wie soll ich je mein empörendes Benehmen und die Art, in der ich all meine Neurosen bei dir abgeladen habe, wieder gutmachen?«
»Über derartige Ereignisse führe ich nicht Buch.«
»Ich weiß. So etwas würdest du nicht tun. Du bist der freundlichste Mann, dem ich jemals begegnet bin.«
Beinahe wäre er bei diesen Worten zusammengezuckt. »Freundlich, ja?«
»Ja, sehr.«
»Und verständnisvoll und geduldig.«
Sie sah ihn lächelnd an. »Ja.«
»Vielleicht wie ein Bruder?«
Beinahe hätte sich ihr Lächeln gelegt. »Tja, ich … hmmm.«
»Und, hast du vielleicht die Angewohnheit, dich Männern in die Arme zu werfen, die deine Brüder sein könnten?«
»Dafür muss ich mich entschuldigen. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
»Habe ich nicht schon einmal gesagt, dass du dich zu oft entschuldigst? Beantworte mir stattdessen lieber meine Frage.«
»Hm, nun … ehrlich gesagt warst du der allererste Mann, dem ich mich in die Arme geworfen habe.«
»Ist das wirklich wahr? Tja, sehr schmeichelhaft für mich,
auch wenn du in dem Augenblick in einer gewissen Notsituation warst.«
»Ja, ja, das stimmt.«
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